Frage an Helga Kühn-Mengel von Marcus R.
Hallo Frau Kühne-Mengel,
meine einzige Frage zu Ihrem Abstimmungsverhalten: Wie werden wie jemals wieder ohne UNO-Mandat gegen einen anderen Krieg oder Okkupations-Versuch von Seiten derer, die wir danach als Gegner von Demokratie etc. beschimpfen, argumentieren können?
Gruß aus Wesseling
Marcus Rosell
Sehr geehrter Herr Rosell,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu meinem Abstimmungsverhalten zum Einsatz deutscher Streitkräfte gegen den IS in Syrien. Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen erst jetzt antworte. Aber die Verspätung ist leider den vielen Terminen und Sitzungswochen vor Weihnachten geschuldet. Ich bitte daher um Ihr Verständnis.
Nun aber zu meiner Antwort:
Die Abstimmung zum Syrieneinsatz war für mich, wie für die meisten anderen Kolleginnen und Kollegen, keine einfache Entscheidung. Doch nach Abwägung aller Argumente, nach langen Diskussionen in unserer Fraktion und im Plenum, nach Gesprächen im privaten und politischen Umfeld, habe ich dem Mandat für einen Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur Verhütung und Unterbindung terroristischer Handlungen durch die Terrororganisation ISIS zugestimmt. Diese Zustimmung ist mir nicht leicht gefallen, ich will sie Ihnen gerne ausführlich begründen:
Fast 300.000 Tote und zwölf Millionen Flüchtlinge: Das ist die traurige Bilanz des seit fast fünf Jahren andauernden Bürgerkriegs in Syrien. Syrien als Staat hat in seiner ursprünglichen Form aufgehört zu existieren. Weite Teile des Landes befinden sich unter Kontrolle des sogenannten „Islamischen Staates“, der in seinem Herrschaftsgebiet ein Terrorregime etabliert hat und von dort aus Anschläge in der Region und darüber hinaus organisiert. Die jüngsten Attentate von Ankara, Beirut, Tunis, auf dem Sinai und in Paris ziehen eine Blutspur vom Nahen und Mittleren Osten bis nach Europa.
Die Terroranschläge in Paris galten nicht nur Frankreich, sondern uns allen. Sie richteten sich gegen unsere Werte und unsere Art zu leben. Deshalb ist jetzt auch die Solidarität aller Europäer gefordert. Frankreichs Präsident Hollande hat die Bundesregierung gebeten, sich auch mit militärischen Mitteln zur Unterstützung Frankreichs, des Irak und der internationalen Allianz in ihrem Kampf gegen ISIS zu beteiligen.
Der Deutsche Bundestag hat am 4. Dezember 2015 nach ausführlicher Debatte mit großer Mehrheit dem Antrag der Bundesregierung zugestimmt, militärische Fähigkeiten im Kampf gegen den IS bereitzustellen. Dazu gehören sowohl Aufklärungs- und Luftbetankungsflugzeuge sowie eine Fregatte zum Schutz eines französischen Flugzeugträgers. Das Ziel dieses Mandates ist klar umrissen: Es geht darum, den IS zu bekämpfen, seine Rückzugsräume zu zerstören und zu verhindern, dass er weiterhin in vielen Ländern Angst und Schrecken verbreitet.
Wir dürfen nicht zulassen, dass sich der IS-Terror zu einem „Kampf der Kulturen“ entwickelt. Nach wie vor sind die meisten Opfer von ISIS selber Muslime. Die Anschläge von Paris dürfen nicht dazu instrumentalisiert werden, um hierzulande gegen Flüchtlinge zu hetzen und Muslime auszugrenzen. Im Gegenteil: Unsere Anstrengungen zur Integration insbesondere junger Muslime müssen gesteigert werden, um Parallelgesellschaften und Ghettobildungen zu verhindern. Ebenso müssen sogenannte „Ausländische Kämpfer“ daran gehindert werden, in die Kriegsgebiete ein- und auszureisen. Es ist Aufgabe des Rechtsstaates, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln dagegen anzugehen.
Darum habe ich für den Einsatz der Bundeswehr in Syrien gestimmt. Mit Kollegen und Kollegen meiner Fraktion habe ich bei der Abstimmung eine persönliche Erklärung nach § 31 GO abgegeben.
Diese finden Sie unter folgendem Link: http://dip21.bundestag.de/dip21/btp/18/18144.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Helga Kühn-Mengel, MdB