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Frage von Stefan L. •

Frage an Günter Gloser von Stefan L. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Gloser,

das Flugverbot über dem Zentrum von Berlin ist doch ein typischer, völlig populistischer und sinnloser Akt. Er impliziert die merkwürdige Vorstellung, dass ein Terrorist sich durch ein unsichtbares Verbotsschild abschrecken lässt. Als könnte man durch Halteverbote vor Banken in den Innenstädten Banküberfälle verhindern?

Ich bin seit mehr als sieben Jahren Inhaber eines gültigen Pilotenscheins. Nun versendet die Erlaubnisbehörde Aufforderungen bis zu einem festgesetzten Termin eine Zuverlässigkeitsüberprüfung nach §7 Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG) zu beantragen, sonst wird die Lizenz widerrufen. Ich bin doch recht erstaunt darüber, was mittlerweile in unserem Land alles möglich ist. Neben dem Abschaffen des Bankgeheimnisses, die den Behörden ein ungehindertes Schnüffeln in den Privatkonten der Bürger ermöglicht, der nächste Angriff des Staates auf persönliche Daten unschuldiger Bürger. Resultat der Aufforderung des LBA (Luftfahrt-Bundesamtes) ist, ob ich nach über 7 Jahren Tätigkeit als Privatpilot für dieses Land ein erträgliches Risiko darstelle oder ein potentieller Terrorist bin, der aus dem Verkehr gezogen werden muss.

Im Zuge der Zuverlässigkeitsüberprüfung werden sämtliche Geheimdienste der Welt (auch die alten Stasiakten!) und selbst der Arbeitgeber einbezogen. Als würde sich irgendein Terrorist vorher dieser Untersuchung stellen? Der fliegt nämlich einfach vom Ausland ein oder nimmt einen Lastwagen, der viel mehr Sprengstoff tragen kann als jedes Leichtflugzeug. Alles bewirkt nur den gläsernen Bürger und eine Menge unsinniger Bürokratie und die Stasi wäre stolz darauf gewesen, hätte sie schon diese Möglichkeiten gehabt. Auch eine künftige radikale Regierung findet solche "Notstandgesetze" bereits vor! Eine schreckliche Vorstellung, dass wir vielleicht denen schon jetzt in die Hand arbeiten!

Mit denselben Argumenten kann auch jeder Führerscheinbesitzer "durchleuchtet" werden und auch jeder Rucksackträger und dies ist sogar noch besser begründbar, da bisher jede Menge Autobomben in den Innenstädten explodiert sind. Es war aber noch niemals ein Pilot darunter!! Die Terroristen des 11. September waren keine Piloten, sondern hatten vorher ein wenig Flugunterricht. Sind Sie der Meinung, dass hier das rechtsstaatliche Prinzip der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist? Sind Sie der Meinung, dass so die Würde des Menschen unangetastet bleibt, wenn solche willkürliche Schnüffelei über die Minderheit der Flieger kommt. Wissen Sie, dass die Piloten dies "freiwillig" unter Androhung von Lizenzverlust beantragen müssen, diese höchst fragwürdige Prozedur sich jährlich unterziehen und auch noch aus eigener Tasche bezahlen dürfen?

Sind unsere führenden Regierungsvertreter inzwischen mehr beeinflusst von psychisch Kranken (Motorseglerpilot über Frankfurt) und Selbstmördern (Absturz neben dem Reichstag), als von normalen Bürgern (Piloten), die nicht mehr gehört werden?

Was ist eine freiheitliche Demokratie noch wert, wenn sie so mit ihren Minderheiten umgeht?

Freiheit und Demokratie und Menschenwürde, werden sie dadurch geschützt,
dass man sie schleichend abschafft?

Das Bundesverfassungsgericht hat vor ganz kurzer Zeit, eine solche
Telefonspionage ohne jeden Verdacht als nicht verfassungskonform bezeichnet.

Es gibt aktuell keinerlei Grenze zum Ausspionieren durch jede unkontrollierte Bürokratenwillkür.

Was werden Sie, als unser künftiger Abgeordneter, dagegen tun?

Wie stehen Sie zu dieser Entwicklung im Orwellschen Sinne?

