Luise Amtsberg steht in der Natur und lächelt in die Kamera
Luise Amtsberg
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Christian B. •

Frage an Luise Amtsberg von Christian B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Amtsberg,

im Rahmen meiner Abschlussarbeit des Studiengangs Politikwissenschaft (B.A.) mit dem Thema "ePetitionen im Deutschen Bundestag" möchte ich Ihnen als Mitglied des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestags einige Fragen zu diesem Thema stellen.

1. Welche Vorteile und welche Nachteile bieten aus Ihrer Sicht ePetitionen gegenüber "klassischen" Petitionen?

2. Wie schätzen Sie den allgemeinen Erfolg von ePetitionen ein?

3. Können Sie sich vorstellen, dass Petitionen in naher Zukunft ausschließlich online eingereicht werden, um so beispielsweise Verwaltungstätigkeiten zu reduzieren?

4. Welche Verbesserungs- und Ausbaumöglichkeiten sehen Sie bei ePetitionen?

Ich würde mich sehr über eine Antwort Ihrerseits freuen.

Mit freundlichen Grüßen,
Christian Beier

Luise Amtsberg steht in der Natur und lächelt in die Kamera
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Lieber Herr Beier,

vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gern beantworte.

1. Welche Vorteile und welche Nachteile bieten aus Ihrer Sicht ePetitionen gegenüber "klassischen" Petitionen?

Die Einführung der ePetition kann als ein Meilenstein in der Entwicklung des Petitionswesens angesehen werden. Spätestens seit der von Rot-Grün durchgeführten Reform des Petitionsrechtes und der Einführung von ePetitionen im Jahr 2005 fühlen sich viele Bürgerinnen und Bürger von dieser Partizipationsmöglichkeit angesprochen, die sonst eine eher kritische und skeptische Grundhaltung gegenüber der Politik zeigen.

Das ePetitionen-Portal gehört zu den wichtigsten Formen politischer Aktivität im Bereich der Neuen Medien und steht an der Spitze der Internetangebote des Deutschen Bundestages. So verzeichnet das Portal des Petitionsausschusses mehr als 33.000 Klicks pro Tag und 1,6 Millionen Nutzerinnen und Nutzern pro Jahr (2013) und ist damit ein wichtiges Sprachrohr für die Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger. Die damit einhergehende Wirkung des Mediums „Öffentliche Petition“ beruht auf einer möglichst breiten Streuung der Informationen, um die Beteiligung der BürgerInnen und Bürger zu unterstützen.

Somit sind mittels der ePetition aufgrund ihrer eigenen Anlage Themen und Aspekte um ein vielfaches mehr in der Gesellschaft bekannt und virulent, als dieses vor der Einführung der ePetition der Fall war.

Gleichwohl darf nicht aus den Augen verloren werden, dass das Verfassen einer Petition auch ohne technische Hilfsmittel, wie Internet und Computer möglich sein muss, um niemandem mit einer Einschränkung solcher Art auszugrenzen. Schriftlich formulierte Petition werden ihre Berechtigung und Notwendigkeit somit auch immer behalten.

2. Wie schätzen Sie den allgemeinen Erfolg von ePetitionen ein?

Das Petitionsrecht ist eines der bedeutendsten Instrumente politischer Innovationen, bürgerschaftlichen Engagements und demokratischer Mitwirkung und zeichnet sich durch eine Reihe von Sonderstellungen aus. Wie kein anderes Parlamentsgremium ist es so nah an den Sorgen und Nöten der Bürgerinnen und Bürger. Durch seine Gründung im Grundgesetz ist es aber auch tief verankert. Das Recht auf Petition ist ein Grundrecht („Jedermann hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen und an die Volksvertretung zu wenden.“ Art. 17, GG).

Von dieser Möglichkeit machen die BürgerInnen und Bürger Gebrauch. Sie nutzen den Petitionsausschuss, um aktiv Politik mitzugestalten. Ob Netzneutralität, Hebammen, Hospizversorgung oder Vorratsdatenspeicherung – die Bandbreite der Petitionen kennt keine Grenzen. Es gibt kein Thema und keine Gesetzeslücke, die nicht ihr Echo im Petitionsausschuss findet. Allein im Jahr 2013 gab es so fast 15.000 neue Petitionen, das sind 40 Petitionen am Tag.

