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Mechthild Rawert
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Frage von M-D K. •

Frage an Mechthild Rawert von M-D K. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Rawert,

voller Bestürzung habe ich den Beitrag des WDR-Magazins Monitor "Bald noch mehr Gift im Essen? Aigners toxischer Gesetzentwurf" wahrgenommen.

Vor dem Hintergrund aktueller Dioxin-Skandale verweist man dort voller Sorge auf einen aktuellen Gesetzentwurf, mit dem Frau Aigners Ministerium dem dt. Umweltbundesamt das Vetorecht bei Zulassung von Pflanzenschutzmitteln faktisch raubt und damit zuließe, daß der dt. Umweltschutz bei der Zulassung derlei Chemikalien automatisch auf das jeweilige schlechteste Niveau in irgendeinem Staat der EU reduziert werden kann. Denn hierbei würden Zulassungsverfahren für Pestizide u.ä. aus irgendeinem anderen EU-Staat zur Grundlage für die Zulassung derselben Substanz in Deutschland gemacht und die Chemie- u. Agrarlobby freut sich dann trefflich über die Hilflosigkeit unserer Umweltschutzbemühungen respektive der erzwungenen Machtlosigkeit des Umweltbundesamtes !

Ich bin selbst aus Berlin und denke, Ihre Tätigkeiten als ein Stv. Mitglied im Ausschuss: "Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz", wie auch die des Mitgliedes im Ausschuss "Gesundheit" machen Sie zum richtigen Ansprechpartner für meinen Versuch, über Sie Aufklärung-, einen Standpunkt- als auch Hilfe zu erfragen.

Fragen:

A) Wie weit ist dieser Gesetzentwurf gediegen ?

B) Wer kann auf genau diesen Gesetzentwurf noch Einfluss nehmen ?

Gern würde ich genau diese Personen, Abgeordneten etc. ansprechen, anschreiben, um Stellungnahme bitten, aufzuklären helfen oder wie auch immer dahingehend beeinflussen, sich von einer Industrie-freundlichen- zu einer Umwelt-freundlichen Haltung durchzuringen.

C) Welche Haltung beziehen Sie und für welchen Standpunkt steht Ihre Fraktion in dieser konkreten Frage ?

D) Welche Initiativen sind Ihnen bekannt, denen sich Menschen mit meiner Meinung anschließen- bzw. die wir unterstützen können, um diese Katastrophe noch zu verhindern ?

Einer baldigen Antwort sehe ich mit Freude u. Ungeduld entgegen
M-D Klein

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Klein bzw. sehr geehrter Herr Klein,

vielen Dank für Ihre Fragen. Geben Sie mir doch Gelegenheit über den mangelhaften Umgang der Ministerin Aigner mit dem Dioxin-Skandal zu informieren.

Erst auf Druck der SPD-Bundestagsfaktion stand am 19. Januar 2011 eine Regierungserklärung von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner zum Dioxin-Skandal auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages. In der Debatte haben die SPD- Abgeordneten die Versäumnisse der Ministerin während der letzten Wochen noch einmal deutlich gemacht. Außerdem hat die SPD-Bundestagsfraktion einen Entschließungsantrag (Drs. 17/4426) eingebracht.

Das mangelhafte Krisenmanagement und die schlechte Informationspolitik von Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner im aktuellen Dioxin-Skandal hat in den letzten Wochen Verbraucherinnen und Verbraucher verunsichert, Importländer verärgert und Landwirte massiv geschädigt. Erst der Druck der Opposition, der SPD-geführten Länder und der Öffentlichkeit hat Aigner dann zum handeln gezwungen. Zunächst hat sie nach eigenen Worten die Situation „beobachtet” und wollte lediglich eine Selbstverpflichtungserklärung der Futtermittelindustrie. Erst am 18. Januar 2011 hat sie gemeinsam mit den Ländern 14 Forderungen der SPD in einem Maßnahmenkatalog verabschiedet. Auf der Strecke blieb dabei der Schutz von Beschäftigten vor Kündigung, wenn sie Missstände und Vergehen ihrer Arbeitgeber den Behörden melden.
Die SPD-Bundestagsfraktion hatte bereits am 8. Januar einen Katalog mit 15 konkreten Forderungen vorgelegt und einen entsprechenden Antrag in der Sondersitzung des Verbraucherausschusses des Bundestags am 11. Januar eingebracht. Obwohl die Koalitionsfraktionen zunächst eine Beratung der Vorschläge ablehnten und eine Abstimmung darüber mit Geschäftsordnungstricks verhinderten, wurde der Forderungskatalog zur Blaupause für die überforderte Verbraucherministerin: Erst waren es fünf, dann zehn und schließlich nach der gemeinsamen Sitzung mit den Ländern 14 Punkte, die Aigner vorlegen musste.

