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Frage von Stefan R. •

Frage an Lothar Binding von Stefan R. bezüglich Familie

Sehr geehrter Herr Binding,

endlich habe ich es geschafft meine Steuererklaerung 2006 abzugeben. Seit 2006 sind Kinderbetreuungskosten, welche beruflich bedingt sind, ohne Sockelbetrag zu 2/3 abzugsfaehig.

Neben der Grundschulbetreuung und der Kleinkindbetreuung fallen natuerlich bei berufstaetigen Eltern auch Ferienbetreuungen an. Nun stand auf einer Quittung der Heidelberger Arbeiterwohlfahrt "Ferienprogramm". Die freundliche Steuerbeamte erklaerte mir dann, dass nur Kosten fuer "Betreuung" keineswegs aber Kosten fuer "Freizeiten" abgesetzt werden koenne. Den Unterschied konnte Sie mir aber nicht erklaeren.

Deshalb meine Frage an Sie: "Was ist der Unterschied zwischen Ferienbetreuung und Ferienfreizeit?"

Keineswegs darf die Betreuung naemlich eine Hausaufgabenbetreuung sein. Denn hier wurde die Beamtin ebenfalls stutzig, denn Nachhilfe waere ja auch nicht absetzbar!

Also habe ich noch eine Frage: "Warum sind Kosten fuer Privatschulen teilweise steuerlich geltend zu machen, Kosten fuer Nachhilfe oder Hausaufgabenbetreuung an oeffentlichen Schulen aber nicht?"

Viele Gruesse,

Stefan Richter

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Ferienbetreuung als Kinderbetreuungskosten

Sehr geehrter Herr Richter,

wir haben uns schon oft über Spezialfragen ausgetauscht. Gelegentlich stellt sich das als schwierig heraus, weil wir "aneinander vorbei" schreiben, wie Sie in einem Ihrer Briefe formulieren.

Vielleicht erläutere ich dieses Problem an einem Beispiel. Sie schreiben "Die Strasse ist nass". Und das führe natürlich zu großen Problemen, wenn jemand mit nicht regentauglichen Reifen auf der Strasse führe, mit dem Auto und erst recht mit dem Fahrrad. Und für Kinder ergäben sich ganz besondere Probleme im Straßenverkehr auf nasser Fahrbahn. Sie fragen dann weiter, ob ich nicht ähnliche Probleme sähe, wenn es zwar nicht geregnet hat, aber jemand mit der Gießkanne die Strasse nass gespritzt habe. Ich versuche dann einige Ihrer richtig erwogenen Teilaspekte zu beurteilen. Etwa, dass es schwierig ist und evtl. gefährlich sei, mit ungeeigneten Reifen auf nasser Fahrbahn zu fahren. Tatsächlich ist es aber so: Die Strasse ist trocken – und alle Ableitungen auf dieser Grundlage von sehr begrenztem Wert. So erklärt sich vielleicht ein Teil unseres nicht endenden Dialogs.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch einmal darauf hinweisen, dass meine Informationen stets unter dem Vorbehalt stehen, dass es mir nach dem Rechtsberatungs-Gesetz nicht erlaubt ist, rechtsverbindliche Aussagen zu treffen oder rechtsberatend tätig zu sein. Deshalb möchte ich Sie bitten, Fragen in diesem Kontext mit Kollegen aus den beratenden Berufen zu besprechen. Mit der Beantwortung sinnvoller politischer Fragen sind Sie natürlich bei mir gut aufgehoben.

Nun zu meiner Antwort auf Ihre Frage, die zugegebenermaßen etwas kompliziert und steuertechnisch anmutet, weil Ihre Frage nicht immer von korrekten Prämissen ausgeht:

Aufwendungen für die Betreuung von Kindern betreffen vorrangig die private Lebensführung. Eltern kommen damit ihrer durch Artikel 6 Abs. 2 Grundgesetz auferlegten Pflicht nach, wonach die Pflege und Erziehung der Kinder „zuvörderst“ die Pflicht der Eltern ist. Mit der gewählten Betreuung treffen sie somit auch eine grundlegende Entscheidung über die Erziehung der Kinder.

Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 muss der Betreuungsbedarf eines Kindes – unabhängig von der Art der Betreuung und von konkreten Aufwendungen – steuerlich verschont werden. Dieser Vorgabe wird durch den – zusätzlich zum Kinderfreibetrag zu berücksichtigenden – Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung (§ 32 Abs. 6 Einkommensteuergesetz - EStG) entsprochen.

Es gibt also zwei Elemente, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 umzusetzen:

1. Kinderfreibetrag
2. Freibetrag für Betreuung und Erziehung oder Ausbildung

Darüber hinaus ist die steuermindernde Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten in weiteren Fällen möglich. Bitte schauen Sie hierzu das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26. April 2006 an, sowie das Anwendungsschreiben zur steuerlichen Berücksichtigung von Kinderbetreuungskosten vom 19. Januar 2007 – abgedruckt im Bundessteuerblatt 2007 Teil I Seite 184.

Betreuung wird danach definiert als „behütende oder beaufsichtigende Betreuung, d.h. die persönliche Fürsorge für das Kind muss der Dienstleistung erkennbar zugrunde liegen“. Diese Voraussetzung ist z.B. – entgegen Ihrer Aussage – bei einer Hausaufgabenbetreuung erfüllt: die Aufwendungen sind somit grundsätzlich bei den Kinderbetreuungskosten zu berücksichtigen – nicht dagegen bei Aufwendungen für Nachhilfeunterricht.

Der Ausschluss von Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie sportliche und andere Freizeitbetätigungen ist nicht erst durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung erfolgt, sondern bereits Bestandteil der bis einschließlich 1999 geltenden Vorschrift des § 33c EStG gewesen; dies gilt auch für die in den Jahren 2002 bis 2005 geltende Fassung des § 33c EStG. In der Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Steuerbereinigungsgesetzes 1985, durch das § 33c EStG erstmalig eingeführt wurde, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass entsprechende Aufwendungen typischerweise keinen zusätzlichen zwangsläufigen Betreuungsaufwand darstellen, der wegen einer Erwerbstätigkeit erwächst, und deshalb von der einkommensteuerlichen Berücksichtigung ausgeschlossen werden.

Bei Ihrer Frage, warum Kosten für Privatschulen teilweise steuerlich absetzbar sind, ist zu bedenken, dass der begrenzte Sonderausgabenabzug von Schulgeld nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG einem anderen Zweck dient, nämlich der indirekten Förderung bestimmter staatlich genehmigter bzw. erlaubter oder anerkannter Schulen.

Ich hoffe, dass ich alle Ihre offenen Fragen mit diesen Informationen beantworten konnte, wünsche ich Ihnen angenehme Feiertage und einen guten Start ins neue Jahr.

Mit freundlichem Gruß, Lothar Binding