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Nima Pirooznia
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Frage von Nadine G. •

Frage an Nima Pirooznia von Nadine G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Pirooznia,

ihrem Profil ist zu entnehmen, dass sie als Bremer Bürger, mit Migrationshintergrund, der hier Volkswirtschaft studiet hat, als gutes Gegenargument für die Thesen von Thilo Sarrazin herangezogen werden können.

Deshalb wollte ich sie gerne fragen was sie dazu motiviert hat sich so gut in unsere Gesellschaft zu integrieren und wo man ihrer Meinung nach in der Integrationspolitik derzeit noch Handlungsbedarf besteht um allen Menschen eine solche Integration zu ermöglichen?

Vielen Dank für ihre Antwort.

Nadine Goldenstein

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Goldenstein,

vielen Dank für Ihre Email!

Ja, es stimmt: ich bin studierter Volkswirt, leite die Unternehmensentwicklung einer Bremer Firma, bin Dozent an der Hochschule Bremen im Fachbereich Wirtschaftswissenschaften und verfüge über Migrationshintergrund.

Ich bin Deutscher und als Deutscher hat sich mir nie die Frage gestellt, ob ich mich in die Gesellschaft integrieren sollte oder auch nicht. Ich fühlte mich immer schon als Teil unserer deutschen Gesellschaft.

Meinen Eltern war es von Beginn an wichtig, dass meine Schwester und ich die deutsche Sprache erlernen und eine gute Schulausbildung erhalten. Dies mag daran liegen, dass sowohl meine Mutter als auch mein Vater studiert haben und viel Wert auf die Ausbildung von uns Kindern gelegt haben.

Daher vertrete ich die Ansicht, dass eine erfolgreiche gesellschaftliche Integration nichts mit der ethnischen Herkunft eines Menschen zu tun hat. Vielmehr ist diese Thematik als ein sozialpolitisches Problem zu verstehen.
Wenn wir uns die sozialen Brennpunkte in Bremen näher betrachten, werden wir sowohl Menschen mit als auch Menschen ohne Migrationshintergrund treffen, die nicht in unsere Gesellschaft integriert sind. Die Ursachen hierfür sind mannigfaltig: fehlenden gesellschaftliche Teilhabemöglichkeiten, ein zu geringes Einkommen, Erkrankungen oder die Bildungsferne mancher Haushalte.

Genau an diesen stellen, müssen wir ansetzen, um die gesellschaftliche Spaltung nicht weiter fortschreiten zu lassen. Es ist daher wichtig, dass eine gesellschaftliche Teilhabe für alle Mitglieder unserer Gesellschaft sichergestellt wird.

Daher haben wir Grüne in der letzten Legislaturperiode, trotz der angespannten Haushaltslage, beispielsweise das Kulturticket für sozial Benachteiligte eingeführt! Dies ermöglicht Kulturinteressierten den Erwerb von Restkarten an der Abendkasse zu einem besonders günstigen Preis.

Weiter haben wir mit der BSAG und dem VBN ein Jugendfreizeitticket eingeführt, welches den Kindern und Jugendlichen zu günstigen Konditionen erlaubt sich frei in unserer Region zu bewegen. Denn Armut schränkt auch die Mobilität ein und diesem Missstand wird mit diesem Instrument entgegengewirkt

Aber Sie haben durchaus Recht. Es besteht dringender Handlungsbedarf, um die Integrationspolitik zu verbessern und damit ein besseres gesellschaftliches Miteinander zu ermöglichen.

Ich bin für die Anerkennung von ausländischen Bildungsabschlüssen, denn die Wirtschaft ist ein wichtiges Integrationsinstrument. Es kann doch nicht sein, dass OPs nicht durchgeführt werden können, aufgrund von nicht zu besetzenden Ärztestellen, und zeitgleich eine Vielzahl von studierten ausländischen Medizinern in unserem Land nicht ihrem Beruf nachgehen können, sondern im besten Fall als Pflegekraft arbeiten müssen? Dies ist eine große Ressourcenverschwendung.

Daher ist es von großer Bedeutung vorhandene Missstände für Menschen mit Migrationshintergrund zu beseitigen, damit eine aktive und selbstbestimmte gesellschaftliche Teilhabe möglich wird:

• Abschaffung der Optionspflicht junger MigrantInnen,
• Förderung des deutschen Spracherwerbs,
• Anerkennung und Förderung der Mehrsprachigkeit,
• Chancengleichheit in der Bildung für junge Menschen mit Migrationsbiografie,
• Wahlrecht für Nicht-EU-BürgerInnen,
• Erleichterung der Einbürgerung sowie die
• Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit.

Zum Abschluss möchte ich aber auch meinen Unmut über die hetzerischen Thesen eines SPD-Mitglieds äußern. Es kann nicht sein, dass ein sogenannter Sozialdemokrat die integrationspolitischen Bemühungen der letzten Jahre zunichte macht. Oder würden Sie, Frau G., als Fachkraft oder studierte Person in ein Land gehen, welches Migration nicht als Bereicherung, sondern als Problem versteht? Ich glaube nicht!

Sie sehen es gibt noch eine Menge zu tun aber ich kann ihnen versichern, dass wir Grüne auch weiterhin an diesen Themen dran bleiben!

Ich hoffe ich konnte ihre Frage beantworten. Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Nima Pirooznia