Portrait von Miriam Gruß
Miriam Gruß
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Miriam Gruß zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Thomas M. •

Frage an Miriam Gruß von Thomas M. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Krebs,

wenn in der Öffentlichkeit über die Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts die Rede ist, ist damit in der Regel die Diskriminierung von Frauen gemeint. Bislang wenig ins öffentliche Bewusstsein getreten ist dagegen die Tatsache, dass es sehr viele Bereiche gibt, in denen Männer gegenüber Frauen benachteiligt werden. In der nachstehenden Auflistung sind - ohne Anspruch auf Vollständigkeit - die schwerwiegendsten Diskriminierungen von Männern aufgeführt.

Die relative und die absolute Arbeitslosigkeit liegt bei Männern über derjenigen der Frauen. Im Jahr 2003 lag die Arbeitslosenquote bei den Männern etwa 20% höher als bei den Frauen. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland hat sich von 1991 bis 2002 bei Männern um 76,5 Prozent, bei Frauen um 21,2 Prozent erhöht. In der Altersgruppe bis 25 Jahre sank die Arbeitslosenzahl unterdessen bei Frauen um 4,2 Prozent, bei Männern stieg sie um 54,4 Prozent. Die Arbeitslosenquote der männlichen Jugendlichen lag im April 2003 um etwa 43% höher als die der weiblichen. Trotzdem wird weiblichen Arbeitslosen eine stärkere aktive Arbeitslosenförderung zuteil als männlichen.

Die Gleichberechtigung der Frauen im Berufsleben wird immer nur für Berufe mit hohem Sozialprestige (Top-Manager, Ingenieure, Programmierer etc.) eingefordert. So gut wie alle Berufe mit hohem Verletzungs-, Erkrankungs- und Todesfallrisiko sind dagegen nach wie vor fest in Männerhand: 24 der 25 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) so bezeichneten „Todesberufe" werden fast ausschließlich von Männern ausgeübt.
Weltweit sterben der International Labor Organization (ILO) zufolge mehr Männer allein durch Industrieunfälle als durch Verkehrsunfälle, Krieg, Gewalt und AIDS zusammen. Für jeden tödlichen Berufsunfall, der einer Frau zustößt, stehen zwölf Männer, die auf diese Weise ums Leben kommen.
Denn erstens werden Männer grundsätzlich dort eingesetzt, wo die Gefahren am größten sind, und zweitens werden Frauen im Gegensatz zu Männern zusätzlich durch rechtliche Verordnungen vor stärkeren Belastungen geschützt.

In Gleichberechtigungs- und Gleichstellungsgesetzen wird einseitig nur die Unterbesetzung mit Frauen in Behörden als Diskriminierung definiert. Durch Verpflichtung zur begrenzten Bevorzugung bei Einstellung und Beförderung wird der Frauenanteil in den Bereichen erhöht, in denen sie unterrepräsentiert sind. Für Männer gilt ein gleiches Recht in behördlichen Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind (z.B. unter 40% Männeranteil in Kommunen; 35% Männeranteil in allgemeinbildenden Schulen; 4,6% Männeranteil in Kindergärten), nicht. Im Gegenteil, hier wird durch Frauenförderpläne und Frauenvertretungen die Integration von Männern behindert.

Einmal im Jahr haben Mädchen bundesweit am „Girl´s Day" Gelegenheit, in Männerberufe hineinzuschnuppern. Eine ähnliche Möglichkeit für Jungens, klassische Frauenberufe, wie z.B. im Sozialbereich, kennen zu lernen, gibt es nur vereinzelt auf lokaler Ebene. Ansonsten gilt: wenn die Mädchen „Girl´s Day" haben, müssen die Jungen die Schulbank drücken.
Diese Politik setzt sich bei den Erwachsenen fort: Jährlich werden etwa 300 Millionen Euro für die Förderung der Integration von Frauen in männerdominierte Berufe ausgegeben. Im Gegensatz zu den Integrationshilfen für Frauen ist die Politik bei der Integration von Männern in den Erziehungsbereich nicht über das Stadium der bloßen Versprechungen hinaus gekommen.

