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Helmut Blöcker
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Frage von Norbert R. •

Frage an Helmut Blöcker von Norbert R. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Blöcker,

ich habe eine Frage zum Tierschutz. Mir liegt dieses Thema sehr am Herzen, ich selbst bin aus ethischen Gründen den Mitgeschöpfen gegenübr schon lange Vegetarier.

Jetzt habe ich gelesen, dass neben dem SPD-Kanzlerkandidaten Steinmeier auch die GRÜNEN für eine Lockerung des Tierschutzes wären hinsichtlich des betäubungslosen Tötens von Tieren zur Schlachtung für Menschen mit islamischen Hintergrund der Religion wegen.

Link zu der Nachricht der FTD-Zeitung:

- http://www.ftd.de/politik/deutschland/:Sch%E4chten-Tierschutz-vs-Religion/554613.html
und
- http://www.ftd.de/politik/deutschland/:Sch%E4chten-Tierschutz-vs-Religion/554613.html?p=2

Was ist Ihre Meinung dazu? Wie sind die GRÜNEN positioniert?

mfg

Norbert Reindl

Portrait von Helmut Blöcker
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Reindl,

vielen Dank für Ihre Frage, in der Sie das wichtige tierschutzpolitische Thema Schächten zur Sprache bringen.

Die rituelle Schlachtung in Form des Schächtens erfordert eine ausgewogene Lösung, die das Grundrecht auf freie Religionsausübung und das im Grundgesetz verankerte Staatsziel Tierschutz in Einklang bringt. Dabei ist das betäubungslose Schächten in Deutschland zu Recht grundsätzlich verboten. Ausnahmen sind nur mit einer ausdrücklichen behördlichen Genehmigung erlaubt, die an strikte Auflagen geknüpft ist.

Bündnis 90/Die Grünen begrüßen und unterstützen den Beschluss des Bundesrates vom 6. Juli 2007, der klarstellt, dass die Ausnahmegenehmigung an den Nachweis gebunden ist, dass „bei dem Tier vor, während und nach dem Schächtschnitt im Vergleich zu dem Schlachten mit (…) Betäubung keine zusätzlichen erheblichen Schmerzen oder Leiden auftreten.“

Darüber hinaus treten wir Grünen weiterhin für das Verfahren der Kurzzeitbetäubung durch elektrischen Strom vor dem Schlachten ein. Aus unserer Sicht ist die Elektrokurzzeitbetäubung ein tragfähiger Ausgleich zwischen Religionsfreiheit und Tierschutz. Denn es ermöglicht das für die Schächtung charakteristische Ausbluten, erspart den durch die Betäubung bewusstlosen Tieren aber Leiden und Schmerzen.

Tierschutzrechtliche Probleme beim Schlachten ergeben sich im Übrigen nicht nur beim betäubungslosen Schächten. Auch bei anderen Schlachtverfahren kommt es immer wieder zu Komplikationen, etwa durch eine ungenügende oder fehlerhaft vorgenommene Betäubung. Im Interesse des Tierschutzes sind alle diese Schlachtverfahren immer wieder kritisch zu prüfen und zu verbessern.

Es muss das Ziel der gesamten Gesellschaft und aller Religionsgemeinschaften sein, mehr für den Schutz der Tiere zu tun. Die im Tierschutzgesetz genannte Verpflichtung, Tiere vor vermeidbaren Leiden und Schmerzen zu schützen, betrifft uns alle.

Sie sehen, dass die Situation sich doch etwas komplexer darstellt, als es unter dem Link der Financial Times Deutschland den Anschein hat. Es ist eben sehr schwierig, zwei (wenn man so will) konkurrierende Elemente des Grundgesetzes (Tierschutz und Religionsfreiheit) allseits akzeptabel in die Praxis umzusetzen. Leider hat es bis heute die schwarz-rote Koalition immer noch nicht geschafft, eine gemeinsame Position zu dem oben erwähnten Impuls des Bundesrates zu entwickeln.

Ich selbst bin übrigens über den Tierschutz zu den Grünen gekommen.

Beste Grüße, Dr. Helmut Blöcker.