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Michael Stübgen
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Frage von Ingo W. •

Frage an Michael Stübgen von Ingo W.

Sehr geehrter Herr Stübgen,

Sie haben am 1. Juni dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90 und Folgende) zugestimmt.

siehe namentliches Abstimmungsergebnis des Bundestages:
https://www.bundestag.de/parlament/plenum/abstimmung/abstimmung?id=472

"Durch Änderung des Artikels 90 GG wird die Verwaltung der Bundesautobahnen in Bundesverwaltung überführt. Der Bund kann sich dazu einer Gesellschaft des privaten Rechts bedienen."

weiter nachzulesen unter folgendem Link:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/111/1811131.pdf

Daher habe ich als Bürgerkandidat unseres Wahlkreises folgende Fragen an Sie:

Inwiefern erhoffen Sie sich mit diesem Vorhaben das immerhin die Änderung unseres Grundgesetzes bedarf einen finanziellen Mehrwert für unser Land?

Besteht aus Ihrer Sicht nicht die Gefahr, dass am Ende private Investoren sich nur die "Rosinen herauspicken" und die Kosten für weniger lukrative, aber ebenso notwendige Strecken vom Steuerzahler zu schultern sind?

Droht nicht letztendlich wieder die Gefahr, dass der Bund den Investoren und Versicherern, wie auch bei den Offshore-Windkraftanlagen beispringt und das finanzielle Risiko unerwarteter Mehrkosten auf den Steuerzahler abwälzt?
(siehe dazu Offshore-Haftungsumlage)

mit feundlichen Grüßen

Ingo Weidelt
Bürgerkandidat im Wahlkreis Elbe-Elster - Oberspreewald-Lausitz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Weidelt,

zunächst freue ich mich, dass es in dieser Legislaturperiode gelungen ist, einige wichtige Verkehrsprojekte im Wahlkreis 65 voranzubringen. Wenn Sie von einem finanziellen Mehrwert sprechen, dann verweise ich gern darauf, dass der Erhalt des Kurstadtstatus für die Stadt Bad Liebenwerda unter anderem vom Bau der Ortsumfahrung der B 183 abhängig gemacht worden ist. Weiter verweise ich auf den Bau der innerstädtischen Ortsumfahrung der B96 in Finsterwalde und die Notwendigkeit der Schaffung einer leistungsfähigen Verkehrsanbindung in Richtung Cottbus.

Für die weitere Entwicklung unserer ländlich geprägten Region ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir über leistungsfähige Verkehrswege verfügen. Nehmen Sie nur den wirtschaftlichen Schaden, der mit einem LKW-Fahrverbot auf der B169 entstehen würde. Deshalb haben wir gerade mit Blick in die Zukunft noch erheblichen Umsetzungsbedarf. Die Voraussetzungen dafür haben wir mit dem Bundesverkehrswegeplan 2030 und den dazugehörigen Ausbaugesetzen geschaffen. Jetzt gilt es, an die Umsetzung der aufgenommenen Projekte zu gehen. Es bringt uns doch regional nichts, wenn die Projekte auf dem Papier stehen, aber tatsächlich nicht gebaut werden. Der jetzige Schwerpunkt liegt dabei auf der Planung der Projekte, wofür ausschließlich das Land Brandenburg zuständig ist, dass sich für die Planung bei der B 169 übrigens einer privatrechtlich organisierten Gesellschaft bedient, nämlich der DEGES Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH. Die Umsetzung der zu Beginn angesprochenen Projekte ist letztlich möglich geworden, weil wir mit einem historischen Investitionshochlauf für die nötigen Finanzmittel gesorgt haben, ohne dabei neue Schulden aufzunehmen und somit nicht zu Lasten künftiger Generationen zu investieren. Bis 2018 steigen die Investitionen in unsere Infrastrukturen auf rd. 14 Mrd. Euro. p.a.

Zudem haben wir, ohne das es eine große öffentliche Debatte gab, eine neue Generation ÖPP-Projekte mit einem Investitionsvolumen von 15 Mrd. Euro auf den Weg gebracht. Diese neue Generation ÖPP umfasst rund 600 Kilometer Autobahn und hat ein Investitionsvolumen für den Neubau von rund 7 Milliarden Euro. Hinzu kommen Erhaltungs- und Betriebsmaßnahmen für die Laufzeit von 30 Jahren in Höhe von weiteren rund 7 Milliarden Euro. Davon profitiert auch Brandenburg mit dem sechsstreifigen Ausbau der A 10/A24 AD Pankow bis AS Neuruppin.

