Frage an Rainer Erdel von Stefan S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Erdel,
wie stehen Sie eigentlich zu den Aussagen Ihres Parteichefs Guido Westerwelle (anstregungsloser Wohlstand als Hartz IV Empfänger, Einladung zu spätrömischer Dekadenz usw.)? Finden Sie es richtig, Menschen mit geringen Einkommen gegen Menschen mit gar keinem Einkommen (Hartz IV Empfänger) populistisch gegeneinander auszuspielen und einen geringen Prozentsatz nicht arbeitswillger Hartz IV Empfänger als gesellschaftsschädigend zu bezeichnen? Gesellschaftsschädigend sind meiner Meinung nach die Personen, welche Millionen bzw. Milliarden mit kriminellen Machenschaften an den Fiskus vorbei ins Ausland (Schweiz, Liechtenstein) transferieren und den Staat um dringend benötigte Steuergelder betrügen.
Für eine ehrliche Antwort wäre ich Ihnen sehr dankbar.
Stefan Still
Sehr geehrter Herr Still,
vielen Dank für Ihr Schreiben, das ich hiermit gerne beantworte.
Ich bin mit Ihnen ganz einer Meinung, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt ist. Um dieser vorzubeugen wurde beispielsweise jüngst ein Revisionsprotokoll zwischen Deutschland und der Schweiz abgeschlossen, um Kooperation und gegenseitigen Austausch der Finanzbehörden zu sichern. Ähnlich verhält es sich auch beim Thema Sozialmissbrauch, gegen den ohne Frage etwas getan werden muss. Damit sind aber nicht nur -um es mit Ihren Worten zu sagen- „nicht arbeitswillige Hartz-IV-Empfänger“ gemeint, sondern auch Unternehmen, die sich davor drücken, Mitarbeitern ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis anzubieten. Mit Populismus und gegeneinander Ausspielen hat ein entsprechendes Vorgehen wenig zu tun, dieses wäre, nebenbei gesagt, auch wenig gewinnbringend. Trotzdem glaube ich, dass es für unsere Gesellschaft wichtig ist, Probleme beim Namen zu nennen, sie zu lösen und dabei die bestmögliche Balance zwischen einer Absicherung in Notsituationen und einer Integration in Arbeit zu finden.
Aus meiner Sicht ist es selbstverständlich, dass es eine staatliche Absicherung des Existenzminimums geben muss. Sie ist für die soziale Gerechtigkeit, für den Zusammenhalt einer Gesellschaft und insbesondere für die Freiheit des Einzelnen unverzichtbar. Denn jeder kann unverschuldet in eine Situation geraten, in der er ohne Unterstützung nicht mehr weiter kommt. Hier ist Hilfe notwendig, in Form von finanzieller Unterstützung und Beratung. Ziel muss es aber immer sein, allen Bürgern ein selbstbestimmtes Leben und eigenverantwortliches Handeln zu ermöglichen, damit sie wieder auf eigenen Beinen stehen und an der Gesellschaft teilhaben können.
Abschließend möchte ich betonen, dass es unser erklärtes Ziel ist, arbeitslose Menschen wieder in Beschäftigung zu bringen. Und diese Aufgabe nehmen wir sehr ernst.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Rainer Erdel