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Frage von Dr. Hans W. •

Frage an Lothar Binding von Dr. Hans W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Binding,

In Hinblick auf die neue Abgeltungssteuer wollte ich unser Depot umstellen und hatte dabei vor allem an breit gestreute Fonds - auch Dachfonds - gedacht.

Jetzt lese ich in einem Heft des "Der Steuerzahler", daß bei Dachfonds hinsichtlich der Abgeltungssteuer Änderungen geplant sind.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir sagen könnten, ob das stimmt und wie wir uns am besten verhalten sollte.

Vielen Dank im Voraus!

Herzliche Grüße

Dr. Hans Wagner

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Sehr geehrter Herr Dr. Wagner,

vielen Dank für Ihre Frage zu den Auswirkungen der Abgeltungsteuer auf Fonds und Dachfonds. Es handelt sich bei diesem Thema um einen komplexen und zugleich komplizierten Sachverhalt. Ich schicke meinen Ausführungen deshalb einige Informationen voraus, die diese Regelungen in den Gesamtzusammenhang einordnen.

Unser zentrales Lenkungsziel bei der Abgeltungsteuer ist die einheitliche und umfassende Besteuerung sämtlicher Kapitaleinkünfte. Sie fasst ab 2009 die laufenden Erträge aus Kapitalvermögen – Zinsen, Dividenden, Erträge aus Investmentfonds, Vorteile aus Zertifikaten – und die Gewinne aus der Veräußerung und Einlösung von Kapitalvermögen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zusammen. Dafür gilt künftig ein einheitlicher Steuersatz von 25%. Bemessungsgrundlage sind die gesamten Kapitalerträge und in Veräußerungsfällen der Unterschied zwischen dem erzielten Veräußerungspreis und den Anschaffungskosten.

Die Rendite einer privaten Kapitalanlage soll sich künftig in erster Linie nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben richten und nicht mehr durch unterschiedliche Steuerbelastungen überlagert werden. Die Mehrheit der Anleger, aber auch der Finanzplatz Deutschland, wird somit von der Einführung einer einheitlichen Steuer auf Kapitalerträge profitieren.

Die Einführung einer Abgeltungsteuer bedeutet eine Abkehr von dem bisher geltenden Grundsatz einer steuerlichen Gleichbehandlung sämtlicher Einkunftsarten. Ein Blick auf die tatsächliche Besteuerungspraxis zeigt aber, dass heute von einer gleichmäßigen Besteuerung der Kapitaleinkünfte im Vergleich zu den anderen Einkunftsarten nicht mehr gesprochen werden kann. Denn insbesondere bei im Ausland zufließenden Kapitaleinkünften bestehen nach schwerwiegende Besteuerungslücken, die auch durch einen effizienteren Steuervollzug auf nationalstaatlicher Ebene nicht geschlossen werden kann. Aufgrund der Gleichbehandlung der unterschiedlichen Kapitalerträge und des Steuerabzugs an der Quelle führt die Abgeltungsteuer nun zu einer Vereinheitlichung und Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens.

Der Werbungskostenabzug wird pauschaliert durch einen sog. Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 €/ 1.602 € bei Ledigen/ zusammen veranlagten Ehegatten, in dem der Sparer-Freibetrag und der Werbungskosten-Pauschbetrag aufgehen. Damit sind alle Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalanlagen abgegolten. Die Abgeltungsteuer wird lediglich auf Kapitaleinkünfte erhoben, die diesen Sparer-Pauschbetrag übersteigen. Um die höhere Belastung von Bezieher niedrigerer Einkünfte durch die Abgeltungsteuer zu vermeiden, besteht eine Veranlagungsoption. Steuerpflichtige können – zu ihrem Vorteil – die Veranlagung ihrer Einkünfte aus Kapitalanlagen wählen, wenn ihr persönlicher Steuersatz unter 25 % liegt. Anleger mit Zinserträgen, die diese bisher mit einem persönlichen Steuersatz von mehr als 25 % versteuern mussten, werden durch den Abgeltungsteuersatz hingegen entlastet.