Bei einer Vielzahl von Petitionen konnte das Anliegen positiv erledigt werden. So wurden 2013 mehr als ein Drittel der Vorgänge im weiteren Sinne positiv erledigt, wobei einige Anfragen der Petenten bereits im Vorfeld des parlamentarischen Verfahrens abgeschlossen werden konnten, denn oft bewirkten bereits Stellungnahmeersuchen des Petitionsausschusses bei den staatlichen Stellen eine gründlichere Abwägung des Sachverhalts. Oftmals waren aber auch wieder ausführliche Gespräche der Berichterstatter unter Beteiligung von Vertretern der Bundesregierung notwendig, um Lösungswege aufzuzeigen.

Die Vielzahl der erfolgreichen Petitionen hier aufzuzählen würde den Rahmen sprengen. Es sei an dieser Stelle beispielhaft auf den Jahresbericht 2013 des Petitionsausschuss verwiesen, in dem eine große Anzahl von Petitionen aufgezählt sind, bei denen die Bundesregierung gewillt war, dem Vorschlag des Ausschusses zu folgen.

3. Können Sie sich vorstellen, dass Petitionen in naher Zukunft ausschließlich online eingereicht werden, um so beispielsweise Verwaltungstätigkeiten zu reduzieren?

Auch wenn die Bedeutung der elektronischen Petitionen eine Erfolgsgeschichte ist und die zunehmende Anzahl an ePetitionen eine eigene Sprache spricht, wird es unseres Erachtens nicht möglich sein, das Verfahren zur Einreichung der Petitionen auf ein ausschließlich elektronisches umzustellen. Das Verfahren ist durch die Einführung der ePetitionen im Vergleich zur Vergangenheit bereits wesentlich verschlankt worden.

Gleichwohl muss die Möglichkeit einer händischen Eingabe einer Petition gewährleistet bleiben.

4. Welche Verbesserungs- und Ausbaumöglichkeiten sehen Sie bei ePetitionen?

Wir sind der Meinung, dass grundsätzlich alle Petitionen öffentlich beraten werden sollten, es sei denn, der Petent wünscht das nicht oder private oder datenschutzrechtliche Belange stehen dem entgegen. Die technischen und grundsätzlichen Möglichkeiten des Petitionsausschusses sind hier noch nicht ausgeschöpft.

Wir müssen auch in dieser Wahlperiode mit Nachdruck an einer Fortentwicklung des Petitionsrechts arbeiten, damit die Bitten und Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger mehr als bisher in die Entscheidungsfindung des Parlamentes einfließen.

Generell treten wir für eine Stärkung des Petitionsrechts ein, mit der wir auch die repräsentative und teilnehmende Demokratie auf neuartige Weise kombinieren können. Das Instrument der öffentlichen Petitionen sollte zu einer wirklich offenen Petition weiterentwickelt werden, in der Petitionen nicht nur, wie bisher, auf dem Portal des Ausschusses diskutiert und mitgezeichnet sollten, sondern auch gemeinsam erarbeitet und eingereicht werden können. Diese Bitten zur Gesetzgebung sollten dann auch in den Fachausschüssen des Parlamentes und hier im Plenum angemessen beraten werden.

Partizipation im Rahmen des Petitionsrechts findet auch aber nicht nur über das Internet statt. Deshalb brauchen wir erweiterte Zugangsformen und –möglichkeiten für diejenigen, die sich nicht im Netz bewegen wollen oder können, zum Beispiel Geringverdienende, mit niedrigem Bildungsniveau oder auch alte Menschen. (siehe oben)

So könnte es Bürgerbüros vor Ort und andere Möglichkeiten der Hilfestellung geben. Auch kann man über Wege zur nichtelektronische Einreichung von Petitionen nachdenken. Zudem müssen wir auch die Menschen gewinnen, die sich bisher zu wenig eingebracht haben, zum Beispiel Erwerbslose, Frauen sowie Migrantinnen und Migranten.

Mit freundliche Grüßen
Luise Amtsberg

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