Frauke Heiligenstadt
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Frage von Paul M. •

Ist Ihnen bewusst, dass die Argumente von Olaf Scholz bzgl. der Nicht-Lieferung des Taurus widerlegt sind?

1) Bislang hat die Ukraine die gelieferten westl. Waffensysteme nie gegen völkerrechtl. anerkanntes russ. Staatsgebiet eingesetzt, auch nicht die Storm Shadow.
2) Es besteht keine Notwendigkeit von Bundeswehr-Soldaten in der Ukraine.
3) Deutschland wird nicht formal zur Kriegspartei, in dem es dem angegriffenen Land Waffen liefert. Das ist durch das Völkerrecht gedeckt.
4) Es ist keine Eskalation, wenn man der Ukraine Waffensysteme in der Art liefert, die Russland schon lange gegen sie einsetzt.
5) Der Taurus ist für die Zerstörung der russ. Logistik, z. B. der Flugplätze, Eisenbahnlinien oder Brücken zwingend erforderlich. Die Ukraine fordert den Taurus daher seit Langem.
Quellen:
https://www.nzz.ch/international/taurus-und-das-voelkerrecht-ab-wann-ist-ein-staat-kriegspartei-ld.1820877
https://www.n-tv.de/politik/Scholz-Taurus-Aussagen-bekommen-heftigen-Gegenwind-article24764747.html

Frauke Heiligenstadt
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr M.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Im Kern der Debatte um eine mögliche Taurus-Lieferung geht es nicht darum, ob Argumente wahr oder falsch sind, sondern um Abwägungen, die zwangsläufig auch zu anderen Ergebnissen führen können. Ich kann die Forderung nach einer Lieferung nachvollziehen, aber ich kann genauso nachvollziehen, warum der Bundeskanzler, der am Ende alleinig die Verantwortung trägt, zu einem anderen Entschluss kommt.

Der Bundeskanzler betont allerdings, dass dies keine grundsätzliche Ablehnung ist, sondern für den Moment gelte und immer abhängig von der Entwicklung des Krieges ist. Da es für beide Seiten gute Argumente gibt, hoffe ich, dass diese Debatte zukünftig ohne die Herabwürdigung abweichender Meinungen vollzogen wird.

Dennoch möchte ich ein paar Argumente erwähnen, die gegen eine momentane Lieferung sprechen.

Die Bundeswehr muss weiterhin ihrer Verantwortung der Bündnis- und Landesverteidigung nachkommen können. Dafür bedarf es ausreichend Material. Ein weiterer wesentlicher Grund ist es, die Kontrolle über die Zielführung der Marschflugkörper zu behalten. Alternativ ist sehr wohl die Beteiligung deutscher Soldaten nötig, wenn auch außerhalb der Ukraine. Die Lieferung einer Waffe macht Deutschland nicht zur Kriegspartei, wie der Kanzler bereits betonte. Anders sieht es aber möglicherweise aus, wenn deutsche Soldaten am Einsatz beteiligt sind. Auch ist der Taurus eine Waffe mit Eskalationspotenzial – denn es gibt keine Garantie, dass die Ukraine in einer existenziellen Notlage nicht doch das System zu einem anderen Zweck einsetzt als vereinbart. Aus diesem Grund sind britische Soldaten bei der Programmierung von Storm Shadow notwendig. In Deutschland würde dafür allerdings ein Mandat des Bundestages notwendig.

Für mich ist klar, dass wir die Ukraine weiter bei ihrer Verteidigung unterstützen müssen. Bei der Waffenhilfe liegt Deutschland weiterhin auf Platz Zwei nach den USA und vor Frankreich und Großbritannien. Kein anderes Land hat so viele ukrainische Flüchtlinge aufgenommen und versorgt sie so großzügig und kaum ein anderes Land wurde so stark von der Aussetzung russischer Gaslieferung getroffen wie Deutschland. Ich stimme den Aussagen unseres Verteidigungsministers zu, dass die Unterstützung der Ukraine auf anderen Feldern wichtiger ist, beispielsweise die Bereiche der Luftverteidigung und Artilleriemunition sind für die Ukraine existentiell.

Deshalb begrüße ich die verschiedenen Unterstützungspakete der letzten Wochen ausdrücklich.

Für weitere Fragen oder Rückmeldungen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Frauke Heiligenstadt

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