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Frage von Lutz H. •

Frage an Helga Kühn-Mengel von Lutz H. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Kühn-Mengel,

das BSG-Urteil vom 28.01.1999 – B 3 KR 4/98 R regelt den Anspruch auf sog. 24-stündige Behandlungspflege. Für diesen Anspruch (§ 37, Abs. 2 SGB V) ist die Krankenkasse in vollem Umfang leistungspflichtig.
Tatsächlich wird die die 24-Stundenpflege jedoch immer nur zu einem Teil - so zu 60 bis 75% - übernommen mit der Begründung, ein Teil der benötigten Pflege sei Sache der Pflegeversicherung. Es wird auf das gedeckelte Pflegegeld verwiesen, mit folgender Konsequenz:

a.) Bei "Sozialhilfe"-Bedürftigkeit werden Kosten vom Leistungsträger Krankenkasse auf den Steuerzahler transferiert, der eine originäre Kassenleistung über diesen Weg mitfinanziert.

b.) Besteht Sozialhilfebedürftigkeit nicht, entstehen finanzielle Belastungen des Betroffen zwischen 2000,-- Euro und 9000,-- Euro (monatlich!!).

Dazu 3 Fragen:
1. Wie verträgt sich beschriebener Sachverhalt mit der Idee von der "Krankenversicherung an sich" ?
2. Die Möglichkeit von Angehörigenpflege (ein wesentliches Wahlrecht im Pflegeversicherungsgesetzes) besteht in solchen Fällen nicht. Es besteht ständige Präsenz-Notwendigkeit geschulter Kräfte für SGB V-Pflege.
Paradox: Jede Angehörigenpflege ( "Grundpflege") würde unter den beschriebenen Umständen der "Quotierung" zu einem Anstieg (!) der finanziellen Belastung führen!
Frage: Wie beurteilen Sie den Sachverhalt, dass geltendes Recht (Pflegeversicherungsgesetz) zwar angewendet wird, in Fällen wie dem hier beschriebenen faktisch aber gar nicht wahrgenommen werden kann (z. B. Angehörigenpflege), sondern zum Gegenteil dessen führte, was das Gesetz intendiert?

3. Abschließende Frage:
Wann war die hier geschilderte Problematik Gegenstand von Ausschussberatungen und mit welchem Inhalt und Ergebnis jeweils?

Vielen Dank für eine baldige Antwort

Mit freundlichen Grüßen

Lutz Hingst

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Hingst,

vielen Dank für Ihre Frage vom 11. September 2008. Sie hat die Kostenübernahme der Krankenkassen für die Behandlungspflege, wenn diese mit einem Anspruch auf Grundpflege gegen die Pflegekasse zusammentrifft, zum Gegenstand.

Die Probleme, die für die Betroffenen an der Schnittstelle von häuslicher Krankenpflege nach dem SGB V und Leistungen nach dem SGB XI bestehen, sind mir bereits bekannt. Aufgrund der für die Betroffenen im Einzelfall entstehenden gravierenden finanziellen Belastung wurden mit der Gesundheitsreform 2007 in diesem Punkt gesetzliche Klarstellungen getroffen.

Insbesondere wurde mit der Regelung des § 37 Absatz 2 Satz 1 SGB V klargestellt, dass verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen Bestandteil der häuslichen Krankenpflege sind. Diese treten nicht hinter die Pflegeversicherung zurück.

Diese Klarstellung entspricht auch der Systematik des Gesetzes. Die gesetzliche Krankenversicherung ist im Unterschied zur sozialen Pflegeversicherung als umfassende Absicherung im Krankheitsfall konzipiert. Diese umfassende Absicherung darf nur in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen durch hinzutretende Ansprüche anderer Leistungsträger verkürzt werden.

Tritt neben einen Anspruch auf 24stündige Behandlungspflege der gesetzlichen Krankenversicherung ein notwendig auf den gleichen Zeitraum gerichteter Anspruch auf Grundpflege der Pflegeversicherung, mag es meines Erachtens im Einzelfall sinnvoll und wirtschaftlich sein, die Leistungen der Grund- und der Behandlungspflege durch eine einzige Pflegekraft erbringen zu lassen. Dies kann aber nicht dazu führen, dass Patientinnen und Patienten für die Behandlungspflege – auf die ein umfassender Anspruch nach dem SGB V besteht – ein über die gesetzlichen Zuzahlungen hinausgehender finanzieller Aufwand entsteht.

Da die finanzielle Belastung in einem solchen Fall ganz erheblich ist, habe ich diese Frage bereits aufgegriffen und mich für eine Prüfung des Handlungsbedarfs eingesetzt. Sollte Ihrer Anfrage ein konkreter Fall zugrunde liegen, wäre ich Ihnen deshalb auch für eine Übermittlung dankbar. Konkrete Fälle bieten häufig eine gute Grundlage zur Erörterung eines solchen Problems in den jeweils geeigneten Gremien.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen ein wenig weiterhelfen. Sollten Sie weitere Fragen haben, können Sie mein Team und mich unter der oben genannten Rufnummer erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Helga Kühn-Mengel