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Harald Leibrecht
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Frage von Thomas K. •

Frage an Harald Leibrecht von Thomas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Leibrecht,

am 21.3.2013 hat der Bundestag die Passwort-Herausgabe neu geregelt, indem das Telekommunikationsgesetz geändert wurde.

Innerhalb dieser Regelung sind folgende Daten betroffen:
- Zu welchem Kunden gehört eine bestimmte Telefonnummer?
- Welchem Kunden war zu einem bestimmten Zeitpunkt eine dynamische IP-Adresse zugeordnet?
- Wie lauten die Passwörter und Sperrcodes wie z.B. PIN eines Nutzers?

Ist Ihnen bewusst, das mit dieser Regelung das Privatrecht und das Vertraulichkeitsrecht eingeschränkt wird? Damit könnten meine Passwörter bereits aufgrund einer Ordnungswidrigkeit abgefragt werden und es ist überhaupt keine Kontrolle darüber mehr möglich.
Bisher galt, nur der Anwender und das Telekommunikationsunternehmen kennen die Passwörter. Wie soll das in Zukunft denn funktionieren?
Wer garantiert den Bürgerinnen und Bürgern, dass mit den Daten kein Missbrauch betrieben wird?

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auch auf den Artikel von Richard Gutjahr (Mitarbeiter der Chefredaktion des Bayerischen Fernsehens) verweisen:
http://gutjahr.biz/2013/04/bestandsdatenauskunft/?utm_source=rss&utm_medium=rss&utm_campaign=bestandsdatenauskunft

Wie sehen Sie diese zunehmende Flut von Überwachungsmaßnahmen? Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Kramer,

im März 2013 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Regelung der Bestandsdatenauskunft. Dieses war notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die damals geltende rot-grüne Regelung für verfassungswidrig erklärt hatte.

Gegenstand des Gesetzes sind einmal eine Änderung des Telekommunikationsgesetzes (§ 113 TKG) und zum anderen verschiedene Änderungen in den Sicherheitsgesetzen, auf Grundlage derer Behörden auf Bestandsdaten zugreifen können (Bedarfsträgergesetze). Nach dem damals geltenden Recht war der Zugriff auf Bestandsdaten von einfachen Bestandsdaten über IP-Adressen bis zu Zugangssicherungsdaten ohne Richtervorbehalt und ohne Benachrichtigungspflichten sowie ohne Eingrenzung auf bestimmte Sicherheitsbehörden erlaubt.

Es ist wichtig zu verstehen, dass zwischen einfachen Bestandsdatenauskünften (wem gehört die Telefonnummer), Auskünften zur Zuordnung einer dynamischen IP-Adresse (wem war die IP zu einem bestimmten Zeitpunkt zugeordnet) und der Abfrage von Zugangssicherungsdaten (was ist die PIN, PUK oder das Passwort) unterschieden wird. Verkehrsdaten sind nicht Gegenstand des Gesetzentwurfs, d.h. die in Rede stehenden Daten geben keine Auskunft darüber, wer mit wem telefoniert oder gemailt hat oder wer sich mit seinem Handy wo aufgehalten oder welche Internetseiten jemand besucht hat. Es geht allein um Bestandsdaten, also Daten zur Zuordnung von Telekommunikationskennungen zu einer bestimmten Person.

Die Verankerung des Richtervorbehalts ist ein großer Gewinn für den Rechtsstaat. Das Bundesverfassungsgericht hat keinen Richtervorbehalt für die Abfrage von Bestandsdaten verlangt. Allein für die Abfrage von Zugangssicherungsdaten hat das Bundesverfassungsgericht verlangt, dass bei der Abfrage im konkreten Einzelfall bereits die Voraussetzungen der Nutzung - etwa zum Zwecke einer Beschlagnahme oder Durchsuchung - vorliegen müssen und mithin die für die jeweilige Nutzung in den einschlägigen Sicherheitsgesetzen vorgegebenen Voraussetzungen materieller und prozessualer Natur vorliegen müssen.

Richter sind Recht und Gesetz verpflichtet. Ein Richtervorbehalt ist selbstverständlich eine hohe Hürde. Das betont oft genug auch das Bundesverfassungsgericht, wenn auch nicht für die Bestandsdatenauskunft, wo das Gericht sie nicht für erforderlich hielt. Dennoch hat der Deutsche Bundestag sie eingeführt, als zusätzliche rechtsstaatliche Sicherung.

Entscheidend ist, dass in der Sicherheitsgesetzgebung schon die materiellen Hürden hoch genug sind, damit nicht überbordend viele Anfragen auf richterliche Genehmigung gestellt werden können. Mit dem vorliegenden Gesetz sind die Hürden so festgelegt, dass ein Anfangsverdacht oder eine konkrete Gefahr vorliegen müssen und zudem die Voraussetzungen der Nutzung bereits erfüllt sein müssen, wenn auf besondere Arten von Bestandsdaten zugegriffen wird. Damit ist sichergestellt, dass der im Rechtsstaat für alle Behörden selbstverständlich ohnehin geltende Grundsatz, dass Grundrechtseingriffe nicht willkürlich geschehen dürfen, auch verfahrensmäßig abgesichert ist.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.

Mit freundlichen Grüßen

Harald Leibrecht, MdB