Können Sie mir als mein Wahlkandidat diese Fragen befriedigend beantworten?

Vielen Dank!

Mit freundlichen Grüßen
Stefan Lein

Portrait von Günter Gloser
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Lein,

ich danke Ihnen für Ihre Frage zur Zuverlässigkeitsüberprüfung von Pilotenscheinen. Ich halte diese Überprüfung für verhältnismäßig und kann Ihre Behauptung, es handele sich dabei um „willkürliche Schnüffelei“, nicht teilen.

Wir alle wissen, dass hundertprozentiger Schutz gegen terroristische Akte nicht möglich ist. Dennoch sind die Zuverlässigkeitsüberprüfungen eine wichtige präventive Komponente im Kampf gegen den Terrorismus.

Deutschland kann natürlich keine Schutzmaßnahmen für den Luftraum in ausländischen Staaten anordnen. Somit werden ausländische Piloten durch das Luftsicherheitsgesetz auch nicht erfasst. Die Tatsache, dass bestimmte Schutzmaßnahmen nicht weltweit praktiziert werden, ist aber kein Grund, in Deutschland von genau solchen Schutzmaßnahmen abzusehen.

Das Gefährdungspotenzial durch Kleinflugzeuge ist übrigens nicht geringer als durch Fahrzeuge. Nach Auffassung der deutschen Sicherheitsbehörden sind genügend Szenarien vorstellbar, in denen durch Nutzung eines Kleinflugzeugs als Tatwaffe massive Schäden angerichtet werden können, z. B. wenn dieses mit Sprengstoff oder anderen Explosivstoffen beladen wird. Mit ausschlaggebend für die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf alle Piloten ist auch das Bedrohungspotential aufgrund der Mobilität des Flugzeuges: Schon von relativ kleinen Flugzeugen kann eine erhebliche Gefährdung für Personen insbesondere in solchen Sicherheitsbereichen ausgehen, die gegen Angriffe vom Boden aus ausreichend geschützt sind.

Es gibt auch einen Fall, in dem ein aktiver Luftsportler im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten aufgefallen ist: So hat 2002 in Brandenburg ein türkischer Staatsbürger unter Angabe einer falschen Identität eine Pilotenlizenz erworben. Die Person ist zwischenzeitlich wegen gewerbsmäßiger Steuerhinterziehung (Goldschmuggel) zu fünf Jahren Haft verurteilt worden und mutmaßliches Mitglied einer Tätergruppierung um den Tunesier G., der im Frühling 2003 in Berlin verhaftet wurde, weil er mehrere Anschläge gegen jüdische und amerikanische Einrichtungen geplant haben soll.

Die Zuverlässigkeitsüberprüfung gilt ausnahmslos für das gesamte fliegende Personal der Luftfahrtunternehmen und alle Beschäftigte auf unseren Verkehrsflughäfen bis hin zur Reinigungskraft, ohne dass daran bisher Kritik geübt wurde. Ich kann nicht erkennen, dass die Ausdehnung der Zuverlässigkeitsüberprüfung auf Privatpiloten unverhältnismäßig ist oder dass dadurch Privatpiloten gegenüber anderen Personen, die bislang schon überprüft wurden, benachteiligt werden.

Die Zuverlässigkeitsüberprüfung sieht ein abgestuftes Prüfverfahren vor. Nach § 7 Absatz 3 Nr. 2 des Luftsicherheitsgesetzes darf die Luftsicherheitsbehörde Anfragen bei den Polizei- und den Verfassungsschutzbehörden der Länder stellen. Bei den weiteren Sicherheitsbehörden wie z. B. dem Bundeskriminalamt, dem Zollkriminalamt, dem Militärischen Abschirmdienst oder dem Bundesnachrichtendienst darf nur angefragt werden, soweit dies im Einzelfall erforderlich ist. Diese Erforderlichkeit unterliegt auch der gerichtlichen Überprüfung. Insofern ist weder unsere freiheitliche Demokratie in Gefahr noch droht diesem Land unkontrollierte Bürokratenwillkür.

Mit freundlichen Grüßen
Günter Gloser