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Mechthild Rawert
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Frage von Martin H. •

Frage an Mechthild Rawert von Martin H. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Rawert,

ich bin ein wenig erstaunt über das grundsätzliche Verhalten der SPD. Auf der einen Seite forderte diese, nachdrücklich dargelegt durch Herr Grabriel, den Rücktritt des nunmehr ehemaligen Verteidigungsminister zu Guttenberg. Auf der anderen Seite hält ihre Partei, an einem Justizminister fest, dem, per Gerichtsbeschluß, ein Verfassungsbruch nachgewiesen wurde. Ich glaube, das Sie mir Zustimmen, das ein Justizminister, mit erwiesenem Verfassungsbruch, für ein solches Amt nicht mehr tragbar ist.

Warum hält die SPD, dennoch an Herrn Dr. Bamberger, Justizminister Rheinland-Pfalz, fest?

Hochachtungsvoll

Martin Halweg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Halweg,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gern wie folgt beantworten möchte.

Als Berliner Bundestagsabgeordnete habe ich die Auseinandersetzung um Dr. Bamberger zwar medial verfolgt, aber keinerlei Gespräche oder Diskussionen dazu geführt. Der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz Kurt Beck wurde ebenfalls auf Abgeordnetenwatch zur Besetzung der OLG-Präsidentenstelle befragt. Ich erlaube mir seine Ausführungen dazu für Sie hier darzustellen.

Kurt Beck schreibt: " Aufgrund des Wechsels des damaligen OLG-Präsidenten Heinz Georg Bamberger in das Amt des Ministers der Justiz war die Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts im Mai 2006 frei geworden. Im Juni 2007 konnte sie mit dem damaligen Präsidenten des Landessozialgerichts, Ralf Bartz, besetzt werden.

Gegen diese Entscheidung klagte ein Mitbewerber. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bestätigten die Auswahlentscheidung des Justizministeriums, zunächst im beantragten Eilverfahren, später auch im Hauptsacheverfahren. Der Mitbewerber legte Beschwerde im Eilverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ein. Dies hatte nach damaliger herrschender Rechtsauffassung keine aufschiebende Wirkung, das heißt, die Urkunde konnte an den ausgewählten Herrn Bartz vergeben werden.

Im November 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht nun die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben. Das Gericht begründet sein Urteil im Wesentlichen damit, dass nicht nur eine Entscheidung des Verwaltungs- und des Oberverwaltungsgerichts, sondern auch die Bundesverfassungsgerichts im Eilverfahren abgewartet werden muss, bevor die Ernennungsurkunde ausgehändigt werden kann. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht in beamten- und richterrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten eine neue vollwertige dritte Instanz im Eilverfahren geschaffen, die es bisher nicht gab. Das Gericht ist damit von seiner bisherigen Rechtsprechung abgewichen. Dies wird im Urteil auch mehrmals zum Ausdruck gebracht.

Diese Entwicklung war natürlich nicht vorhersehbar. Noch in seinem Urteil vom August 2003 hatte das Bundesverwaltungsgericht die genau gegenteilige Rechtsauffassung vertreten. An diese damals geltende Rechtsprechung hat sich das Justizministerium bei der Übergabe der Ernennungsurkunde an den ausgewählten Bewerber gehalten. Dies war im Übrigen ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie gängige Verwaltungspraxis - nicht nur in Rheinland-Pfalz. Es ist ein normaler Vorgang, dass Rechtsfragen von einem höchsten Gericht anders bewertet werden als von einer Verwaltung. Es ist ja gerade Aufgabe der Gerichte, Entscheidungen zu bestätigen oder zu verwerfen. Auch in anderen Bundesländern ist dies in Personalentscheidungen bereits der Fall gewesen. Nur wird dort nicht der Rücktritt eines Ministers gefordert.

Der Vorwurf, Justizminister Heinz Georg Bamberger habe vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt, ist völlig haltlos. Das folgt bereits daraus, dass das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Koblenz die Besetzungsentscheidung im Eil- und im Hauptsacheverfahren bestätigt haben. Selbstverständlich wäre im Juni 2007 die Ernennungsurkunde zum Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz nicht ausgehändigt worden, wenn bereits damals die neue Rechtsprechung bestanden hätte. Es wird nun ein neues Auswahlverfahren unter Beachtung der neuen Rechtslage durchgeführt. Es ist durch Ausschreibung der Stelle im aktuellen Justizblatt eingeleitet. Ich bin davon überzeugt, dass das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts am Ende des Verfahrens wiederum mit einem tadellos arbeitenden Juristen besetzt werden wird, so wie auch Herr Bartz in der Zeit seiner Amtsführung die Geschäfte ausgeübt hat."

Ich halte die Ausführungen von Kurt Beck für durchaus nachvollziehbar. Auch der lange Rechtsstreit macht deutlich, dass die Sachlage halt nicht so einfach ist, wie sie scheinen mag.

Ein Vergleich zur Plagiats-Affäre des Herrn zu Guttenberg anzustellen, ist nicht angemessen. Gegen Herrn zu Guttenberg hat die Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet, bei Herrn Dr. Bamberger handelt es sich um eine Verwaltungsrechtsstreitigkeit.

Mit freundlichen Grüßen

Mechthild Rawert