Die Kreditinstitute können die bei ihnen im gleichen Jahr entstandenen Verluste und Erträge aus Kapitalanlagen miteinander verrechnen. Verluste aus Aktienverkäufen können allerdings nur mit Gewinnen aus Aktienverkäufen verrechnet werden. Soweit am Ende des Kalenderjahres ein Verlustüberhang besteht, ist dieser auf das folgende Kalenderjahr übertragbar. Auf Verlangen des Steuerpflichtigen stellt das Kreditinstitut über die Höhe der Verluste eine Bescheinigung aus, damit die Verluste eventuell bei einer Veranlagung berücksichtigt werden können.

Nach diesen einführenden Bemerkungen nun zum Kern Ihrer Frage nach Besteuerungsregeln bei indirekten Kapitalanlagen wie etwa einem Investmentfonds, einem Dachfonds oder einem zertifizierten Altersvorsorgeprodukt. Durch die Einführung der Abgeltungsteuer ergeben sich für den Anleger je nach Art der Kapitalerträge unterschiedliche finanzielle Konsequenzen gegenüber dem geltenden Recht. Die Besteuerungsregelungen für Anteile an langfristig ausgerichteten Dachfonds, die in andere Aktien- oder Rentenfonds investieren, oder an Investmentfonds sind grundsätzlich gleich. Eine Änderung der Besteuerungsregeln für Dachfonds, die der Bund der Steuerzahler in seiner Ausgabe angedeutet hat, ist nicht vorgesehen. Dieses „Gerücht“ hat somit keine Substanz.

Bei einer Kapitalanlage über ein Investmentvermögen erzielt dieses auf einer gesonderten Fondsebene laufende Kapitalerträge und Veräußerungsgewinne. Das inländische Investmentvermögen ist ein eigenes Ertragsteuersubjekt, das allerdings von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit ist. Die Besteuerung findet als „Ausgleich“ also lediglich beim Anleger statt.

Bei einem Dachfonds liegen zwischen dem einzelnen Anlageobjekt, dem sog. Zielfonds, und dem steuerpflichtigen Anleger nicht nur eine, sondern zwei Besteuerungsebenen. Diese Finanzprodukte eignen sich in erster Linie für langfristig orientierte Anleger, die an einer breiten Risikostreuung interessiert sind. Ein Dachfonds darf nicht mehr als 20 % seines Vermögens in einem einzelnen Investmentfonds anlegen – und auch nicht mehr als 10 % dieses Fonds erwerben. Sie bieten verschiedene Anlagestrukturen mit unterschiedlichen Risikoverteilungen und Ertragsaussichten.

Folgende Konstellationen lassen sich in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Erwerbs für die Besteuerung von Erträgen und Gewinnen aus Investment- und Dachfondsanteilen unterscheiden.

Der Anleger kann Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf des gesamten Dachfonds-
oder Investmentanteils erzielen. Für die Besteuerung dieser Einkünfte gelten
folgende Regelungen:

• Bei Erwerb des Anteils vor dem 1.1.2009 kann der Anleger die Differenz zwischen Anschaffungskosten und Veräußerungserlös steuerfrei vereinnahmen, wenn die Haltedauer länger als ein Jahr beträgt. Der Anleger kann seinen Anteil also auch erst in einigen Jahren verkaufen, ohne der Abgeltungsteuer zu unterliegen.

• Bei nach dem 31.12.2008 angeschafften Anteilen unterliegt das Ergebnis aus der Veräußerung oder Rückgabe hingegen – unabhängig von der Haltedauer – der Abgeltungsteuer. Diese Regelung gilt auch für Dachfondsanteile.

Gewinne können dem Anleger auch durch Veräußerungen von Wertpapieren durch das Investmentvermögen selbst zufließen. Für die Besteuerung von Gewinnen, die ein Investmentfonds aus einer Veräußerung von Teilen seines Portfolios – etwa Aktien, Aktienfonds sowie festverzinsliche Anleihen – erzielt, ist entscheidend, ob sie ausgeschüttet oder einbehalten werden.

• Bei Thesaurierung oder Einbehaltung wird der Veräußerungsvorgang in Parallele zum Ertragssteuerrecht als Wertsteigerung des Wirtschaftsguts Investmentanteil eingestuft und beim privaten Anleger weiterhin nicht besteuert. Wie lange dieses sog. thesaurierende Investmentvermögen den Veräußerungsgewinn hält, spielt dabei keine Rolle. Erst beim späteren Verkauf des Investmentanteils führen diese zwischenzeitlich steuerfrei bezogenen Ausschüttungen dann zu einer Wertsteigerung, die sich in einer Erhöhung der Bemessungsgrundlage, d.h. des Investmentanteils, abbildet.

