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Karl-Georg Wellmann
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Frage von Fritz E. •

Frage an Karl-Georg Wellmann von Fritz E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Wellmann

gerade lese ich wieder über den Sicherheitsrat. Es werden Pläne und Resolutionen bzgl. des Kaukasuskonflikt diskutiert. Hierbei fragte ich mich erneut: Ist diese Institution noch wirklich nützlich? Damit meine ich nicht, dass es diesen Rat überhaupt gibt. Die UNO mit allen ihren Institutionen sind eine gute und sicher sogar notwendige Einrichtung. Aber was die Ausgestaltung des Sicherheitsrates anbelangt, so habe ich doch Zweifel. Passen die Vetorechte von USA und Russland noch unsere Zeit? Es scheint mir ein Überbleibsel aus dem Kalten Krieg zu sein, der in meinen Augen manchmal in "Kindergarten" auszuarten droht: Resolutionen der anderen Partei werden nicht zugelassen, wenn Sie einem nicht passen. Man muss nicht überall zustimmen, aber ein einfaches Vetorecht behindert doch jegliche vernünftige Diskussion. Im Kalten Krieg mag dies ja vielleicht noch gut gewesen sein, damit sich die beiden vielleicht nicht zu viel streiten. Aber heutzutage?
Sehen Sie eine Möglichkeit (oder überhaupt die Notwendigkeit?) zumindest die Vetorechte im Sicherheitsrat abzuschaffen? Müsste vielleicht sogar eine neue UNO gegründet werden, um den Veränderungen zu entsprechen?
Zum Prozedere: Wie würde denn eine Umgestaltung der Satzung der UN vonstatten gehen? Reicht da eine einfache Mehrheit der Generalversammlung?
Vielen Dank für Ihre Antwort

Fritz Ebert

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Ebert,

die Vereinten Nationen (VN) haben eine Schlüsselrolle, wenn es gilt, den Frieden zu wahren und weltweite Zukunftsaufgaben zu lösen. Die Reform des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen bleibt ein Kernanliegen der Bundesregierung. Eine Reform der VN ohne eine Anpassung des Rates an die geopolitischen Realitäten des 21. Jahrhundert bliebe unvollständig. Solange wesentliche Regionen und Beitragsleister zum System der Vereinten Nationen nicht adäquat vertreten sind, läuft der Sicherheitsrat Gefahr, an Legitimität und Autorität zu verlieren.

Der Sicherheitsrat der VN ist das zentrale Organ der Internationalen Staatengemeinschaft für Friedenssicherung und Konfliktmanagement. Er fasst Beschlüsse (Resolutionen), die – anders als die der Generalversammlung – für alle Mitgliedstaaten bindend sind. Er verfügt damit über weit gehende Befugnisse und kann ggf. auch in die Souveränität der Staaten eingreifen, z.B. durch die Verhängung von Sanktionen. Es ist wichtig und richtig, dass der Sicherheitsrat über diese Vollmachten verfügt. Aber damit seine Resolutionen von allen Staaten respektiert und befolgt werden, muss er über die notwendige Autorität und Legitimität verfügen. Dies setzt voraus, dass er repräsentativ ist. Der Sicherheitsrat reflektiert in seiner derzeitigen Zusammensetzung aber immer noch die geopolitischen Verhältnisse von 1945. Hieran hat im Kern auch die Erweiterung von 1963/65 nichts geändert. Der Rat ist in seiner jetzigen Zusammensetzung nicht mehr repräsentativ für eine Welt, in der seit 1945 141 Staaten zusätzlich in die Vereinten Nationen aufgenommen wurden.

Eine Reform des Sicherheitsrats erfordert eine Änderung der Charta der Vereinten Nationen. Das Verfahren hierfür regelt Artikel 108 der VN-Charta, der ein zwei Stufen vorsieht:
1. Die Generalversammlung, in der alle 192 Mitgliedstaaten je eine Stimme haben, muss die Reform mit Zweidrittelmehrheit der Mitgliedstaaten (also mindestens 128 Staaten) beschließen.
2. Die Charta der Vereinten Nationen, die ein völkerrechtlicher Vertrag ist, kann daraufhin geändert werden. Diese Änderung muss dann gemäß den national vorgesehenen Verfahren durch mindestens Zweidrittel der Mitgliedstaaten, einschließlich der fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats ratifiziert werden. Dies hat bei der bisher einzigen Erweiterung des Sicherheitsrats 1963 etwa anderthalb Jahre gedauert. Entscheidend bei diesem Schritt ist: Auch alle ständigen Mitglieder müssen ratifizieren.

Inzwischen hat eine Open-Ended Working Group“ (OEWG) die Arbeit aufgenommen, um die Modalitäten für künftige zwischenstaatliche Verhandlungen zur Reform der Vereinten Nationen und des Sicherheitsrates zu diskutieren. Vor diesem Hintergrund wird aber auch deutlich, dass sich eine Umgestaltung der Vereinten Nationen insgesamt sehr schwierig gestaltet. Die Bundesregierung ist aber weiter bestrebt, eine zukunftsgerechte Reform der VN zum Erfolg zu führen.

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Georg Wellmann, MdB