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Lothar Ibrügger
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Frage von Martin W. •

Frage an Lothar Ibrügger von Martin W. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Guten Tag Herr Ibrügger.

im Folgenden habe ich einige Fragen an Ihre persönliche Meinung zu einigen für mich relevanten Themen. Ich wäre sehr erfreut, wenn Sie diese, und nicht die Ihrer Partei wiedergeben würden.

# Wie stehen Sie zu der zunehmenden Militarisierung in der BRD und stimmen sie mit Verteidigungsminister Struck überrein, dass die Wehrpflicht erhalten und die Bundeswehr nicht verkleinert werden muss?

# Sehen Sie ein Problem in dem unter Innenminister Schily durchgeführten Ausbau des Sicherheitsapparates, sei es im Bezug auf angeblich die Weltmeisterschaft 2006 gefährdende Hooligans, vage Vermutungen über eine Terrorismusgefährdung oder andere, aktuelle Themen? Sind Sie der Meinung, dass der Sicherheitsapparat weiter ausgebaut, erhalten oder abgebaut werden sollte?

# Was halten Sie von den Hartz IV Gesetzen? Viele Sozialhilfeempfänger sind kaum noch in der Lage, ihr ohnehin schon sparsames leben zu finanzieren, obwohl Sie teilweise lange Zeit in den jeweiligen Betrieben gearbeitet haben bzw. trotz intensiver Bemühungen noch nicht einmal die faire Chance auf Arbeit bekommen haben. Können Sie es in anbetracht dessen als Sozialdemokrat mit Ihrem Gewissen vereinbaren, dass eine Zehntausende Menschen, auch in der BRD, mehr Eigentum besitzen, als sie in ihrem Leben je ausgeben können? Ohne polemisch wirken zu wollen und die Marktwirtschaft von heute auf morgen abschaffen zu wollen, soziale Gerechtigkeit sieht anders aus, oder?

# Eine Abschließende Frage: Was sollte einen Ihrer Meinung nach dazu bringen, Ihnen und nicht dem Kandidaten der Linkspartei seine Stimme zu geben?

Über ehrliche Antworten wäre ich sehr erfreut.

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weißmann,

eine Fülle von Terminen zur Bundestagswahl vom frühen Morgen bis in die späte Nacht hindern mich, meiner gewohnten Art, schnell zu antworten, nachzukommen. Ich bitte Sie hierfür um Ihr Verständnis.

Ihre Frage zur "zunehmenden Militarisierung" möchte ich zunächst mit meiner eigenen Erfahrung als wehrpflichtiger Soldat mit 18 Monaten Dienstzeit in den Jahren 1966 / 1967 beantworten. Damals standen zu beiden Seiten des Eisernen Vorhangs Millionen von Soldaten und jeder Zeit zum Angriff bzw. zur Verteidigung bereite Armeen mitten in Deutschland. Allein in meiner Heimatstadt Minden gab es neben der Bundeswehr noch an die 10.000 Soldaten und Angehörige britischer Streitkräfte. In Uchte gab es niederländische Flugabwehrraketenbatterien. In Nammen (Porta Westfalica), Heisterholz (Stadt Petershagen), Tonnenheide (Stadt Espelkamp), Preußisch Oldendorf und Liebenau (Kreis Nienburg) bestanden große, bis an den Rand gefüllte Munitionsdepots. Alle Depots sind heute nicht mehr vorhanden und unter ökologischen Gesichtspunkten soweit es geht renaturiert worden. Heute wandern dort Spaziergänger durch den Wald. Vielleicht können Sie mir deshalb darin zustimmen, dass die Militärpräsenz in Deutschland ganz wesentlich abgebaut werden konnte. Der Fall der Mauer und die Deutsche Einheit haben die jahrzehntelange Kriegsgefahr in Mitteleuropa beseitigt. Positiv zu nennen ist auch noch die Vernichtung der amerikanischen und russischen Mittelstreckenraketen, die in den 80er Jahren auf deutschem Boden stationiert waren.