Für Dachfonds gelten analoge Regelungen: Gewinne aus der Veräußerung von Zielfondsanteilen, die thesauriert und zum Erwerb anderer Zielfondsanteile eingesetzt werden, führen – im Unterschied zu einer Direktanlage in einem Aktienfonds – nicht zu einer Besteuerung beim Anleger. Gleiches gilt auch für Gewinne, die Zielfonds aus der Veräußerung von Wertpapieren erzielen und die dem Dachfonds zufließen. Positionen im Portfolio können also auch nach Ende 2008 ausgetauscht werden, ohne den Steuervorgang auszulösen. Diese Gewinne unterliegen erst bei Ausschüttung an den Anleger der Abgeltungsteuer.

• Auch die Ausschüttung von Gewinnen aus der Veräußerung von Wertpapieren kann unter bestimmten Bedingungen steuerfrei bleiben. Wenn der Investmentfonds Veräußerungsgewinne ausschüttet, geht das Finanzamt für die Bemessung der Steuerbelastung beim Anleger davon aus, dass zuerst erworbene Anteile auch zuerst als veräußert gelten. Die so genannte "First in first out"-Methode ist für den Anleger vorteilhaft. Denn Veräußerungsgewinne aus Wertpapieren, die der Fonds vor dem 1.1.2009 angeschafft hat, bleiben beim Privatanleger endgültig steuerfrei. Voraussetzung dafür ist, dass der Anleger seine Anteile am Investmentvermögen vor dem 1.1.2009 erworben hat. Für bis Ende 2008 abgeschlossene Verträge gilt also Bestandsschutz.

Die Ausschüttung von Gewinnen des Investmentvermögens aus der Veräußerung von Wertpapieren, die der Fonds nach dem 31.12.2008 angeschafft hat, unterliegt beim Privatanleger hingegen künftig dem Abgeltungsteuersatz von 25 % – unabhängig davon, wann er seinen Investmentanteil angeschafft hat. Liegt der persönliche Steuersatz unter 25 %, kann der Anleger im Zuge seiner Veranlagung in der Einkommensteuererklärung auch die günstigere Besteuerung wählen.

• Für Zertifikate besteht ebenfalls eine Sonderregelung: Sie können bis zum 30. Juni 2009 abgeltungsteuerfrei veräußert werden, wenn sie vor dem 14. März 2007 erworben wurden. Laufende Erträge aus Investmentanteilen, etwa Zinsen und Dividenden, werden beim Anleger zeitnah besteuert. Das bisher bei Dividendeneinkommen gültige Halbeinkünfteverfahren entfällt. Die Besteuerung dieser Kapitalerträge gilt unabhängig davon, wann die Anteile erworben wurden und ob sie auch tatsächlich ausgeschüttet werden. Dazu wird eine Ausschüttung durch das Investmentvermögen an den Anleger jeweils zum Ende des Geschäftsjahres simuliert, auch wenn die Erträge beim Fonds verbleiben. Laufende Kapitalerträge, die über dem Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 Euro für Ledige bzw. 1.602 Euro für Verheiratete unterliegen somit künftig der Abgeltungsteuer.

Um allerdings eine doppelte Besteuerung der Wertentwicklung eines Investmentanteils beim Anleger zu vermeiden – zum einen durch die Besteuerung seiner Kapitalerträge aus dem Investmentanteil, zum anderen durch die Gewinnbesteuerung beim Verkauf des Anteils – kann der Anleger seinen Veräußerungsgewinn beim Verkauf um die bis dahin entstandenen Thesaurierungsbeträge bereinigen. Diese Berechnung übernimmt die depotführende Stelle, in der Regel eine Bank oder Fondsgesellschaft.

Erträge in Dachfondskonstruktionen fallen auf der Ebene des Zielfonds, auf der Ebene des Dachfonds selbst und schließlich beim Anleger, dem Eigentümer des Dachfondsanteils, an. Die Erträge der einzelnen Zielfonds fließen dem Dachfonds zu, dessen Erträge wiederum dem Anleger zufließen – allerdings ebenfalls erst bei Gewinnausschüttung oder Verkauf des Fondsanteils. Solange sie hingegen im Dachfonds verbleiben, also reinvestiert werden, fällt keine Steuer an. Diese steuerliche Behandlung war ein zentrales Argument für die offensive Vermarktungsstrategie vieler Vermögensverwalter zugunsten von Dachfondsprodukten.

