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Lothar Binding
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Frage von David M. •

Frage an Lothar Binding von David M. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Binding,

heute habe ich vom geplanten Paintball-Verbot gelesen. Ich selbst spiele dieses Spiel gar nicht, jedoch halte ich es für einen Willkürakt, dieses zu verbieten. Natürlich ist das Spiel ein völlig harmloser Spaß - wenn erwachsene Menschen sich gerne mit Farbe beschießen wollen, dann sollen sie doch. Den Staat geht das nichts an.

Es geht hier meiner Ansicht nach offensichtlich nur darum, das Nichtstun in der Folge des Amoklaufes von Winnenden zu maskieren.

Mich würden Ihre Meinung dazu sowie Ihr Abstimmungsverhalten interessieren.

Vielleicht könnten Sie mir auch erklären, was zum Teufel Herr Wiefelspütz damit meint, wenn er Paintball als "sittenwidrig" bezeichnet. Nach meinem bisherigen Verständnis kann nur ein Rechtsgeschäft zwischen Parteien sittenwidrig sein, nicht eine Handlung einer Person.

Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen,
David Moss

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Moss,

vielen Dank für Ihre Fragen. Eine abschließende Meinung zu dem von Ihnen angesprochenen „geplanten Paintball-Verbot“ habe ich noch nicht.

Gegenwärtig bin ich sehr stark mit Fragen und Antworten im Zusammenhang mit der Finanz- und Wirtschaftskrise befasst. Dabei ist etwa wichtig zu klären, ob Unternehmen, Manager, Aufsichtsräte und auch der familiengeführte Mittelstand in guten Zeiten – als hohe Gewinne erzielt, hohe Dividenden ausgeschüttet und Luxusinvestitionen getätigt wurden – Rücklagen bildeten um ihre Innenfinanzierung zu verstärken, um nun in der Krise genügend Reserven zu haben um Kurzarbeit und Entlassungen zu vermeiden. Alle anderen rufen nun nach dem Staat, dessen Regulierungen und Steuereinnahmen bis vor wenigen Monaten noch verteufelt wurden.

Ich kümmere mich auch darum das unendliche Leid, das viele Menschen erwartet, zu vermindern, hoffentlich zu verhindern. Herz-Kreislauf-Probleme, Lungenkrebs, Zungenkrebs, Hautkrebs, Raucherbein und so weiter sind schreckliche Krankheiten, die fast immer in Folge des Rauchens von Tabak bzw. Zigaretten bei Menschen auftreten, die der hinterhältigen Werbung der Zigarettenindustrie auf den Leim gehen. Leider gilt dies auch in erschreckend hohem Maß für das Passivrauchen. Statistisch ist Rauchen ist auch ein Zeichen von Armut und schlechter Bildung. Zähne und Haut der Raucher und Raucherinnen sprechen ihre eigene Sprache. Und ausgerechnet die Schwächsten in unserer Gesellschaft bezahlen den größten Teil der über 20 Milliarden Euro, der von ganz wenigen Tabakkonzernen eingestrichen wird. Tabaksteuern betragen 14 Milliarden, die gesellschaftliche Kosten des Rauchens betragen ca. 40 Milliarden Euro.

Diese beiden Themen nenne ich stellvertretend um anzudeuten, warum ich mit der Frage „Paintball-Verbot“ noch nicht befasst habe.

Auf Ihre Unterstellung „Es geht hier meiner Ansicht nach offensichtlich nur darum, das Nichtstun in der Folge des Amoklaufes von Winnenden zu maskieren.“ möchte ich nicht eingehen.

Ich habe am 6. April 2009 an das Bundesministerium des Inneren, Herrn Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble folgenden Brief geschrieben:

Verschärfung des Waffenrechts

Sehr geehrter Herr Minister,

bei der gesellschaftlichen und politischen Aufarbeitung des Amoklaufes von Winnenden prüfen wir derzeit auch gesetzgeberische Möglichkeiten, eine Wiederholung solch trauriger Ereignisse zu verhindern – oder zumindest ihre Wahrscheinlichkeit zu verringern. Angesichts dieser Überlegungen möchte ich mit diesem Schreiben auf einen Aspekt hinweisen, der in der öffentlichen Debatte und in der Gesetzgebung nicht ausreichend gewürdigt wird. In diesem Brief nehme ich die Ergebnisse eines fachlichen Austauschs mit zwei Staatsanwälten und vielen besorgten Bürgerinnen und Bürgern auf.

