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Karl A. Lamers
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Frage von Raphael M. •

Frage an Karl A. Lamers von Raphael M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Lamers,

Sie plädierten kürzlich dafür, die Beitrittsbestrebungen von Georgien zur NATO voranzutreiben - wie auf der Hauptseite des Bundestages nachzulesen ist. Ganz davon abgesehen, dass Georgien mit einer "nordatlantischen Allianz" nun nichts am Hut hat. Wörtlich sagten Sie "Es wäre ein falsches Signal gewesen, wenn wir aus Rücksicht auf Russland die Einladung des georgischen Parlaments nicht angenommen hätten."

Eine immer weitere Ost-Ausdehnung der NATO ist ein Affront gegenüber Russland, das wird Ihnen sehr bewusst sein. Weiter erzeugen Sie Stimmung durch eine einseitige Darstellung, indem Sie von Truppenbewegungen an der Ost-Grenze der NATO nennen, aber mit keinem Wort auf die vorrangegangenen NATO-Truppenbewegungen 2017 in den Baltikum eingehen - wohl gemerkt auch mit US-Sepzialeinheiten.

Wieso spielen Sie so bewusst mit einer militärischen Zuspitzung mit Russland, während jeglicher diplomatischer Spielraum zu Russland völlig außer Acht lassen? Wieso spielt Rücksicht auf die Atomstreitmacht Russland in Ihren politischen Erwägungen keine Rolle?
Ist Ihnen denn Frieden wirklich so wenig wert?

Mit freundlichen Grüßen
Raphael Müller

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Müller,

vielen Dank für Ihre Fragen zur Beziehung zwischen der NATO und Russland, zur NATO-Osterweiterung sowie auch zu Georgien.

Aufgrund der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland 2014 und der Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine ist das Verhältnis zwischen der NATO und Russland angespannt. Die NATO ist jedoch stets zum Dialog mit Moskau bereit. So hat jüngst in der vergangenen Woche der Nato-Russland-Rat wieder getagt. Die Allianz verfolgt gegenüber Russland einen doppelten Ansatz aus Dialogbereitschaft und glaubwürdiger Verteidigung.

Die Sorgen der NATO-Mitglieder im Osten des Bündnisgebietes sind aufgrund der russischen Aufrüstung und zahlreicher militärischen Übungen in der Nachbarschaft der Ostgrenze des Bündnisses mehr als verständlich. Vertrauensbildende Maßnahmen blieben dagegen von russischer Seite aus. Die von Ihnen geschilderte zeitliche Abfolge der Ereignisse ist so nicht korrekt. Erst als Reaktion auf das vorangegangene aggressive Verhalten Russlands in den vergangenen Jahren - seit der Annexion der Krim - hat die NATO auf ihren Gipfeln in Wales 2014 und Warschau 2016 beschlossen, ihre Präsenz in einigen Staaten zu erhöhen und schließlich jeweils ein multinationales Bataillon nach Polen sowie in die drei baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland zu verlegen. Damit hat das Verteidigungsbündnis Russland klar signalisiert, dass die NATO-Mitgliedsstaaten zusammenstehen und jeder Staat im Bündnisfall für den anderen eintritt.

Ferner muss jeder Staat selbst entscheiden können, ob er in ein Bündnis eintreten will oder nicht. In der KSZE-Schlussakte von Helsinki vom 01. August 1975, die zahlreiche Vertreter von Staaten des West- und Ostblocks - so auch die Sowjetunion - unterschrieben haben, ist festgelegt worden, dass alle souveränen Staaten das Recht haben, ihre Bündniszugehörigkeit frei zu wählen.

Grundsätzlich ist die NATO offen für neue Mitgliedsstaaten. Grundvoraussetzung hierfür ist stets natürlich der Beitrittswille eines jeden Staates – das bedeutet im Klartext, dass wir Staaten nicht von uns aus bitten, der Allianz beizutreten, sondern sie an unsere Tür klopfen.

So hat auch Georgien den Wunsch geäußert, Mitglied in der Nordatlantischen Allianz zu werden. Beim Nato-Gipfel in Bukarest 2008 wurde dem Land eine grundsätzliche Beitrittszusage gegeben, allerdings ohne einen konkreten Zeitplan festzulegen. Zum jetzigen Zeitpunkt sollten wir uns aber auf die bereits vorhandenen Instrumente konzentrieren und diese ausbauen. Das vom damaligen Bundesaußenminister Steinmeier initiierte „Substantielle NATO-Georgien-Paket“ bietet dem Land die Möglichkeit der weiteren Heranführung an die Allianz. Dabei geht es um eine Intensivierung des Dialogs und der praktischen Zusammenarbeit.

Die Behauptung, man habe im Rahmen der Zwei-Plus-Vier Verhandlungen der Sowjetunion zugesichert, dass sich das Bündnis nicht nach Osten ausdehne, ist nicht richtig. Eine solche Zusage gab es nie, das wurde von den damals Anwesenden längst widerlegt – so im Übrigen auch vom früheren sowjetischen Staatspräsident Michail Gorbatschow am 8. November 2014 in Berlin.

Trotzdem wissen wir natürlich, dass wir den Dialog mit Russland gerade auch hinsichtlich der Ostukraine und Syrien brauchen, um nachhaltige politische Lösungen zu finden.

Mit freundlichen Grüßen
Prof. h. c. Dr. Karl A. Lamers MdB