Portrait von Heidemarie Wieczorek-Zeul
Heidemarie Wieczorek-Zeul
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Heidemarie Wieczorek-Zeul zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Andreas Z. •

Frage an Heidemarie Wieczorek-Zeul von Andreas Z. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrte Frau Wieczorek-Zeul,

mit der Drucksache 16/12910 wurde ein Gesetzentwurf eingebracht, der bewusst Jungen den Schutz vor Genitalverstümmelung vorenthält.

Körperverletzungen an Mädchen erhielten so einen eigenen Straftatbestand, Körperverletzungen an Jungen, bei denen dieselbe Argumentation greifen würde, würden ignoriert. Ich bin der Meinung, dass Menschenrechte unteilbar bleiben sollten. Sind Sie derselben Meinung?

Oder soll durch Beschneidung Jungen hier einmal mehr Gewalterfahrung als ganz normaler Teil ihrer männlichen Initiation zugemutet werden?

Ich möchte hier nur an die Beschneidungstoten in Südafrika erinnern, deren Anzahl in dieser Saison zwischenzeitlich die 40er Marke überschritten hat ( http://www.pretorianews.co.za/?fSectionId=665&fArticleId=nw20090709130611446C898779 ).

Es geht mir bei dieser Frage nicht darum, den Mädchen den Schutz der körperlichen Unversehrtheit abzusprechen. Ich bin nur der Meinung, dass Jungen das selbe Recht zugestanden werden sollte (Ich erinnere in diesem Zusammenhang an Art. 3 (3) GG).

Freundliche Grüße

Andreas Zoll

Portrait von Heidemarie Wieczorek-Zeul
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Zoll,

vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordneten Watch. Ich begrüße den Gesetzesentwurf zur weiblichen Genitalverstümmelung, denn der Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung braucht eine informierte Öffentlichkeit und eine Lobby. Die Initiative ist ein wichtiges Zeichen, wenn man bedenkt, dass schätzungsweise 20.000 Betroffene in Deutschland leben und weitere 4.000 bis 5.000 Mädchen und Frauen von Genitalverstümmelung bedroht sind.

Es ist mir wichtig zu betonen, dass weibliche Genitalverstümmelung und männliche Beschneidung nicht gleichgesetzt werden können, auch wenn der Begriff „Beschneidung“ für beide Praktiken genutzt wird. Weibliche Genitalverstümmelung dient innerhalb der ungleichen Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen der Kontrolle weiblicher Sexualität und damit der Frauen selbst. Auch stellt die weibliche Genitalverstümmelung einen sehr gravierenden Eingriff in die körperliche Unversehrtheit dar und hat lebenslange Folgen für die sexuelle Selbstbestimmtheit und Gesundheit von Frauen und ihrer Kinder bei Schwangerschaft und Geburt.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass die weibliche Genitalverstümmelung als Körperverletzung in Deutschland bereits jetzt strafbar ist; und auch die Beihilfe durch Eltern oder Verwandte. Beschnittene Männer und Jungen, die diesen Eingriff als körperliche Misshandlung empfinden, können in Deutschland ebenfalls Anzeige wegen Körperverletzung erstatten – das entsprechende Gesetz spricht ganz neutral von Personen. Den Betroffenen muss in solchen Fällen Hilfe zu Teil werden.

Mit freundlichen Grüßen

Ihre
Heidemarie Wieczorek-Zeul