Angesichts zunehmender Unsicherheiten über die Folgewirkungen von Konflikten muss Politik auf die friedliche Beilegung von Auseinandersetzungen ausgerichtet werden. Gelingt dies aber nicht, bleiben ggf. nur die Androhung oder der Einsatz von militärischen Mitteln zur Trennung von Konfliktparteien im Rahmen der UNO oder auch die Gewährleistung des zivilen Lebens in Spannungsgebieten. An allerletzter Stelle bleibt der Einsatz von Militär, wenn Gewaltausübung anders nicht unterbunden werden kann. Deutschland darf sich solchen Aufgaben der internationalen Solidarität auf Anforderung der Vereinten Nationen nicht verweigern. Wir werden weiterhin auf die Wehrpflicht angewiesen sein, um den personellen Aufwuchs der Streitkräfte, vor allem auch die Verankerung der Bundeswehr in der Gesellschaft, zu erhalten. Ein Einsatz von Wehrpflichtigen bei evtl. Einsätzen im Ausland beruht auf strikter Freiwilligkeit. Das muss auch für die Zukunft gelten.

"Vage Vermutung über eine Terrorismusgefährdung", wie Sie schreiben, wird gerade auch nach den jüngsten Anschlägen in London einer objektiven Risikobetrachtung nicht gerecht. Eher nur zufällig konnte der schon bis ins Kleinste geplante Anschlag mit Giftgas auf die Frankfurter U-Bahn verhindert werden. Es ist vornehmenste Aufgabe aller staatlichen Einrichtungen, Leib und Leben von Bürgern zu schützen und Gefährdungen gerade vorbeugend zu begegnen. Dazu müssen Bund, Länder und Gemeinden eng zusammenwirken.

Sie haben Recht, Armut und Reichtum sind auch in unserer Gesellschaft Anlass, auf eine gerechtere Verteilung der Lebenschancen in Bildung und Beruf und für die durch den Wegfall von 70 Steuerschlupflöchern vor dem Finanzamt nicht mehr "arm rechnen" können und zunehmend wieder Steuern zahlen. Auch die großen Konzerne sind durch die Regelungen zur Mindestbesteuerung verpflichtet worden, _in_ Deutschland wieder Steuern zu zahlen. Bundesweit sind die Gewerbesteuern um über 20 % gestiegen. Sie fließen vor allem den Städten und Gemeinden zur Sicherstellung der Daseinsvorsorge zu. Über eine Million Sozialhilfeempfänger sind nun auch in die Maßnahmen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt einbezogen worden. Jetzt haben sie Anspruch auf Eingliederungsleistungen der Agentur für Arbeit und auf Zugang zu Hilfen in schwierigen Lebenssituationen. Bei Verschuldung, Suchtproblemen und wenn psychosoziale Hilfen oder Unterstützung bei der Kinderbetreuung benötigt werden, sollen professionelle Berater die Arbeitsuchenden unterstützen. Hier fehlt der Raum, um die Eingliederungsleistungen für erwerbsfähige Arbeitsuchende aufzuführen. Unter www.arbeitsagentur.de oder auch www.teamarbeit.de werden gezielt Informationen angeboten.

Auch in Zukunft werden wir mehr Arbeit und Beschäftigung nur unter den Bedingungen der Marktwirtschaft organisieren können, da der wirtschaftliche Wohlstand der Bundesrepublik Deutschland und auch Lohneinkommen, Renten und Versorgung Bedürftiger zu mehr als einem Drittel aus den Exportüberschüssen Deutschlands gespeist werden. Marktwirtschaft muss aber sozial fundiert sein, d. h. sie muss eine gerechte Teilhabe aller an Sagen und Haben in der Wirtschaft gewährleisten. Dafür streitet die SPD und sucht Unterstützung. Einem Marktradikalismus pur erteile ich eine strikte Absage.

Beim Direktmandat entscheidet das Mehrheitswahlrecht. Jede Zersplitterung von Erststimmen auf Kandidaten der Linkspartei hilft objektiv Kandidaten der CDU, nach vorn zu kommen. Gerade deren Politik lehnen ja der Linkspartei zuneigende Wählerinnen und Wähler ab. Deswegen bitte ich jeden um die Unterstützung meiner Kandidatur. Ein klarer Wählerauftrag gewährleistet dann als Stimme des Mühlenkreises die Verhinderung von Maßnahmen der CDU, die von einer breiten Mehrheit der Deutschen abgelehnt werden. Ich nenne nur die Mehrwertsteuererhöhung, die Arbeitsplätze gefährdet und Investitionen verhindert. Nichts würde besser, alles aber teurer. Ich nenne aber auch die angekündigte Senkung der Entfernungspauschale oder die sozial ungerechte Kopfpauschale im Gesundheitswesen, die ich gerne mit Unterstützung einer Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger im Mühlenkreis gleichfalls verhindern möchte.

Mit herzlichem Gruß

Ihr Lothar Ibrügger