Das Bundesministerium der Finanzen warnt allerdings vor einer Anlageentscheidung zugunsten eines Dachfonds – wie auch bei jedem anderen Anlageprodukt – lediglich auf Basis eines Kriteriums, der Belastung mit Abgeltungsteuer. Umschichtungen eines Depots von einer Anlageform zu einer anderen sollten sorgfältig erwogen werden, da sie häufig mit Spesen oder Ausgabeaufschlägen bei neu erworbenen Investmentanteilen verbunden sind. So sind beispielsweise die steuerlichen Möglichkeiten beim Erwerb von Dachfondsanteilen mit Kosten für die Depotverwaltung sowohl auf der Ebene des Dachfonds als auch der Zielfonds verbunden. Zudem kann ein Dachfondsmanager keinen Einfluss auf die Wertentwicklung eines Zielfonds in seinem Portfolio nehmen. Der Anleger ist damit nicht nur von der Erfahrung und dem Geschick des Dachfondsverwalters, sondern auch jedes Zielfondsmanagers abhängig.

Eine Anlageentscheidung sollte nach meiner Einschätzung daher in erster Linie aufgrund der Renditeaussichten eines Produktes oder einer Anlageform erfolgen. Die steuerliche Belastung stellt dabei nur einen nachrangigen Erfolgsfaktor dar. Leider wird dies in der öffentlichen Wahrnehmung und Darstellung nicht immer ausreichend gewürdigt – etwa bei einem sog. steueroptimierten Geldmarktfonds.

Die Besteuerung dieser steueroptimierter Geldmarktfonds wird im Jahressteuergesetz 2009 neu geregelt. Es handelt sich bei dieser kurzfristigen Geldanlagemöglichkeit um eine Konstruktion, die auf eine möglichst geringe Steuerbelastung beim Anleger abzielt. Dazu werden – über den Austausch von Zahlungsströmen, sog. Swaps – steuerpflichtige Zinserträge in steuerfreie thesaurierte Kursgewinne, d.h. Termingeschäfts- bzw. Wertpapierveräußerungsgewinne, umgewandelt. Diese Geldmarktfonds nutzten dabei bislang eine Besteuerungslücke, die sich aus dem Zusammenwirken der Übergangsregelungen bei der Einführung der Abgeltungsteuer und der Nichtsteuerbarkeit einbehaltener Veräußerungsgewinne aus Termin- oder Wertpapiergeschäften.

Diese Lücke wird mit dem Jahressteuergesetz allerdings geschlossen. Werden Anteile an Geldmarktfonds nach dem 19. September 2008 erworben, gilt für diese Anteile bereits die zeitlich ungeschränkte Besteuerung sämtlicher Wertzuwächse, insbesondere also auch von Veräußerungsgewinnen. Für vorher erworbene Anteile an solchen Investmentvermögen, die über den 10. Januar 2011 gehalten werden, wird eine Veräußerung und eine Erwerb am 10. Januar 2011 fingiert und lediglich der danach entstehende Wertzuwachs bei der Rückgabe und Veräußerung besteuert.

Nicht betroffen von der Abgeltungsteuer sind alle Anlageformen, die ausschließlich der Altersvorsorge dienen. Dazu gehören etwa zertifizierte Fonds- und Banksparpläne, betriebliche Vorsorgepläne, private Rentenversicherungen und Kapitallebensversicherungen, sofern die Verträge vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurden und die Haltedauer mindestens 12 Jahre beträgt, sowie Immobilien. Wertsteigerungen von Immobilien bleiben steuerfrei, sofern sie nicht innerhalb der Spekulationsfrist von zehn Jahren veräußert werden.

Die Leistungen aus diesen zertifizierten Altersvorsorgeverträgen werden erst in der Auszahlungsphase nachgelagert besteuert. Während der Ansparphase erfolgt keine Besteuerung von Erträgen und Wertsteigerungen. Wichtig ist hierbei: auch nach der Einführung der Abgeltungsteuer wird bei der Besteuerung der Riester- und Rürup- Verträge der persönliche und nicht der Abgeltungsteuersatz angewendet.

Hoffentlich konnte ich Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Lothar Binding