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Frage von Klaus Z. •

Frage an Kurt Beck von Klaus Z. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Beck,

mit Interesse habe ich diese Woche die Redebeiträge Ihrer Parteifreunde Oppermann, Dr. Wiefelspütz und Ihres Parteivorsitzenden Gabriel in der Debatte des Deutschen Bundestages zum "Fall" zu Guttenberg, teils auch in Talk-Shows und anderen Medien verfolgt, die mit hohem moralischen Anspruch vorgetragen wurden.
Da wir nun in RLP kurz vor der Landtagswahl stehen, frage ich Sie - wenn Sie denn als Demokrat den endgültigen, höchstrichterlichen Spruch in der Causa Bamberger akzeptieren, wissend, dass Ihr Justizminister in Kenntnis der Rechtslage aus 2005 die fragwürdige Ernennung vorgenommen und also vorsätzlich gehandelt hat - ob Sie nicht doch noch mal in sich gehen und Herrn Bamberger vor der Wahl entlassen.
Ansonsten erwarten Sie, dass die WählerInnen einer Partei die Stimme geben sollen, deren Ministerpräsident samt Kabinett und Landtagsfraktion einem durch Verfassungs- und Rechtsbruch belasteten Justizminister zujubelt - das wäre mit Verlaub eine ganz dicke Kröte!

Mit freundlichen Grüßen

Klaus Ziegenberg

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Ziegenberg,

vielen Dank für Ihre Frage!
Aufgrund des Wechsels des damaligen OLG-Präsidenten Heinz Georg Bamberger in das Amt des Ministers der Justiz war die Stelle des Präsidenten des Oberlandesgerichts im Mai 2006 frei geworden. Im Juni 2007 konnte sie mit dem damaligen Präsidenten des Landessozialgerichts, Ralf Bartz, besetzt werden. Gegen diese Entscheidung klagte ein Mitbewerber. Sowohl das Verwaltungsgericht als auch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bestätigten die Auswahlentscheidung des Justizministeriums, zunächst im beantragten Eilverfahren, später auch im Hauptsacheverfahren. Der Mitbewerber legte Beschwerde im Eilverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ein. Dies hatte nach damaliger herrschender Rechtsauffassung keine aufschiebende Wirkung, das heißt, die Urkunde konnte an den ausgewählten Herrn Bartz vergeben werden.
Im November 2010 hat das Bundesverwaltungsgericht nun die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben. Das Gericht begründet sein Urteil im Wesentlichen damit, dass nicht nur eine Entscheidung des Verwaltungs- und des Oberverwaltungsgerichts, sondern auch die Bundesverfassungsgerichts im Eilverfahren abgewartet werden muss, bevor die Ernennungsurkunde ausgehändigt werden kann. Damit hat das Bundesverwaltungsgericht in beamten- und richterrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten eine neue vollwertige dritte Instanz im Eilverfahren geschaffen, die es bisher nicht gab. Das Gericht ist damit von seiner bisherigen Rechtsprechung abgewichen. Dies wird im Urteil auch mehrmals zum Ausdruck gebracht.
Diese Entwicklung war natürlich nicht vorhersehbar. Noch in seinem Urteil vom August 2003 hatte das Bundesverwaltungsgericht die genau gegenteilige Rechtsauffassung vertreten. An diese damals geltende Rechtsprechung hat sich das Justizministerium bei der Übergabe der Ernennungsurkunde an den ausgewählten Bewerber gehalten. Dies war im Übrigen ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sowie gängige Verwaltungspraxis – nicht nur in Rheinland-Pfalz.
Es ist ein normaler Vorgang, dass Rechtsfragen von einem höchsten Gericht anders bewertet werden als von einer Verwaltung. Es ist ja gerade Aufgabe der Gerichte, Entscheidungen zu bestätigen oder zu verwerfen. Auch in anderen Bundesländern ist dies in Personalentscheidungen bereits der Fall gewesen. Nur wird dort nicht der Rücktritt eines Ministers gefordert.
Der Vorwurf, Justizminister Heinz Georg Bamberger habe vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt, ist völlig haltlos. Das folgt bereits daraus, dass das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Koblenz die Besetzungsentscheidung im Eil- und im Hauptsacheverfahren bestätigt haben.
Selbstverständlich wäre im Juni 2007 die Ernennungsurkunde zum Präsidenten des Oberlandesgerichts Koblenz nicht ausgehändigt worden, wenn bereits damals die neue Rechtsprechung bestanden hätte. Es wird nun ein neues Auswahlverfahren unter Beachtung der neuen Rechtslage durchgeführt. Es ist durch Ausschreibung der Stelle im aktuellen Justizblatt eingeleitet. Ich bin davon überzeugt, dass das Amt des Präsidenten des Oberlandesgerichts am Ende des Verfahrens wiederum mit einem tadellos arbeitenden Juristen besetzt werden wird, so wie auch Herr Bartz in der Zeit seiner Amtsführung die Geschäfte ausgeübt hat.

Mit freundlichen Grüßen
Kurt Beck