Gabriele Hiller-Ohm
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Frage von Sigvard O. •

Frage an Gabriele Hiller-Ohm von Sigvard O. bezüglich Finanzen

Sehr geehrte Frau Hiller-Ohm,

Zur Zeit geht es hoch her um das Mitbestimmungsrecht des BT bei der Euro- Frage.
Rettungsschirm, Bürgschaften für Griechenland und die anderen "PIIGS" etc.
Meiner Meinung nach verstoßen die bisher getroffenen Maßnahmen (bzw. mitgetragenen europäischen Endscheidungen) der Regierung gegen die EU- Verfassung und auch gegen das GG. Außerdem wird das Recht des BT beschnitten über den Haushalt zu bestimmen. Die jetzige Diskussion, wie der BT bei den ganzen anstehenden Endscheidungen "eingebunden" werden soll, finde ich mehr als bedenklich. Besonders bedenklich, dass überhaupt darüber "gesprochen" werden soll und muss?!

Wie stehen Sie dazu, wie sehen Sie die momentane Situation, dass der der BT faktisch ausgeschlossen wird bei Endscheidungen über hunderte von Millarden, für die wir und kommende Generationen eventuell aufkommen müssen und wie werden Sie stimmen, wenn es um den Rettungsschirm und den sogenannten "europäischen IWF" geht?

Mit freundlichen Grüßen
Sigvard Orts, Lübeck

Gabriele Hiller-Ohm
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Orts,

haben Sie vielen Dank für Ihre Frage. Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechte des Parlaments in seinem Urteil vom 7. September 2011 gestärkt. Ich begrüße dieses Urteil ausdrücklich. Die finanziellen Unterstützungen für Staaten der Euro-Zone, die sich zurzeit in Schwierigkeiten befinden, halte ich dabei für nötig. Dabei handelt es sich ganz klar um haushaltspolitische Fragen, somit um eine ureigene Kompetenz des Deutschen Bundestages hierüber zu entscheiden.

Offen hat das Bundesverfassungsgericht dagegen gelassen, welches Gremium über weitere Finanzhilfen abstimmen soll. Zu diskutieren ist dabei, ob alle Mitglieder des Bundestages darüber abstimmen oder ob das Entscheidungsgremium der Haushaltsausschuss ist. Ich verstehe das Urteil so, dass die Karlsruher Richter den Haushaltsausschuss als Mindestanforderung als Entscheidungsgremium definiert haben.

Eine Exklusivstellung des Haushaltsausschusses kann ich allerdings aus dem Urteil nicht ableiten. Kritisch sehe ich, dass es zu einem Zielkonflikt kommen kann. Sicher kann der Haushaltsausschuss schneller Entscheidungen fällen und Maßnahmen schneller wirksam werden lassen. Andererseits besteht das Problem der wahrscheinlich nicht ausreichenden demokratischen Legitimation. Die wäre durch einen Bundestagsbeschluss gegeben oder unter bestimmten Umständen von einem Sonderausschuss, den der Bundestag installieren kann.

In nächster Zukunft stehen viele Entscheidungen an. Dazu zählen die Umsetzung eines Dauerhaften Rettungsschirmes (ESM) sowie die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Ich wünsche mir eine engere und bessere Abstimmungen zwischen den Staats- und Regierungschefs. Trotzdem müssen sich diese Prozesse auch parlamentarisch widerspiegeln.

Zu ihrer Frage, ob ich für oder gegen einen Rettungsschirm bin, kann ich nicht mit einem einfach „ja“ oder „nein“ antworten. Klar ist aber, dass man Euro-Staaten, die in Schwierigkeiten sind auch aus eigenem Interesse vor einem Ausscheiden aus der Währungsunion bewahren muss.

Wenn Griechenland zum Beispiel den Euro abschaffen und wieder die Drachme einführen würde, würde diese Währung wahrscheinlich sofort abgewertet. Das würde deutsche Exporte nach Griechenland unattraktiver machen. Darüber hinaus ist es viel weniger wahrscheinlich, dass Griechenland seine Euroschulden begleichen könnte. Zudem würde es in Griechenland zuvor wahrscheinlich zu einem „Banken-Run“ kommen – das heißt, Geld von griechischen Banken abheben und im Ausland anlegen. Damit würde das griechische Bankensystem völlig zusammenbrechen – mit unvorhersehbaren Folgen.

Darüber hinaus befürchte ich einen Domino-Effekt. Finanzmarkt-Zocker könnten dann andere Staaten ins Visier nehmen – wie zum Beispiel die von Ihnen angesprochenen Länder Portugal, Italien, Irland oder Spanien.

Das würde den Euro in seinen Grundfesten erschüttern. Der Euro ist für Deutschland unter anderem ein wichtiger Garant für gute Exportgeschäfte – rund 40 Prozent der deutschen Exporte gehen in die Euro-Zone.

Klar muss sein, dass wir wirksame Mechanismen im Euro-Raum brauchen, damit solche Spekulationen gegen einzelne Euro-Staaten keine Chance mehr haben. Eine mögliche Variante sind die so genannten Euro-Bonds. Eine umfangreiche Sammlung von Fragen und Antworten zu dem Thema finden Sie unter http://www.spd.de/aktuelles/Eurobonds/16620/eurobonds_togglebox.html

Ebenso die Weiterentwicklung in das Bluebonds-Konzept halte ich für diskussionswürdig. Hier empfehle ich ein Diskussionspapier der Friedrich-Ebert-Stiftung, das Sie unter folgendem Link finden: http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa/08209.pdf

Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Hiller-Ohm