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Rainer Erdel
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Frage von Roland F. •

Frage an Rainer Erdel von Roland F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Erdel,

1. Sehen Sie eine Verschärfung des Waffenrechts als mögliche Maßnahme zur Verhinderung von Amokläufen an Schulen, obgleich in Staaten wie der Schweiz, Österreich und Tschechien ein liberaleres Waffenrecht herrscht und es hier noch zu keinen Amokläufen in Schulen gekommen ist? Welche Maßnahmen schlagen Sie zur Verhinderung entsprechender Vorkommnisse konkret vor?

2. Befürworten Sie ein Verbot von großkalibrigen Waffen oder entsprechender Disziplinen mit großkalibrigen Waffen (sowohl bei Jägern als auch bei Sportschützen)?

3. Befürworten Sie ein Verbot von Waffen in privaten Haushalten oder eine Mengenbegrenzung der Waffen (sowohl bei Jägern als auch bei Sportschützen)?

4. Befürworten Sie ein Verbot von dynamischen Schießdisziplinen wie IPSC-Schießen, Biathlon, Olympisches Schnellfeuer, Laufender Keiler, Jagdliches Kurzwaffenschießen usw.?

5. Jegliche Einschränkung von Grundrechten ist für jeden Bürger sehr einschneidend und muss unter Berücksichtigung der Geschichte Deutschlands vermieden werden. Wie ist unter diesem Aspekt Ihre Position zur Einschränkung des Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung durch die Möglichkeit der Aufbewahrungskontrollen durch die Waffenbehörden?

Mit freundlichen Grüßen

Portrait von Rainer Erdel
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Frühwirt,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne der Reihe nach beantworten möchte:

1. Das deutsche Waffenrecht wurde, wie bekannt ist, bereits nach dem Amoklauf in Erfurt zwei Mal verschärft und es ist bereits jetzt eines der strengsten der Welt. Leider hat auch ein solch strenges Waffenrecht den Amoklauf von Winnenden oder auch den Vierfachmord von Eislingen nicht verhindert. Die Verschärfungen durch die rot-grüne Regierung und durch die große Koalition haben also insoweit keinen Sicherheitsgewinn gebracht. Kein Gesetz kann schützen, wenn es nicht beachtet wird. Vor Amokläufen gibt es leider keinen absoluten Schutz. Wenn ein Mensch zu solch grausamen Taten entschlossen ist, dann hält kein Gesetz ihn auf. Die Politik kann nur versuchen, solche schrecklichen Vorfälle unwahrscheinlicher zu machen. Das Waffenrecht kann dabei aber nur ein Teil des Gesamtkonzepts sein. Einen Generalverdacht und eine Vorverurteilung aller legalen Waffenbesitzer lehnt die FDP entschieden ab. Die Änderungen des Waffenrechts haben auch vom eigentlichen gesellschaftspolitischen Handlungsbedarf abgelenkt. Das eigentliche Problem des Umgangs mit Gewalt einerseits und Abschottungstendenzen andererseits wird leider an den Rand gedrängt. In erster Linie benötigen wir deshalb eine Kultur des stärkeren Hinsehens. Gewalt- und Kriminalprävention brauchen einen höheren Stellenwert auch bei staatlichem Tun. Es muss besser wahrgenommen werden, wenn Kinder, Schüler oder Freunde sich absondern oder Probleme mit sich tragen. Das Entgegenwirken von Vereinzelungs- und Isolationstendenzen bei Personen ist eine bedeutende gesellschaftliche Aufgabe, auch und gerade vor Ort. Im Übrigen haben Union und FDP in ihrem Koalitionsvertrag für diese Wahlperiode vereinbart, keine weitere Verschärfung des Waffenrechts anzugehen.

2. In einem generellen Verbot von Großkaliberschusswaffen sehe ich keinen entscheidenden Sicherheitsgewinn. Auch Waffen kleineren Kalibers können tödliche Waffen sein. Dies wurde beim Vierfachmord von Eislingen tragisch unter Beweis gestellt. Für die Frage der Gefährlichkeit einer Waffe ist nicht dessen Kaliber entscheidend, sondern in erster Linie die Zuverlässigkeit und Gesetzestreue des Waffenbesitzers. Das eigentliche Problem bilden ohnehin die illegalen Waffen. Nach Auskunft der Bundesregierung stammen lediglich 2 bis 3 Prozent aller bei Delikten mit Schusswaffen eingesetzten Waffen aus legalem Besitz. Deshalb fordert die FDP, den illegalen Waffenbesitz einzudämmen.

3. Bereits seit geraumer Zeit fordern einige Stimmen, die Schusswaffenverwahrung in Privathaushalten zu unterbinden. Meiner Auffassung nach bietet eine zentrale Verwahrung keinen Sicherheitsgewinn, denn selbst mit besserer Sicherheitstechnik wären solche zentralen Waffendepots ein verlockendes Ziel für Kriminelle. Das zeigt gerade die Tat von Eislingen, vor der ins dortige Schützenheim eingebrochen wurde.

4. Ein Verbot des dynamischen Schießens lehnt die FDP ab. Wer der Auffassung ist, dass dynamisches Schießen ursächlich für Gewalttätigkeit und Aggressivität ist, der müsste in der Konsequenz auch für ein Verbot olympischer Sportarten wie Fechten und Boxen, aber auch Völkerball eintreten. Stattdessen muss Gewalt- und Kriminalprävention einen höheren Stellenwert bekommen.

5. Der entscheidende waffenrechtliche Ansatz zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit ist die Beseitigung der Vollzugsdefizite. Bisher wird der Antrag auf Waffenbesitzkarte überwiegend anhand schriftlicher Dokumente geprüft. Wir fordern die Überprüfung der ordnungsgemäßen Lagerung von Waffen vor Ort - unter strikter Wahrung von Artikel 13 GG (Unverletzlichkeit der Wohnung). Das bedarf einer personell und ggf. materiell besseren Ausstattung der Behörden.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Erdel