Strengere Vorgaben im Waffenrecht und eine sorgfältigere Kontrolle ihrer Anwendung bieten nach meiner Einschätzung einen sinnvollen, zügig umsetzbaren und erfolgversprechenden Ansatzpunkt, um die Verfügbarkeit tödlicher Schusswaffen einzuschränken und somit die Gefahr von Amokläufen wirksam zu verringern. Denn während die Erlaubnis zum Führen einer Waffe mittels Waffenschein tatsächlich nur restriktiv erteilt wird, unterliegt die Erlaubnis zum Besitz von Munition und Waffen, die sog. Waffenbesitzkarte, in der Praxis kaum Beschränkungen. Mehrere Gründe scheinen hier maßgeblich zu sein:

• Das Gesetz sieht praktisch jedes Interesse am Besitz einer Schusswaffe als legitim an: So dürfen bei uns nicht nur Jäger (§ 13 WaffG) und Sportschützen (§ 14 WaffG) Schusswaffen besitzen. Auch Waffensammlern (§ 17 WaffG) werden Waffenbesitzkarten erteilt; das Gesetz bezeichnet das Sammeln von Waffen und Munition in § 8 WaffG ausdrücklich als „besonders anzuerkennendes persönliches Interesse“.

• Darüber hinaus schränkt das Gesetz die Anzahl der Schusswaffen, die eine Person besitzen darf, nicht wirksam ein. Gerade bei Waffensammlern führt dies zu einer teilweise sehr hohen Anzahl an Waffen. Es ist daher keine Seltenheit, dass einzelne Personen eine hohe zweistellige oder sogar dreistellige Anzahl an Schusswaffen völlig legal bei sich zuhause lagern. Auch bei Jägern und Sportschützen stellt sich die Frage, wie viele Waffen sie eigentlich benötigen. Der Frage nach der Zahl der Schusswaffen kommt zentrale Bedeutung zu: Je mehr Waffen im Umlauf sind, desto höher ist die Gefahr, dass Unbefugte darauf Zugriff nehmen – vermutlich ohne Erlaubnis oder vielleicht sogar Kenntnis des Waffenbesitzers. Außerdem wird die Übersichtlichkeit über den Waffenbestand mit zunehmender Zahl vermindert.

• Die Verbreitung für den Krieg bestimmter, großkalibriger Waffen, mit denen man in schneller Folge feuern kann, hat auch mit der angeblichen Verwendung dieser Waffen für den Schießsport zu tun. Dazu zählen auch Waffen, wie sie bei den Amokläufen in Winnenden und Erfurt benutzt wurden. Eine sinnvolle und notwendige Beschränkung der Sportschützen auf weniger tödliche Kleinkaliberwaffen besteht bislang nicht.

• Die Anwendung des bestehenden Waffenrechts sowie die Kontrolle der Waffen und ihrer Besitzer werden in der Praxis häufig nicht mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und dem erforderlichen Verantwortungsbewusstsein durchgeführt. Die mit dem Vollzug des Gesetzes betrauten Personen – etwa die Verantwortlichen in den Schützenvereinen oder die Sachbearbeiter in den Waffenbehörden, die die Waffenbesitzkarten ausstellen – weisen oftmals selbst eine hohe Neigung zum Besitz und Gebrauch von Schusswaffen auf. Dabei gibt es natürlich viele Menschen mit sehr hohem Verantwortungsbewusstsein – Pauschalurteile sind auch hier nicht angemessen – aber offensichtlich ist die Anzahl schwarzer Schafe zu hoch.

Ich bitte das Bundesministerium um eine Stellungnahme zu diesen Überlegungen und eine Einschätzung zur Notwendigkeit einer gesetzgeberischen Verschärfung des Waffenrechts.

Mit freundlichem Gruß, Ihr Lothar Binding

Ihre Frage an meinen Kollegen Wiefelspütz bitte ich Sie an Dr. Dieter Wiefelspütz zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen, Ihr Lothar Binding