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Frage von Leonard G. •

Frage an Monika Griefahn von Leonard G. bezüglich Jugend

Ich habe im Song "Folsom Prison Blues" von Jonny Cash aus den späten fünfziger Jahren gewaltverherrlichende Texte gefunden. Darin wird vom Interpreten beschrieben einen Mann erschossen zu haben nur um ihn sterben zu sehen. Sollten wir aufgrund der größeren Verbreitung von Jonny Cash Songs, im Vergleich zu dt. Rap, nicht lieber bei solchen Songs anfangen sie zu indizieren?

danke
Leo

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Goldmann,

vielen Dank für Ihre Frage. Hinter Ihrer konkreten Frage steckt eine etwas längere Diskussion, zu der ich gern etwas sagen möchte. Zunächst: ich würde Johnny Cash und deutschen Rap nicht in einen Topf werfen. Schon allein deshalb nicht, weil es einen homogenen "deutschen Rap" nicht gibt. Stattdessen gibt es eine große Vielfalt, die von Bands wie den Fantastischen Vier, Fettes Brot oder Absolute Beginner bis hin zu Sido, Bushido oder Frauenarzt reichen.

Generell finde ich die bunte HipHop-Szene in Deutschland eine tolle Sache. Meine Kritik richtet sich aber gegen Titel mit pornografischen, gewalthaltigen, frauenfeindlichen und rassistischen Inhalten. Dabei geht es mir nicht um ein Verbot der betreffenden Titel geschweige denn der deutschen Rap- oder HipHop-Musik insgesamt. Ich halte auch nichts von voreiligen Einschränkungen in verwandten Bereichen. Deshalb ist auch Ihre Frage, ob man bestimmte Titel von Johnny Cash nicht indizieren muss, bei mir falsch gestellt. Das müssen Sie die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien fragen, denn dieses unabhängige Gremium entscheidet über Indizierungen.

Mir geht es stattdessen zentral um drei Dinge.

Erstens geht es mir darum, dass man offen über problematische Texte spricht. Gerade die Fans selbst aber auch Eltern und Lehrer sollten sich mit problematischen Inhalten auseinandersetzen. Viele Rapper wie Sido sagen selbst, dass sie ihren Kindern solche Songs verbieten würden und streiten gleichzeitig die Verantwortung für andere Kinder und Jugendliche ab, deren Eltern die Verantwortung nicht wahrnehmen. Aus diesem Grund fordere ich diese Auseinandersetzung ein.

Zweitens geht es mir darum, dass hier gerade Mädchen und Frauen in eine bessere Situation kommen. Mir haben beispielsweise Mädchen erzählt, dass sie in der Schule mit Begriffen aus HipHop-Texten wie "Hure", "Schlampen", "Nutten" usw. angesprochen werden und nicht wissen was sie dagegen tun sollen, wenn es im HipHop doch als "cool" gilt. Mit meiner Kritik will ich erreichen, dass Mädchen und Frauen sich mehr trauen können, frauenfeindlichen HipHop zu kritisieren.

Drittens geht es mir darum, dass die Rundfunksender solche Titel erst um eine Uhrzeit ausstrahlen, wenn sie Kinder und Jugendliche, deren Eltern ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, nicht mehr gefährden können. Da hat sich, seit ich 2005 die Diskussion angestoßen habe, bereits viel getan.

Sie haben das konkrete Beispiel Johnny Cash angesprochen. Ich gebe Ihnen Recht, wenn man nur die Liedzeile "I shot a man in Reno, Just to watch him die." betrachtete, erschiene die Botschaft tatsächlich sehr fragwürdig. Allerdings wäre es nicht Johnny Cash, wenn es bei dieser einen Zeile bliebe. Stattdessen stammt der Satz von einem Gefängnisinsassen über den Cash singt und der während er in seiner Zelle sitzt, seine Tat reflektiert. Damit steht der von Ihnen angesprochene Satz in einem völlig anderen, positiven Zusammenhang.

Bei Titeln wie dem "Arschficksong" von Sido, fällt es mir sehr schwer, solche Reflexionen, Hintergründigkeit oder auch nur Sinnhaftigkeit zu entdecken. Stattdessen werden bei diesem und anderen Songs pornografische, gewalthaltige, frauenfeindliche und rassistische Inhalte vermittelt, ohne sich der Verantwortung für diejenigen zu stellen, die davon beeinträchtigt werden könnten. Im Magazin Polylux ist ein Beitrag erschienen, der vieles davon erschreckend deutlich macht.

http://www.polylog.tv/videothek/videocast/6480

Ich freue mich, dass Sie mit Ihrer Mail den Weg der Diskussion gesucht
haben.

Mit freundlichen Grüßen
Monika Griefahn