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Gerald Häfner
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Frage von Thomas G. •

Frage an Gerald Häfner von Thomas G. bezüglich Verbraucherschutz

Guten Tag, Herr Häfner,

kürzlich wurde im Deutschen Bundestag das neue Gendiagnostikgesetz verabschiedet, das auch "selbstbestimmte" Vaterschaftstests regelt.
Heimliche Vaterschaftstests sollen mit einer Strafe von bis zu 5000 Euro belegt werden. Bei heimlichen Tests ohne familiären Hintergrund erhöht sich das Bußgeld auf bis zu 50 000 Euro.

http://www.welt.de/die-welt/article3620114/Erstmals-gelten-verbindliche-Regeln-fuer-Gentests.html

In der Sendung "37 Grad" vom Januar 2009:

"Experten schätzen, dass in Deutschland jährlich rund 70.000 "Kuckuckskinder" geboren werden - etwa zehn Prozent aller Neugeborenen."

http://www.3sat.de/dynamic/sitegen/bin/sitegen.php?tab=2&source=/specials/130102/index.html

Frauen steht das Recht auf Abtreibung zu und wird in Anspruch genommen. Im Jahr 2008 wurden lt. Stat. Bundesamt 114.500 Abtreibungen vorgenommen, meist in Bezug und Anspruchnahme der sozialen Indikation - ohne rechtl. Folgen für die betroffenen Frauen und dem Argument, eine Schwangerschaft berühre zentrale Aspekte ihrer Identität.

Vor diesem Hintergrund möchte ich Sie fragen, ob eine Vaterschaft - ggf. auch ledigl. die "soziale" - nicht ebenso die männliche Identität zentral berührt, auch in Hinblick auf die entstehende langjährige finanzielle Verantwortung. Ein Gentest liefert lediglich ein Ergebnis mit dem Ziel der persönlichen Sicherheit eines eventuell zu Recht Zweifelnden. Warum sollten sich Männer unbegründet zu einem solchen Schritt entschliessen, wenn sie sich in einer intakten Partnerschaft befinden?
Befürchten die Verantwortlichen Ihrer Meinung nach hier Missbrauch und welches Männerbild läge so einer Vermutung zugrunde?
Wie hoch schätzen Sie ggf. die Bereitschaft einer Frau zu einem Einverständnis ein, wenn an einer Klärung aus subjektiven Gründen gar nicht gelegen sein kann?
Inwiefern beschränkt das neue Gesetz Ihrer Meinung nach das informelle Selbstbestimmungsrecht von Männern?

Sehen Sie hier die Verhältnismässigkeit gewahrt?

Vielen Dank und freundliche Grüsse

Portrait von Gerald Häfner
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Göbel,

bitte verzeihen Sie meine späte Antwort. Wegen eines erst jetzt behobenen schweren Defektes meines Rechners kam ich vorübergehend nicht an die bei mir eingegangenen und abgespeicherten Mails.

Nun zu Ihrer Frage:

ein Kind hat Anrecht auf Mutter und Vater. Und es hat das Recht, seine Eltern zu kennen.

Und Eltern haben, so jedenfalls sehe ich das, ebenfalls ein Recht auf Wahrheit. Wenn und wo Zweifel bestehen, muß es die Möglichkeit der Klärung geben. Nötigenfalls durch entsprechende Untersuchung.

Nach meiner Auffassung sind Mutter wie Vater zu gleichen Teilen für ein gemeinsam gezeugtes Kind verantwortlich.
Natürlich lassen sich die Dinge in der Freiheit der Menschen anders regeln. Ein Kind kann einen sozialen Vater haben - und dieser kann für das Kind weit bedeutsamer sein, als der möglicherweise ferne oder desinteressierte biologische Vater. Aber zur Freiheit für adäquate individuelle Gestaltungen gehört m.E. auch das Recht auf Wahrheit.

Nach meiner Auffassung sollte kein Elternteil dauerhaft und wirksam die Klärung der Elternschaft verhindern können. Wenn Zweifel bestehen, muß es die Möglichkeit der Klärung geben. Wo immer möglich sollten solche Klärungen - schon um Schaden vom Kind abhalten zu können und die möglichen Folgen eines solchen Ergebnisses durch den primär Erziehungsberechtigten auffangen zu können - einvernehmlich vorgenommen werden. Heimliche Tests sind aus dem eben angedeuteten Grund immer hoch problematisch. Die Einwilligung darf aber bei begründeten Zweifeln m.E. nicht dauerhaft versagt werden. Nötigenfalls muß die Klärung rechtlich erzwungen werden können.

Lassen Sie mich noch ein Wort zum Schluß sagen: Deprimierend viele Väter entziehen sich ihren Unterhalts- und Erziehungspflichten. Das ist kein gutes Zeugnis für unser Geschlecht! Ich würde mir wünschen, dass Männer mit der gleichen Intensität, mit der sie gelegentlich ihr Recht erstreiten, für ihre Pflichten einstehen. Grundsätzlich und immer.

P.S.: Ich bin selbst zweifacher Vater - und zwar im leiblichen wie im sozialen Sinne.

Viele Grüße,

Gerald Häfner