Zentrale Maßnahmen des 14 Punkteplans sind:
• Hersteller von Futterfetten benötigen eine Zulassung, die an strenge Auflagen geknüpft ist.
• Die Trennung der Produktion von technischen Fetten und Fetten für Futtermittel wird vorgeschrieben.
• Die Behörden müssen überhöhte Grenzwerte und Rechtsverstöße bei Lebensmittelkontrollen umgehend veröffentlichen. Dazu wird das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) novelliert.
• Es wird eine bundesweite Informationsplattform im Internet eingerichtet.
• Private Untersuchungslabore und ihr Personal müssen ihre Ergebnisse unmittelbar an die Behörden melden.
• In der EU ist eine Positiv-Liste durchzusetzen, die Stoffe nennt, die in der Futtermittelher-stellung verwendet werden dürfen.

Nun kommt es darauf an, dass die Bundesverbraucherministerin den Maßnahmenplan auch umsetzt. Da kommen in der SPD-Bundestagsfraktion Zweifel auf, denn bisher hat Aigner sich einen Ruf als Ankündigungsministerin, nicht als tatkräftige Verbraucherschutzministerin erarbeitet. Außerdem haben CDU/CSU und FDP bereits in der Sondersitzung des Ausschusses am 11. Januar deutlich gemacht, dass sie eine wirksame Verschärfung des Verbraucherinformationsgesetzes ablehnen. Ebenso waren sie gegen die Verpflichtung, dass Hersteller alle Chargen an Futterfett untersuchen lassen müssen und auch die Meldepflicht von Untersuchungsergebnissen von Laboren wollten sie nicht. Unter anderem auf diese Widersprüche in der schwarz-gelben Koalition hat die SPD-Bundestagsfraktion in der Debatte zur Regierungserklärung deutlich verwiesen. Wir werden auch weiterhin alle Möglichkeiten des Parlaments nutzen, um die Ministerin immer wieder daran zu erinnern, endlich ihrer Verantwortung als Verbraucherschutzministerin nachzukommen und die Maßnahmen auch in der Koalition durchzusetzen.

Eine wichtige Forderung der SPD hat die Bundesverbraucherministerin unter den Tisch fallen lassen: Wir wollten Zivilcourage fördern und Beschäftigte gesetzlich vor Kündigung schützen, die die zuständigen Behörden über Missstände bei ihren Arbeitgebern informieren. Viele Skandale - nicht nur im Lebensmittelbereich - konnten in der Vergangenheit nur durch mutige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aufgedeckt werden, die sich rechtstreu verhalten und Schaden von der Allgemeinheit abwenden wollten. Bei dem aktuellen Dioxin-Skandal und ähnlichen Vorfällen handelt es sich um kriminelle Machenschaften, für die die Verantwortlichen zur Verantwortung gezogen werden müssen. Hierfür ist oft Insiderwissen notwendig. Doch Union und FDP verhindern den Informantenschutz als wichtige Maßnahme um Mitarbeiter in Betrieben zu ermutigen, entsprechende Missstände zu melden. Die Koalition hat am 19. Januar 2011 die Chance vertan, Vernunft walten zu lassen und unseren Gesamtforderungen, die wir auch als Entschließungsantrag eingebracht haben, zuzustimmen. Deshalb wird die SPD hierzu einen Gesetzentwurf in den Bundestag einbringen, damit Beschäftige den notwendigen Schutz erhalten.

Um langfristig derartigen Futter- und Lebensmittelskandalen entgegen wirken zu können, ist eine aktive Verbraucherschutzpolitik unerlässlich. Dafür steht die SPD-Bundestagsfraktion und daran arbeiten wir weiter.

Wenn Sie wissen möchten wer noch Einfluss nehmen kann, damit wir zu einem Gesetz kommen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland vor verunreinigten Lebensmitteln schützt, muss ich mitteilen, dass Sie vor allem Druck auf die Mitglieder des schwarz-gelben Koalition ausüben müssen. Schwarz-gelbe Koalition hat es in der Hand die Bundesministerin Aigner zum Handeln zu bewegen, damit wir in Deutschland wieder auf unbelastete Lebensmittel vertrauen können.

Mit freundlichen Grüßen

Mechthild Rawert