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Jörg van Essen
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Frage von Ludger B. •

Frage an Jörg van Essen von Ludger B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr van Essen,

vor lauter aktueller Zeitgeschehnisse wird der EU-Fall durch IRLAND vernachlässigt. Gerade habe ich eine Stellungnahme zum 2. Wahltermin in Irland zur Kenntnis genommen.

Ja, da war doch etwas:

Wenn ich irischer Staatsbürger wäre und man fordert mich erneut auf an einer EU Wahl teilzunehmen bis es dann doch paßt (oder manipuliert paßt), ja dann wäre ich sehr verärgert.

Im Ergebnis frage ich, warum man die Iren nicht für voll nimmt?

Finden Sie es als Demokrat nicht auch ungehörig, einem Volk indirekt zu zeigen, für wie unsouverän es gehalten wird ?

Nachdem die EU/Globalisierung, die Banken, Pleiten usw. immer mehr Negativtrends entwickeln, werden die Iren die EU irgendwann zu hassen beginnen. Ein unehrenhaftes Unterfangen die Wahl zu wiederholen.

Das Volk hat entschieden und NEIN gesagt. Das ist Demokratie.

Wie sehen Sie die Entscheidung ? Ich erweitere die Frage: Wie sieht die Freie Partei Deutschland diese Angelegenheit ?

Mit freundlichen Grüßen, Schüler Ludger Braselmann (Klasse 10 a )

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Braselmann!

Vielen Dank für Ihre Fragen zum Lissabonner Vertrag und dem Referendum in Irland, zu denen ich gerne Stellung nehme. Ich freue mich ganz besonders, wenn Schüler sich so intensiv wie Sie mit politischen Fragen und insbesondere mit der EU beschäftigen.

Lassen Sie mich vorausschicken, dass der Vertrag aus Sicht der FDP-Bundestagsfraktion grundsätzlich sehr zu begrüßen ist. Er bringt die EU durch wichtige institutionelle Neuerungen einen Schritt voran und stellt eine erhebliche Verbesserung gegenüber der derzeit geltenden Rechtslage dar. Die Union wird durch den neuen Vertrag handlungsfähiger, verständlicher und demokratischer. Positiv hervorzuheben sind beispielsweise die gestärkte Rolle des Europäischen Parlaments, die stärkere Beteiligung der nationalen Parlamente an der EU-Gesetzgebung und die neuen Abstimmungsregeln im Rat der EU (´System der doppelten Mehrheit´), durch die Deutschland angemessener repräsentiert wird. Viele weitere positive Punkte ließen sich anführen.

Das bedeutet allerdings nicht, dass die FDP-Bundestagsfraktion dem Vertrag uneingeschränkt positiv gegenüber steht. An einigen Stellen hätten wir uns mehr und besseres gewünscht. Zu oft wurde auch den Sonderwünschen einzelner Staaten nachgegeben. Als Fazit bleibt: Der Lissabonner Vertrag ist ein Fortschritt gegenüber dem Vertrag von Nizza, doch wäre der ursprüngliche Verfassungsvertrag - und zwar durch eine EU-weite Volksabstimmung bestätigt - für Europa besser gewesen. Wenn aber das Beste nicht zu erreichen ist, so ist man gut beraten, das Zweitbeste zu tun. Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag hat dem Vertrag von Lissabon deshalb am 24. April 2008 zugestimmt und ich persönlich auch.

Weil wir den Vertrag von Lissabon für wichtig halten, sind wir selbstverständlich auch der Auffassung, dass alle Anstrengungen unternommen werden müssen, um ihn in Kraft treten zu lassen. Gerade in der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich gezeigt, wie wichtig es ist, dass die EU-Staaten gemeinsam und entschlossen handeln. Mit dem Vertrag von Lissabon wird dies in Zukunft noch besser möglich sein.

Dieser Meinung ist auch die irische Regierung, die allein über die Abhaltung eines erneuten Referendums entscheiden kann. Sie ist zu dem Entschluss gekommen, dass noch in diesem Jahr ein zweites Mal abgestimmt werden soll. Grundlage für diese Entscheidung war eine umfassende Untersuchung, die ergeben hat, dass fehlende Informationen und eine damit verbundene Verunsicherung über das Thema der Abstimmung zum irischen "Nein" geführt haben. Es kommt hinzu, dass nach neueren Umfragen viele irische Bürgerinnen und Bürger vor dem Hintergrund der Finanz- und Wirtschaftskrise, die Irland besonders schwer getroffen hat, der Europäischen Union und dem Vertrag von Lissabon positiver gegenüberstehen. Und natürlich ist festzuhalten, dass auch bei einem zweiten Referendum die letzte Entscheidung beim souveränen irischen Volk liegt.

Mit freundlichen Grüßen

Jörg van Essen, MdB,
Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion