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Konstantin von Notz
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Nina B. •

Warum ist Englisch nicht 2. Amtssprache in Deutschland?

Sehr geehrter Herr von Notz! Das Erlernen der Deutschen Sprache wird kaum geschätzt. Es gibt nicht wenige Menschen in Deutschland, die noch nicht mal bemerken, dass diese Anstrengung von Migranten geleistet werden muss. Jetzt wird behauptet, der Deutsche Pass würde verramscht. Wenn das eh so gesagt wird, warum macht man die Anstrengung dann noch, hier die Deutsche Sprache so zu betonen und für die Einbürgerung zu fordern? Es macht uns auch unbeliebter z. B. bei indischen Fachkräften, dass man in Deutschland Deutsch lernen muss, um die Staatsbürgerschaft zu bekommen. Denn viele nutzen eh ausschließlich Englisch auf der Arbeit. Ich quäle auch nicht freiwillig andere Leute mit dem Dativ. Wären Sie dafür, dass Englisch 2. Amtssprache wird? Und dass später Englisch ausreicht für die Einbürgerung? Würde es nicht auch gegen rechte Hetze helfen, wenn es mehr Arbeitsplätze in Englisch für Migranten gäbe? Weil dann weniger Migranten arbeitslos wären? Mit freundlichem Gruß, Nina B.

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Sehr geehrte Frau B.

haben Sie besten Dank für Ihre erneute Frage. Sie haben mir zu diesem Themenkomplex nun schon mehrfach recht ähnliche Fragen gestellt, so dass ich zunächst auf meine bisherigen Antworten zu diesem Thema verweisen möchte. Ansonsten beziehen Sie sich hier offenbar auf einen Vorschlag, die im politischen Raum vor allem von der FDP immer mal wieder vorgetragen wird.

Die Forderung ist Teil eines Zehn-Punkte-Programms zur Erleichterung der Fachkräfte-Zuwanderung. Englisch soll demnach als weitere Verwaltungssprache etabliert werden, um Behördengänge für Migrantinnen und Migranten zu erleichtern und die Zuwanderung von Fachkräften zu befördern.

Der Städte- und Gemeindebund wies den Vorstoß zurück und verwies darauf, dass die Umsetzung Jahre dauern und zu zusätzlicher Bürokratie führen würde. Auch Integrations-Expertinnen wie Ulrike Wieland von der Bertelsmann-Stiftung zeigten sich angesichts des Vorstoßes skeptisch. Die eigentliche Herausforderung sei ja, dass die bisherige, weitgehend nur deutschsprachige Behördenpraxis dem Leben in einer Einwanderungsgesellschaft noch nicht angemessen gerecht werde, so die Expertin gegenüber der Presse. Ihr erscheine fraglich, dass die Einführung von Englisch als zweiter Behördensprache schnell und zielführend Abhilfe schaffen würde. Zwar seien mehr Englischkenntnisse beim Personal der Verwaltungen ein guter Ansatz, gleichzeitig sollten aber auch andere Sprachen vertreten sein. So könne das Beherrschen einer zweiten Sprache öfter ein Kriterium bei Stellenausschreibungen sein.

Auch Expertinnen und Experten des Bundeszuwanderungs- und Integrationsrat (BZI) verwiesen darauf, dass, sollte Englisch als zweite Amtssprache eingeführt werden, u.a. alle Justizangehörige „gerichtsfest“ Englisch sprechen können müssen. Vielmehr sei es sinnvoller, dass der Staat auf bestimmten Gebieten vermehrt Dolmetscherkosten übernehmen und dadurch einer größeren Gruppe in der Bevölkerung helfen würde, die der deutschen Sprache nicht mächtig sei.

Auch der Deutsche Beamtenbund zeigt sich skeptisch und verwies darauf, dass aufgrund der veränderten Schul- und Ausbildung die Vermittlung von Englischkenntnissen mittlerweile durchaus gelebte Praxis sei. Auch andere Sprachen seien sehr gefragt, so dass „ein pauschales Englisch-Gebot“ nicht weiterhelfe.

Meine geschätzte Kollegin Misbah Khan hat den Vorstoß der FDP wie folgt kommentiert: „Die dringend benötigte Arbeitskräfte-Einwanderung erreichen wir nicht durch zusätzliche Amtssprachen. Nachhaltig erfolgreiche Migration liegt in der Praxis häufig in qualitativ hochwertiger Betreuung und Beratung von Migrantinnen und Migranten sowohl in den Herkunftsländern als auch im Inland. Darauf müssen wir uns konzentrieren.“

Der Meinung meiner Kollegin möchte ich mich anschließen und gleichzeitig darauf verweisen, dass wir in der vergangenen Sitzungswoche eine sehr umfassende Reform zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts verabschiedet haben, die für die Gewinnung von Fachkräften einen ganz wesentlichen Beitrag leisten wird. Zahlreiche weiterführende Informationen finden Sie hier: https://www.gruene-bundestag.de/themen/integration-migration-flucht/dein-land-dein-pass.

Mit besten Grüßen nach Berlin!
Konstantin v. Notz

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