Unsere wirtschaftliche Entwicklung ist abhängig von einer intakten Infrastruktur, wobei es dabei nicht nur um Verkehrswege geht. Denn parallel treiben wir die Digitalisierung voran, um die Potentiale der bestehenden Infrastruktur noch besser nutzen zu können. Wenn Sie allein den durch Verkehrsstaus entstehenden volkswirtschaftlichen Schaden heranziehen, dann überwiegt hier der mit der Verbesserung der Infrastruktur einhergehende wirtschaftliche Nutzen bei weitem etwaige Risiken, die bei jedem Projekt - und nicht nur bei ÖPP-Projekten - bestehen.

Das von Ihnen angesprochene „Rosinenpicken“ sehe ich dabei nicht, da wir uns im Ergebnis dann nicht von privaten Investoren abhängig machen, solange wir für die Infrastruktur ausreichend Mittel im Bundeshaushalt zur Verfügung stellen, was derzeit der Fall ist und auch künftig der Fall sein wird. Andererseits können wir im Ergebnis nicht gänzlich auf privates Kapital verzichten, wenn wir den bestehenden massiven Sanierungs- und Investitionsstau in der Straßeninfrastruktur auflösen wollen.

Dabei ist eine unserer vordringlichsten Aufgaben, die vorhandenen Investitionsmittel in die Erhaltung sowie den Neu- und Ausbau von Bundesautobahnen schnellstens verkehrswirksam einzusetzen. Mit der nun beschlossenen Reform werden die Bundesautobahnen in unmittelbare Bundesverwaltung übernommen. Dabei steht die Einrichtung der Infrastrukturgesellschaft im Zentrum der Modernisierung. Mit der Bündelung von Finanzierung, Planung, Bau und Betrieb des Autobahnnetzes in einer Hand beim Bund wird dafür gesorgt, dass Bundesautobahnen nach bundesweit einheitlichen Vorgaben zur Qualität und Verfügbarkeit gebaut, erhalten und betrieben werden, was derzeit gerade nicht der Fall ist. Es ist dabei sichergestellt, dass die neue Infrastrukturgesellschaft vollständig im Eigentum des Bundes verbleibt, in der Rechtsform einer GmbH. Sowohl im Grundgesetz als auch in den Begleitgesetzen ist festgehalten, dass sich Dritte an der Gesellschaft und ihren Tochtergesellschaften nicht beteiligen können, auch nicht mittelbar.

Um der Gesellschaft das erforderliche Maß an unternehmerischer Flexibilität zu ermöglichen, haben wir gesetzliche Regelungen zum flexiblen Mitteleinsatz und zur Aufnahme von zinslosen Liquiditätshilfen aus dem Bundeshaushalt aufgenommen. Öffentlich-Private Partnerschaften auf einzelnen Streckenabschnitten bleiben - wie bisher auch schon - möglich. Dieser Beschaffungsvariante wird allerdings durch den Ausschluss von sogenannten „Netz-ÖPP“ im Grundgesetz ein Rahmen gesetzt.

Gleichzeitig wurden Regelungen getroffen, um das Parlament bei der Gründung der Gesellschaft eng einzubinden und ihm weitreichende Informations- und Kontrollrechte zu gewähren. Dies geschieht u.a. durch die parlamentarische Zustimmungspflicht zum Gesellschaftsvertrag sowie zum fünfjährigen Finanz- und Realisierungsplan. Die Kontrolle der Gesellschaft wird durch Vertreter des Bundestags im Aufsichtsrat sowie einem Auskunftsrecht des für die Beteiligungsführung zuständigen Gremiums des Deutschen Bundestags sichergestellt. Der Bundesrechnungshof erhält zudem weitrechende Kontrollrechte bei der Gesellschaft und seinen Tochtergesellschaften.

Als Abgeordneter, der seit der deutschen Wiedervereinigung Mitglied des Deutschen Bundestages ist, weiß ich sehr genau, dass wir neue Wege gehen müssen, um unsere Verkehrsinfrastruktur am notwendigen Bedarf auszurichten zu können. Diesen Weg beschreiten wir mit den von Ihnen angesprochenen Grundgesetzänderungen, wobei ich nochmals ausdrücklich klarstellen möchte, dass es weder um die Privatisierung der Verkehrsinfrastruktur noch um die Forcierung von ÖPP-Projekten geht. Es geht einzig und allein darum, unseren Wirtschaftsstandort Deutschland nicht nur zu erhalten, sondern weiter zu stärken. Mein Bundestagswahlkreis, dem ich mich natürlich besonders verpflichtet fühle, ist ein Teil davon. Deshalb habe ich der Reform mit gutem Gewissen zugestimmt.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Stübgen, MdB
Landesgruppenvorsitzender