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Franz-Josef Jung
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Frage von Tommy P. •

Frage an Franz-Josef Jung von Tommy P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Sehr geehrter Herr Dr. Jung,

wieso sind Studenten erst vor erreichen nach 1/3 der Regelstudienzeit vor der Einberufung zum Wehrdienst geschützt?

Ich bin derzeit am Ende des ersten Semesters und werde vorraussichtlich zum 01.10.2008 eingezogen.
Derzeit habe ich nur die Befürchtung, dass ich praktisch das erste Semester nochmal absolvieren muss, damit ich eine reele Chance habe, dass 2 Semester zu bewältigen, wenn ich jetzt ein Jahr Pause mache.
Ich habe ja kein Problem damit, zur Bundeswehr zu gehen, ganz im Gegenteil, nur ist der Zeitpunkt derzeit sehr ungünstig gelegen.
Woran, meiner Meinung nach, die Verwaltung des Kreiswehrersatzamtes nicht ganz unschuldig ist. Gemustert wurde ich im Jahr 2003 und habe seitdem nicht mehr von der Bundeswehr gehört. Und dies geschah auch nicht, als ich mit meinem Schulabschluss fertig war. Nun plötzlich diese Einberufung.
Nun ist es mir ja möglich, einen Antrag auf Aufschiebung zu stellen. Nur ist dort der willkür des Mitarbeiters beim Kreiswehrersatzamtes keine Grenze gesetzt, da man ja auch einen Studenten bis zur Vollendung von 1/3 der Regelstudienzeit einziehen kann.

Wieso ist dies so vom Gesetzgeber geregelt?

Mit freundlichen Grüßen Tommy Prinz

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Prinz,

es ist unbestritten, dass die Ableistung des Wehrdienstes mit persönlichen und beruflichen Einschnitten verbunden ist. Der Gesetzgeber hat deshalb eine Reihe von Regelungen zur Vermeidung oder Milderung dieser Härten geschaffen. Die Zielrichtung des Wehrpflichtgesetzes ist allerdings nicht darauf ausgerichtet, jede Form der Ausbildung bis zum Erreichen des letztlich angestrebten Berufszieles zu schützen. Dafür ist das heutige System von Aus- und Fortbildungen inzwischen auch zu komplex geworden. Eine Ausbildung, die vor Absolvierung des Grundwehrdienstes abgeschlossen werden kann, muss regelmäßig zeitlich überschaubar sein.

Bei Wehrpflichtigen, die zu studieren beabsichtigen, ist dies in der Regel die dem Studium vorangehende Schulausbildung. Der nachfolgende Hochschulbesuch ist nur dann durch die Möglichkeit einer Zurückstellung vom Wehrdienst geschützt, wenn zum vorgesehenen Einberufungstermin bereits das dritte Semester erreicht ist.

Damit wird einerseits dem Gedanken Rechnung getragen, dass sich die wehrdienstbedingte Unterbrechung eines Studiums während des ersten oder zweiten Semesters nicht so schwerwiegend auf die Gesamtausbildung auswirkt, wie dies zu einem späteren Zeitpunkt der Fall wäre. Dabei wird nicht verkannt, dass auch bei einer frühen Einberufung aus dem Studium heraus ein Teil des Ausbildungsstoffs wiederholt und aufgearbeitet werden muss oder dass sich die Wiederaufnahme des Studiums zeitlich verzögern kann. Andererseits soll der Wehrdienst nach dem Willen des Gesetzgebers möglichst in jungen Jahren abgeleistet werden. Da ein Studium im Regelfall erheblich länger andauert als eine vom Wehrpflichtgesetz weitergehend geschützte Berufsausbildung, würden viele studierende Wehrpflichtige überdies - sofern sie von Anfang an für die Dauer ihres Studiums vom Wehrdienst zurückgestellt werden müssten - im Verlaufe dieses Studiums die für eine Einberufung zum Grundwehrdienst maßgebliche Altersgrenze überschreiten und wären im Anschluss nicht mehr einberufbar.

Die Kreiswehrersatzämter sind daher bemüht, Wehrpflichtige mit Studienabsichten möglichst zum Juli oder Oktober des Schulabschlussjahres zur Ableistung des Grundwehrdienstes einzuberufen.

In modernen Streitkräften, die sich auch an Auslandseinsätzen beteiligen, sind die Anforderungen an die eingesetzten Soldaten allerdings so vielfältig geworden, dass die verfügbaren Wehrpflichtigen den zu besetzenden Stellen nicht mehr so relativ einfach zugeordnet werden können, wie dies früher der Fall war. Es ist daher nicht zu vermeiden, dass in Einzelfällen für einen Wehrpflichtigen zu einem von ihm bevorzugten Einberufungstermin keine Wehrpflichtstelle zur Verfügung steht. Deshalb wird allen Wehrpflichtigen bei der Musterung geraten, ihre persönlichen Planungen im eigenen Interesse unabhängig von einer möglichen Einberufung weiter zu verfolgen und sich z.B. um eine Berufsausbildung, einen Studienplatz oder eine Anstellung zu bemühen. In diesem Zusammenhang werden sie auch über die gesetzlichen Voraussetzungen einer Zurückstellung aus Studiengründen informiert. Im Übrigen sind die Hochschulen verpflichtet, Nachteile im Zusammenhang mit der Ableistung des Wehrdienstes auszugleichen. Einem Studierenden darf aus der Erfüllung von Dienstpflichten nach Artikel 12 a Grundgesetz, zu denen auch der Wehrdienst gehört, kein Nachteil entstehen.

Sollten Sie sich derzeit bereits im 1. Studiensemester befinden, hätten Sie zu dem von Ihnen erwähnten Einberufungstermin 1. Oktober 2008 das dritte Studiensemester erreicht und wären damit nach § 12 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3b Wehrpflichtgesetz *_auf einen Antrag beim zuständigen Kreiswehrersatzamt hin_* bis zum Ende Ihres Studiums vom Wehrdienst zurückzustellen.

Ich versichere Ihnen, dass sich die Mitarbeiter des Amtes sowohl bei der Umsetzung dieser Vorschrift als auch bei den übrigen zu treffenden Entscheidungen an den ihnen vorgegebenen Ausführungsbestimmungen orientieren und keinesfalls „willkürlich“ agieren.

Sollte die weitere Bearbeitung Ihrer Wehrpflichtangelegenheit Anlass zu einer erneuten Eingabe an das Bundesministerium der Verteidigung geben, bitte ich Sie, dabei Ihre Personenkennziffer zu nennen, um mir Nachforschungen zu Ihrem konkreten Fall zu ermöglichen, was diesmal nur anhand Ihres Namens ohne eine Adresse nicht möglich war.

Mit freundlichem Gruß
Dr. Franz Josef Jung