Portrait von Hermann Scheer
Hermann Scheer
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hermann Scheer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Werner K. •

Frage an Hermann Scheer von Werner K. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Scheer,

die Honigbienen sterben in Baden, Bayern, Sachsen, Schleswig-Holstein - deutschlandweit werden die Bienen schwächer und schwächer. Die Imker haben eine Verbindung zu Pestiziden aufgezeigt, dort vor allem Neonikotinoide.

In Frankreich, Slowenien, Italien und anderen Ländern ist ebenfalls eine direkte Verbindung zu Pestiziden herzustellen.

Die Imker sind sicher, daß die heutigen Zulassungsverfahren nicht mehr zeitgemäß sind und viel zu viele Pestizide freigegeben werden, die augenscheinlich umweltschädlich sind. Es besteht unmittelbare Gefahr für den Naturhaushalt. Die Folgen für die Lebensmittelsicherheit und dem Schutz des Verbrauchers sind noch gar nicht abzusehen. Der Wirkstoff Clothianidin wurde in der Schweiz im Salat aus Italien nachgewiesen.

Meine Frage an Sie - was können Sie für uns tun, um den Schutz der Honigbiene, den Schutz des Naturhaushaltes, Schutz der Lebensmittelsicherheit und den Schutz des Verbrauchers zu verbessern?

Viele Grüße und Danke im voraus,
Werner Kugler

Portrait von Hermann Scheer
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Kugler,

für die Übersendung der Musteranfrage von www.imkerdemo.de darf ich mich bedanken.

Ich halte es generell für angezeigt, den Einsatz von Pestiziden so weit als möglich zu reduzieren. Vorbild ist dabei Dänemark, das praktisch bewiesen hat, dass eine Reduktion um 30 bis 40 Prozent ohne bedenkliche Folgen für die Landwirtschaft möglich ist.

Momentan wird, unter anderem deshalb, auf EU-Ebene, auch im Parlament, über eine Verordnung "über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln" beraten. In einem Anhang dazu, der die Verfahren und Kriterien für die Zulassung von Wirkstoffen regelt, wird der Schutz der Bienen aufgegriffen. Die Formulierung lautet: "Ein Wirkstoff wird nur zugelassen, wenn auf der Grundlage der Auswertung von Tests nach Gemeinschaftsleitlinien oder international vereinbarten Leitlinien und anderen verfügbaren Daten und Informationen, einschließlich einer Übersicht über die wissenschaftliche Literatur, festgestellt wird, dass er für Bienen nicht toxisch ist und einen Schädlingsquotienten (HQ) von unter 50 aufweist.". Die sozialdemokratische Fraktion im Parlament hat dem Verordnungsentwurf in dieser Fassung mit großer Mehrheit zugestimmt. Ich meine ebenfalls, und befinde mich dabei auch in Übereinstimmung mit Imkerverbänden, dass diese Verordnung in die richtige Richtung weist.

Die Bundesregierung geht davon aus, dass alleine dieses Kriterium zusammen mit den Kriterien zur Neurotoxizität zur Reduzierung der Insektizidwirkstoffe (nach Abschluss des Altwirkstoffprogramms) auf weniger als die Hälfte führen kann.

Erwähnt sein auch noch, dass die SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg sich dafür engagiert, dass der Einsatz von Clothianidin sofort gestoppt wird. Darüber hinaus muss selbstverständlich darauf geachtet werden, dass in Zukunft bei Zulassung eines Pestizids die Ausbringungstechnik noch stärker überprüft wird. Beim Bienensterben in der Rheinebene war ja eine geminderte Beizqualität die Ursache, die dann im Zusammenhang mit den von pneumatischen Sämaschinen verursachten Feinstaubwolken ihre fatale Wirkung entfaltet hat. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat deshalb völlig zu Recht angekündigt, sich näher mit der Staubabdrift von pneumatischen Sämaschinen zu befassen und vor diesem Hintergrund eine Neubewertung von Clothianidin vorzunehmen.

Für die Bekämpfung des Maiswurzelbohrers, gegen den Clothianidin ja eingesetzt wurde, eignet sich auch die Einführung von Fruchtfolgen. Da der Schädling nur vom Mais lebt, ist diese Maßnahme höchst effektiv. Große Monokulturen ohne jährlichen Wechsel sind geradezu eine Einladung für die schnelle Ausbreitung gefährlicher Schädlinge. Über mögliche Entschädigungsleistung für die Mais anbauenden Betriebe bei Umstellung auf Fruchtfolgen sollte diskutiert werden.

Neben den Problemen mit Pestiziden sollten selbstverständlich weitere Gefahren für Bienen nicht außer Acht gelassen werden, so beispielsweise die Varroa-Milbe oder die Nosemose (gefährliche Darmkrankheit der Bienen). Beides wird durch das Bienen-Monitoring und letzteres noch zusätzlich durch ein Forschungsprogramm der Bundesregierung in Höhe von 1 Million Euro abgedeckt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hermann Scheer