Frage an Horst Meierhofer von Matthias W. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Meierhofer,
Der sogenannte Atom-Geheimvertrag wurde unter http://www.bundesregierung.de/Content/DE/__Anlagen/2010/2010-09-09-foerderfondsvertrag,property=publicationFile.pdf veröffentlicht.
Die Bundesregierung verkennt, dass ihre eigenen Ziele zum Klimaschutz und der Reduktion von C02 um 40% von 1990 bis 2010 auf dem Stromsektor nicht alleine durch eine Laufzeitverlängerung bestehender AKWs erreichbar sind. Hierzu müssten mindestens zehn neue AKWs gebaut werden. Die Bundesregierung ignoriert durch Laufzeitverlängerung von AKWs ihre eigenen Koalitionvertrag von 2009, in welchem festgeschrieben steht, dass die erneuerbaren Energien den Hauptteil der Energieversorung übernehmen sollen.
Hier ensteht der Systemkonflikt "Sonne gegen Uran", der dem Geschäftsmodell der AKW-Betreiber zuwiderläuft. Wie verlogen muss man sein, um jetzt einen Vertrag zur Verlängerung der Laufzeit zu schliessen?
Eine Verlängerung der Laufzeit macht AKWs auch nicht sicherer. Sichere AKWs sind überhaupt ein Mythos. Das ist leicht daran zu erkennen, dass kein Versicherungsunternehmen, das volle Risiko eines GAU oder Super-GAUs versichert. Als Autofahrer benötigen wir eine ausreichende Haftpflichtversicherung. Die Betreiber von AKWs fahren ohne eine derartige Deckung. Was sagen Sie hierzu? Übernehmen Sie die politische Haftung, wenn etwas passiert.
Vergessen ist der GAU in Tschernobyl von 1986, der fast zum Super-Gau geworden wäre, wenn nicht in letzter Minute verhindert werden konnte, dass die Kernschmelze das Grundwasser erreicht. Europa wäre heute unbewohnbar. Vergesssen wird auch der Fast-Gau 2006 im AKW Forsmark (Schweden). Der Reaktor war 22 Minuten ohne jegliche Kontrolle. Haben Sie keine Bedenken?
Lässt sich derartiger und gemeingefährlicher Unsinn nur demokratisch über den Wahlzettel stoppen oder werden Sie sich für den im Koalitionsvertrag von 2009 vereinbarten Atom-Konsens einsetzten?
Mit freundlichen Grüßen
Matthias M. Werner
Sehr geehrter Herr Werner,
das Reduktionsziel von 40 Prozent CO² ist für 2020 vorgesehen. Dieses alleine durch eine Laufzeitverlängerung zu erreichen, ist natürlich nicht möglich. Allerdings hat dies meinem Kenntnisstand zufolge niemand behauptet. Um eine Umstellung auf erneuerbare Energien zu erreichen, sind vielmehr Förderungs - und Umbaumaßnahmen in erheblichen Umfang erforderlich. Gebäudesanierung, Netzausbau, die Entwicklung neuer Speichertechnologien, Umstellung des Verkehrs auf Elektromobilität, Fortentwicklung der CCS Technologie sind Bereiche, die erheblichen Einfluß auf das Erreichen der Klimaschutzziele haben. Zum ersten Mal in der Geschichte wird in derartigem Umfang in all diese Belange investiert werden.
Der von Ihnen angesprochene angebliche Systemkonflikt existiert in dem Maße nicht. Durch den Einspeisevorrang für Erneuerbare ist sichergestellt, dass zuerst alle konventionellen Kraftwerke vom Netz müssen. Zwei bis drei Cent pro kwh mit aufsteigender Tendenz werden momentan bei einem Haushaltsstrompreis von ca. 23 Cent für die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien aufgewendet. Das von uns zu beschließende Förderungsvolumen für Erneuerbare wird nebenbei einen Betrag von mehreren Milliarden Euro betragen. Wenn man in der Abwägung die Belange Preisstabilität und Versorgungssicherheit nicht vollkommen außer Acht lassen will, muss man an irgendeiner Stelle auch die Grenze ziehen!
Die Sicherheitsanforderungen für die Zeit der Laufzeitverlängerung werden schärfer sein als sie jemals waren. Und angesichts der Verstrickung mit dem europäischen Ausland möchte ich Sie auch darauf aufmerksam machen, dass Sie davon ausgehen können, dass die Abschaltung zur jetzigen Zeit nichts anderes zur Folge hätte, als dass dann ausländischer Atomstrom aus im Zweifel deutlich unsichereren Kraftwerken als den hiesigen importiert werden würde. Dies ändert nichts daran, dass wir am Atomausstieg festhalten, nur zu einem anderen als dem bisher vorgesehenen Zeitpunkt.
Mit freundlichen Grüßen
Horst Meierhofer