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Henning Hintze
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Frage von Christel P. •

Frage an Henning Hintze von Christel P. bezüglich Finanzen

Hallo Herr Hintze,

in Ihrem Parteiprogramm fordert die Linke eine Demokratisierung von Wirtschaft und Gesellschaft. Können Sie mir Beispiele nennen, wie so etwas aussehen könnte.

Schöne Grüße aus Neuhausen
Christel Priemer

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehte Frau Priemer,

vielen Dank für Ihre Frage. Sie würde eigentlich eine sehr ausführliche Antwort verlangen, was aber aufgrund der vielen Wahlkampfarbeit im Moment leider nur ansatzweise möglich ist.

Zur Demokratisierung der Wirtschaft gehört für mich u.a., daß der dominierende Einfluß, fast möchte ich sagen, die Herrschaft der Banken über die Politik gebrochen wird. 25 Prozent Rendite, von der unser Oberbanker Josef Ackermann wiederholt gesprochen hat, sind ein deutliches Anzeichen, daß diese Banker den Sinn für Realwitrtschaft verloren haben. Wenn sich Ackermann mal für ein Jahr an ein Opel-Fließband stellen würde, so würde er hinterher - jede Wette - anders reden.

Zur Demokratisierung der Wirtschaft gehört für mich auch, daß Daseinsfürsorge wie z.B. Wasser, Strom, Gesundheit und Bahnverkehr nicht privat betrieben werden sollte. Die Renditeinteressen von Aktionären sind mit den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger letztlich nicht zu vereinbaren. Dafür könnte ich viele Beispiele anführen. Die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken, an der die privaten Betreiber im Gegensatz zur breiten Mehrheit der Bevölkerung interessiert sind, macht das besonders deutlich. Im Bereich der Bahn ist aber ähnlich deutlich zu erkennen, daß die Gewinninteressen von Aktionären sich mit den Interessen der Bevölkerung nicht vereinbaren lassen. Vielleicht erinnern Sie sich noch an die vielen preisgünstigen Interregio-Verbindungen, von denen die Bevölkerung lebhaften Gebrauch machte. Sie wurden komplett abgeschafft! In großer Zahl wurden kleine Bahnhöfe stillgelegt, die Regierung der "Großen Koalition" beschloß das mit Zustimmung der SPD! Viele Menschen wurden gezwungen, aufs Auto - das mit Abstand umweltunfreundlichste Verkehrsmittel - umzusteigen. (Die Problematik wird in dem Dokumentarfilm "Bahn untern Hammer" hervorragend dargestellt, nur leider kommen solche Filme, wie in diesem Falle, nicht mehr ins öffentlich-rechtliche Fernsehen, weil dessen Führungspositionen nahezu ausnahmslos an Personen mit CDU/CSU- oder SPD-Parteibuch vergeben werden.)
Mit Bedauern stelle ich fest, daß die einstmals fortschrittlichen Grünen Forderungen nach einer Demokratisierung offenbar nicht mehr stellen.

Die Demokratisierung der Gesellschaft halte ich für ähnlich dringlich. Demokratie heißt ja eigentlich Herrschaft des Volkes. Wenn nun zwei Drittel der Bevölkerung z. B. für Mindestlöhne, den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und gegen verlängerte Laufzeiten für Atomkraftwerken sind, dann ignoriert die Regierung den Volkswillen, wenn sie das verweigert. (Mindestlöhne gibt nur in einigen Bereichen der Wirtschaft, in sehr vielen nicht.)

Lassen Sie mich bei diesem Stichwort anmerken, daß ich es für den Gipfel der Heuchelei halte, wenn ausgerechnet die FDP, die am entschiedensten gegen Mindestlöhne ist, Wahlkampfplakate mit dem Spruch drucken läßt: Arbeit muß sich wieder lohnen. Die FDP ist die Partei, die Friseurinnen, die unter 4 Euro Stundenlohn bekommen, Mindestlöhne ebenso wie vielen anderen unterbezahlten Berufsgruppen verweigert.

Zur Demokratisierung der Gesellschaft gehört für mich auch, daß Parteien gesetzlich verpfichtet werden müßten, keine Spenden von Banken und Unternehmen mehr anzunehmen. Allein im Juli 2009 hat die CSU - nicht die größere CDU - Bank-und Unternehmenssprenden in Höhe von 784.245,76 Euro bekommen (davon allein 600.000 vom Verband der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie)! Die Summe der Spenden im Juli 2009 an CDU, CSU und FDP belief sich auf 1.460.245,76 Euro! Das gehört abgeschafft, schnellstens! Aber da auch die SPD eine ganze Menge Spenden bekommt, werden wir auf ein solches Gesetzt wohl noch lange warten müssen.

Dies für heute, auch wenn es bei weitem nicht erschöpfend ist.

Mit freundlichen Grüßen
Henning Hintze