Jungen weisen schlechtere Schulleistungen als Mädchen auf und stellen mittlerweile auf Haupt- und Sonderschulen die Mehrheit, auf Gymnasien die Minderheit. Pädagogen und Sozialwissenschaftler fordern seit langem mehr männliche Bezugspersonen im Schulsystem und eine stärkere Berücksichtigung der Eigenheiten von Jungen in Unterricht und Erziehung. Laut PISA-Studie weisen die Jungen vor allem eklatante Defizite in der Lesekompetenz auf; weit höher als die Defizite der Mädchen in Mathematik/Naturwissenschaften. Trotzdem werden fast nur Initiativen in Richtung mädchenorientiertes Lernen für Mathematik/Naturwissenschaften unternommen.

Obwohl Männer im Durchschnitt sieben Jahre früher sterben als Frauen, werden sie im Gesundheitswesen benachteiligt: es mangelt an flächendeckender Gesundheitsaufklärung speziell für Männer, es gibt weder Männergesundheitsberichte noch ein ausgedehntes Netz von Männerärzten oder Männergesundheitszentren, im Gegensatz zu analogen Einrichtungen für Frauen. Die gesetzliche Hautkrebs-Früherkennung beginnt bei Frauen mit dem 30., bei Männern aber erst mit dem 45. Lebensjahr. Die Bekämpfung des Prostatakrebs ist im Gegensatz zur Bekämpfung des Brustkrebs nicht als Gesundheitsziel des Bundesgesundheitsministeriums formuliert.
Beim Bundesgesundheitsministerium gibt es den Themenbereich „Frauen und Sucht"; es wird ein Frauensuchtbericht veröffentlicht. Für Männer gibt es das nicht, obwohl Männer stärker suchtgefährdet und -betroffen sind als Frauen.

Die Suizidrate der Männer ist etwa 2- 3 mal höher als die der Frauen, sie stellen außerdem über 80 Prozent der Obdachlosen (ursächlich für die Obdachlosigkeit von Männern sind in etwa der Hälfte der Fälle Scheidungs- und Unterhaltsverfahren). Die Gründe, warum Männer in unserer Gesellschaft so oft scheitern, werden in der Öffentlichkeit jedoch kaum angesprochen.

Nach wie vor tragen Männer im Falle einer Scheidung ein hohes Risiko zu verarmen, vor allem, wenn sie Väter sind und Unterhalt für ihre Kinder zahlen müssen. Auch der Umgang mit den Kindern darf diesen Vätern von ihren Ex-Frauen verwehrt werden. In vielen Scheidungsverfahren erheben die Mütter gegen Väter zu diesem Zweck sogar den Vorwurf des sexuellen Missbrauchs an ihren Kindern. In den weitaus meisten Fällen stellen sich diese Anschuldigungen als haltlos heraus.
Und nach wie vor hängt das Sorge- und Umgangsrecht eines Vaters eines nicht ehelichen Kindes vom Willen der Mutter ab. Zahlreiche Verurteilungen und Rügen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen des Erschwerens des Umgangs für Väter nicht ehelicher Kinder änderten bislang nichts daran.

Vor Gericht werden Männer für die gleichen Delikte häufiger angeklagt und verurteilt als Frauen. Dabei fällt das Strafmaß im Schnitt wesentlich höher aus als bei Frauen, die wegen des gleichen Deliktes verurteilt werden. Frauen kommen außerdem häufiger als Männer in den Genuss von Hafterleichterungen.

Männer sind häufiger straffällig als Frauen, werden aber auch häufiger Opfer von Gewalttaten als Frauen. Im Jahr 2002 wurden in den Deliktbereichen, über die das Bundeskriminalamt eine Opferstatistik führt, Männer zu 62,2 Prozent Opfer von Straftaten. Bei Mord und Totschlag - vollendet und versucht - waren sogar 64,1 Prozent der Opfer männlich. In der Öffentlichkeit wird jedoch i.d.R. nur Gewalt gegen Frauen thematisiert. So wird z.B. auch bei Armeeangriffen, Anschlägen usw., die eine hohe Anzahl ziviler Opfer fordern, gerne gesondert hervorgehoben, dass „auch Frauen und Kinder unter den Opfern" seien.

