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Frage von Ralf O. •

Frage an Rainer Arnold von Ralf O. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Arnold,

1) eine neue NATO-Strategie soll bis 2010 vorliegen.Dazu gab es das Strategiepapier "Towards an uncertain world--renewing the transatlantic partnership" von 5 Ex-NATO-generälen,incl. Naumann.Das Papier sieht die Forderung nach einem gemeinsamen Direktorium aus USA, NATO und EU vor, eine gemeinsame EU/USA-Geheimdienstzentrale, die Übertragung von Bushs Präventivstratgie auf die NATO, die Erweiterung des Kriegsbegriffes um nichtmilitärische Dimensionen (Energie, Finanzströme, Umwelt, Cyberwar), sowie eine Nutzung der nichtmilitärtischen Kapazitäten der EU für die NATO vor. ( http://csis.org/files/media/csis/events/080110_grand_strategy.pdf )

Wie sehen sie die Chancen, dass diese Forderungen erfüllt werden?NATO-Generalsekretär Rasumussen hat jetzt ein 12-köpfiges Team beauftragt die neue NATOstratgie auszuarbeiten--Leiterin ist Madeleine Albrigt und Vize ein CEO von Royal Shell Dutch. ( http://www.nato.int/strategic-concept/experts-strategic-concept.html )

Madeleine Albright Consulting, bei der auch Deutschlands Ex-Aussenminister Fischer im Dienste steht (der zudem führend im European Council for Foreign Realtions mitarbeitet)und nun auch den Nabucovorsitz übernimmt, hat zeitgerecht mit einer anderen Consulting Firma fusioniert. ( Süddeutsche Zeitung / http://www.thealbrightgroupllc.com/ )

Welche Reformvorschläge zur NATO-Strategie hat die SPD?

2) Hypothetisch:Der Ex-US-Botschafter Neumann meinte ( http://www.spiegel.de/international/spiegel/0,1518,439270-2,00.html ), das Schicksal der NATO entscheide sich in Afghanistan. Wird die NATO eine Niederlage politisch überleben? Würde sie im Verlustfall aufgelöst und durch ein bilaterales Sicherheitssystem ersetzt?Das US-Interesse die NATO als Kontrollinstrument und Kräftegleichgewicht in Europa zu haben, dürfte doch ebenso wichtig sein. Was halten sie von Medewjews Vorschlag einer neuen europäischen Sicherheitsarchtitektur?

Mit freundlichen Grüssen

Ralf Ostner

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Ostner,

vielen Dank für ihre Anfrage bei abgeordnetenwatch und ihre Bitte um meine Expertise. Ich hoffe, dass ich ihre Erwartungen nicht enttäusche, denn an hochspekulativen Gedankenspielen beteilige ich mich grundsätzlich nicht.

Ihre Fragen jenseits von Spekulation und Mutmaßung beantworte ich natürlich gerne.

_zu 1._

Nach meiner Auffassung ist das Strategiepapier der 5 Ex-NATO-Generäle ein rückwärtsgewandtes Papier, das sich auf Doktrinen des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush stützt und nicht mehr der neuen US-Strategie unter Präsident Obama entspricht. Ich sehe hier keinerlei Chancen, dass die wesentlichen Kernaussagen dieses Papiers in eine neue NATO-Strategie einfließen.

Die Einrichtung des 12-köpfigen Expertenteams ist im Wesentlichen auf die Initiative unseres Außenministers Frank-Walter Steinmeier geschehen. Nach unserer Auffassung ist es wichtig, dass diese Expertengruppe unabhängig arbeiten kann und ihr Vorgehen transparent aufzeigt.

Meiner Meinung nach, sollte der erste Fortschrittsbericht dieses Expertenteams abgewartet werden. Dieser Bericht wird den Außenministern Ende des Jahres vorgelegt. Erst dann kann über das Einbringen von nationalen Standpunkten geredet werden.

Der SPD ist es dabei wichtig, dass ein Konsens über die Kernfunktionen der NATO in einem veränderten Sicherheitsumfeld gefunden wird und dass das strategische Konzept eine Richtschnur für die Anpassung der militärischen und zivilen Struktur des Bündnisses aufzeigt.

Und selbstverständlich ist es der SPD auch ein Anliegen, die außen- und sicherheitspolitischen Kernaussagen unseres Hamburger Programms in eine NATO-Strategie einfließen zu lassen.

_zu 2._

Ich glaube auch, dass Afghanistan für die Zukunft der NATO von großer Bedeutung ist. Die NATO unternimmt den Einsatz in Afghanistan aber nicht aus strategischen Gründen, sondern um diesem Land beim Wiederaufbau, der Schaffung staatlicher Strukturen und der Bekämpfung von Unterdrückung und Terror durch die Taliban zu helfen.

Ich bin zuversichtlich, dass dies gelingt. Auch wenn es immer wieder Rückschläge gegeben hat und die Strategie von ISAF sich mehrmals geändert hat.

Selbstverständlich kann die NATO nicht ewig in Afghanistan bleiben. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat hier zuletzt deutlich gemacht, dass der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan keine Daueraufgabe ist. Es geht jetzt darum, mit dem neu gewählten afghanischen Präsidenten einen konkreten Fahrplan für Dauer und Ende des Einsatzes verbindlich zu vereinbaren.

Wie eingangs schon erwähnt, werde ich mich nicht an der Diskussion um die hypothetische Frage, was mit der NATO passiert, wenn diese in Afghanistan scheitert, nicht beteiligen.

Medewjews Vorschlag einer neuen europäischen Sicherheitsarchitektur nehme ich ernst. Nun muss der russische Präsident aber auch endlich konkrete Vorschläge vorlegen, was er damit genau meint. Erst dann kann seine Initiative analysiert und bewertet werden.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Ausführungen Ihre Fragen beantworten und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Rainer Arnold