Frage an Martina Bunge von Dirk R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Dr. Bunge,
seit 2007 besteht der Beschluss des gemeinsamen Bundesausschusses zum Thema Spezialisierte ambulante Palliativversorgung mit der relativ mageren Aussage "die Belange von Kindern sind im besonderen Maße zu berücksichtigen".
Nachwievor basiert die Versorgung sterbender Kinder in fast allen Regionen Deutschlands auf Ehrenamtlichkeit, Spenden, Pilotprojekten oder ähnlichem, wird jedenfalls nicht durch die Leistungen der eigentlich Zuständigen, den Krankenkassen, getragen.
Trotz der Vorlage von Konzepten zu SAPV-Teams mit der besonderen Spezialisierung für Kinder und Jugendlichen (z.B. in Niedersachsen, Bayern, NRW, Hamburg, Hessen etc.) kommt es durch die Kostenträger immer wieder zu Verzögerungen, deren Intention nicht besonders kommentiert werden muss.
So wurden bereits in dem einen oder anderen Bundesland unterschriftsreife Vereinbarungen mit den Vertretern/innen aller gesetzl. Kassen erarbeitet (z.B. in Niedersachsen), nur um dann komplett von den Kassen wieder umgestoßen und in Frage gestellt zu werden (=mehrmonatige Verzögerung oder Scheitern).
Somit gehen wir bereits in das dritte Jahr, in dem der gesetzliche Anspruch von Kindern und Jugendlichen, die ein Recht auf eine bestmögliche, spezialisierte Versorgung haben, nicht entsprochen wird. Die gerichtliche Durchsetzung der Ansprüche ist in einer solchen Situation weder den Familien noch den Patienten zuzumuten (und käme gff. zu spät).
Wie beurteilen Sie bzw. wie beurteilt der Gesundheitsausschuss des Bundestages, diese Situation?
Gibt es Aktivitäten, den Kindern hier zu helfen? Wenn ja, welche?
Vielen Dank für Ihre Stellungnahme.
Prof. Dr. D. Reinhardt, Kinderarzt, Päd. Hämatologie und Onkologie, Vorsitzender "Netzwerk für die Betreuung schwerkranker Kinder und Jugendlicher e.V.(Niedersachsen/Bremen),
Sprecher der pädiatrischen Palliativ-AG Niedersachsen/Bremen
Sehr geehrter Herr Reinhardt,
vielen Dank für Ihre Frage.
Unabhängig von Ihrer Anfrage habe ich die Bundesregierung um einen neuen Bericht über die Umsetzung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung gebeten. Auch die neuesten Zahlen zeigen zwar eine Zunahme der Verträge, aber letztlich haben nur 59% der Krankenkassen Verträge zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung für Kinder und Jugendlichen abgeschlossen. Den Bericht habe ich nicht umsonst angefordert. Meiner Fraktion und mir ist an der Umsetzung der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung gelegen und wir werden nun weitere Schritte beraten.
Die zögerlichen Abschlüsse der Krankenkassen sind meines Erachtens gegenwärtig dadurch verursacht, dass eine große Unsicherheit über das künftige Finanzvolumen besteht, da der Gesundheitsfonds von Anfang an unterfinanziert konzipiert war und jetzt ungern auf Zusatzbeiträge zurückgegriffen wird. Und zudem fällt es den Kassen leichter, neu abzuschließende Verträge zu verzögern, als bestehende Leistungen zu kürzen. Was ja auch kein vernünftiger Mensch will. Damit hängt die Sicherung der Palliativversorgung von Kindern eng mit der Schaffung einer nachhaltigen Finanzierungsbasis für die Gesetzlichen Krankenversicherung zusammen. Sie können sich unseres Engagements zur Lösung beider Fragen versichert sein.
Mit freundlichen Grüßen
Martina Bunge