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Markus Koob
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Frage von Bodo S. •

Frage an Markus Koob von Bodo S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Koob,

Herr Kauder hat bereits vor einigen Jahren gewünscht, dass das Parlament verkleinert wird.
Die CDU/CSU scheint nach letzten Zeitungsberichten nicht gewillt, die durch die Steuerzahler enormen Hohen zu tragenden Kosten einzudämmen.
Wie stehen Sie zu dieser Entscheidung, die der CDU bestimmt keine Wählerstimmen bringt.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr S.,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage zur Verkleinerung des Deutschen Bundestages, der auch im Sinne von CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist.
Seit der Bundestagswahl haben diverse Gesprächsrunden zwischen den Fraktionsspitzen dazu stattgefunden, wie eine Verkleinerung des Bundestages ermöglicht werden kann. Da insbesondere von den kleinen Fraktionen wie der FDP, der Linken oder den Grünen hierzu eine bemerkenswerte Legendenbildung stattfindet, nutze ich gerne die Gelegenheit, Ihnen die Lage einmal darzustellen.
Laut Gesetz setzt sich der Bundestag aus 598 Abgeordneten zusammen, die je zur Hälfte (also je 299 Abgeordnete) aus den 299 Wahlkreisen direkt oder über das Zweitstimmenergebnis einer Partei mittelbar in den Deutschen Bundestag entsandt werden. Während die Zahl der 299 Abgeordneten aus den Wahlkreisen seit Jahren unverändert bei 299 liegt, sitzen im aktuellen Bundestag 410 Abgeordnete (und damit 111 Abgeordnete mehr als gesetzlich vorgesehen), die über die Landeslisten der Parteien in den Bundestag eingezogen sind. Der Grund hierfür ist, dass ein kompliziertes Berechnungsverfahren den Ausgleich entstandener Überhangmandate durch eine mittlerweile absurd hohe Zahl von Ausgleichsmandaten vorsieht. Hier liegt das Problem – weder in der Anzahl der Wahlkreise (diese hat sich nicht verändert), noch in der Anzahl der direkt im Wahlkreis gewählten Abgeordneten (auch diese hat sich nicht verändert).
Entsprechend ist es Meinung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion auch hier bei der Verringerung der Mandatsanzahl, die auch von meiner Fraktion nachdrücklich unterstützt wird, anzusetzen, um eine theoretisch unbegrenzte Ausweitung der Abgeordnetenzahl zu verhindern - etwa durch eine Deckelung der Anzahl der Gesamtmandate in der Nähe der gesetzlich vorgegebenen Höchstzahl.
Eine Verringerung der Wahlkreise, wie sie aus Gründen des Eigennutzes die kleineren Fraktionen inklusive der SPD bevorzugen, bedeutet hingegen unweigerlich größere Wahlkreise und damit weniger Bürgernähe – diesen Weg halte ich für falsch, zumal die direkt gewählten Abgeordneten eine durch die Wahl des Volkes in ihrem Wahlkreis unmittelbare demokratische Legitimation haben. Der Wahlkreis 176 (Hochtaunus) ist heute 813 km² groß. 250.000 Wählerinnen und Wählern gerecht zu werden, ist auf einer Fläche von gut 800 km² schon schwer genug, auf einer Fläche von 6.250 km² ist dies unter demokratischen Ansprüchen nahezu unmöglich. Dieser größte Wahlkreis in Deutschland ist schon heute doppelt so groß wie das gesamte Saarland plus der Fläche Berlins und Bremens. Eine über diese enorme Fläche hinausgehende Vergrößerung der Wahlkreise, sowohl in der Fläche als auch in der Repräsentation der Bevölkerung mindert die demokratische Qualität in Deutschland massiv.
Die Verkleinerung des Bundestages bleibt dringende Aufgabe, sie muss aber an dem Problem ansetzen und nicht am Symptom. Es geht auch nicht um Wählerstimmen, sondern um das Fundament unserer parlamentarischen Demokratie, das Wahlrecht. Daher halte ich auch ein überstürztes Handeln nicht für angebracht. Wenn die Verhandlungen mehr Zeit brauchen, sollte es diese Zeit auch geben. Ich habe aber die Erwartung, dass alle Fraktionen an den Verhandlungstisch zurückkehren und bei einer Wahlrechtsreform nicht ausschließlich auf ihre eigenen Stimmenvorteile schielen, wie es derzeit bei den kleinen Parteien geschieht. Es geht um die Bewahrung unserer parlamentarischen Tradition, die als Ausdruck der Bürgernähe seit jeher ausdrücklich eine hälftige Mehrheitswahl vorsieht.
Zur kurzen Einordnung sei aber auch gesagt, dass im Vereinigten Königreich und in Italien auf einen Abgeordneten rund 100.000 Einwohner kommen. Auch in Frankreich gibt es pro Einwohner mehr Abgeordnete (1 Abgeordneter auf 111.000 Einwohner). In Deutschland kommt ein Abgeordneter auf 114.000 Einwohner. Der Deutsche Bundestag ist mit 709 Abgeordneten zweifellos massiv gewachsen, er bewegt sich jedoch nicht außerhalb anderer europäischer Parlamentszusammensetzungen.
Das Anliegen meiner Fraktion ist dennoch klar: die Verkleinerung des Deutschen Bundestages durch die Reduzierung der 111 Mandate von den Landeslisten und die Beibehaltung des hälftigen personalisierten Mehrheitswahlrechts mit seinen 299 direkt gewählten Abgeordneten.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen konnte.

Mit freundlichen Grüßen
Markus Koob

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