Zum Schutz gegen häusliche Gewalt verabschiedete die Bundesregierung vor geraumer Zeit das sog. Gewaltschutzgesetz, das die Möglichkeit bietet, gewalttätigen Ehemännern oder -frauen für einige Tage Hausverbot zu erteilen. Doch obwohl häusliche Gewalt von Frauen praktisch genauso häufig verübt wird wie von Männern, werden bisher nahezu ausschließlich Männer aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen. Die Gründe dafür sind vielfältig: Politik und Medien haben über Jahre hinweg ein einseitiges männliches Täterbild gezeichnet. Männliche Opfer werden i.d.R. nicht ernst genommen, oft gar als Witzfigur verspottet, und haben deswegen oft Hemmungen, bei der Polizei Anzeige zu erstatten.
Von Beginn an wurde das Gewaltschutzgesetz einseitig zum Schutz der weiblichen Opfer gegen männliche Täter geplant, obwohl eine Vielzahl von Studien eine Ausgewogenheit der Täterschaft von Frauen und Männern im häuslichen Bereich belegen. Eine vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen im Auftrag der Bundesregierung erhobene Untersuchung etwa spricht von 1,7 Millionen geprügelten Frauen und 1,6 Millionen geprügelten Männern. Und schon 1992 lag dem Bundesfrauenministerium eine Studie aus einer Opferbefragung vor, aus der eindeutig hervorgeht, dass die Gewalt der Frauen der Männergewalt in den Familien um nichts nachstand. Beide Studien wurden vom Ministerium indes für eine öffentliche Diskussion nicht zugänglich gemacht.

Während „Frauenpolitik" in so gut wie allen Bundes- und Landesregierungen als Politikschwerpunkt definiert wird, bleibt Männerpolitik überall außen vor. Es gibt in der Bundesrepublik ein Bundesministerium und neun Länderministerien, die sich namentlich den Belangen der „Frauen" widmen, aber kein einziges Ministerium, das in seinem Namen das Wort „Männer" aufführt.

Nach wie vor müssen nur junge Männer einen Zwangsdienst (Wehr- oder ersatzweise Zivildienst) ableisten, dessen Verweigerung mit Gefängnisstrafe verfolgt wird. Der Großteil der anderen EU-Staaten hat schon die Wehrpflicht abgeschafft. Deutschland sieht sich dazu nicht in der Lage.

Im Medien- und Kulturbetrieb wird vorwiegend ein einseitig negatives Männerbild gezeichnet. Gewalt gegen Männer wird verharmlost, oft als Modeerscheinung akzeptiert, zuweilen sogar verherrlicht. Bücher mit Titeln wie „Nur ein toter Mann ist ein guter Mann" oder „Ein bisschen Männerhass steht jeder Frau" finden sich in den Bestsellerlisten wieder. Oft werden in der Werbung Szenen mit massiver körperlicher Gewalt von Frauen gegen männliche Personen dargestellt. Was im umgekehrten Falle zu Recht Protestkampagnen und Klagen vor Gericht zur Folge hätte, findet kaum Beachtung, wenn es sich bei den Opfern um Männer handelt.

Das sogenannte „Gender Mainstreaming" als neuer Ansatz in der Geschlechterpolitik setzt sich zum Ziel, bei beiden Geschlechtern Benachteiligungen abzubauen, um so die Gleichstellung von Frauen und Männern zu erreichen. In der Praxis ist „Gender Mainstreaming" bislang aber nichts anderes als eine Fortführung der einseitigen Frauenförderung. Die Bereitschaft der Politik, gegen Benachteiligungen von Männern aktiv zu werden, ist bis dato völlig unterentwickelt. Im Gegenteil, die Zahl der Gesetze, mit denen Männer diskriminiert werden, nimmt unaufhaltsam zu.

Es kann nicht im Sinne eines gedeihlichen, partnerschaftlichen Verhältnisses von Männern und Frauen sein, dass Jungen, Väter und Männer hierzulande derart massiv benachteiligt, ausgegrenzt und herabgewürdigt werden.

Werden Sie bzw. die FDP dafür eintreten, dass die oben genannten Benachteiligungen von Männern/Vätern in Deutschland beseitigt werden?

Grüße aus Augsburg
Thomas Meierfels

Portrait von Miriam Gruß
Antwort ausstehend von Miriam Gruß
FDP