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Frage von Markus D. •

Frage an Frank Tempel von Markus D. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Tempel!

In den letzten Tagen wurde im Bezug auf die Neufassung des Gesetzes zur Sicherungsverwahrung von Abgeordneten der Union diskutiert, ob die Namen und Wohnorte von Sexualstraftäter öffentlich gemacht werden sollen. Wie stehen Sie zu dieser Frage?

Mit freundlichen Grüßen

Markus Ditz

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DIE LINKE

Sehr geehrter Markus Ditz,

leider hat die Bundesregierung ihre Hausaufgaben nicht gemacht und sich AUF das seit längeren absehbare Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 12. Dezember 2009 nicht vorbereitet. Aufgrund des EGMR Urteils müssen ca. 70 bis 80 Verwahrte aus der Haft entlassen werden, obwohl sie noch als gefährlich eingeschätzt werden. Dabei handelt es sich um Verurteilte aus allen Deliktgruppen von Körperverletzungsdelikten, über Sexualdelikten bis zu Betrugs- und Diebstahlsdelikten.

Laut Strafverfolgungsstatistik erfolgten im Jahr 2006 Anordnungen der Sicherungsverwahrung aus dem Bereich der Sexualdelikte zu 35,8 %. Die bekannten Studien zur Rückfallwahrscheinlichkeit von aus der Sicherungsverwahrung entlassenen Gefangenen kommen zum Ergebnis, dass diese bei 10 Prozent liegt.

Erst jetzt, zum Ende Sommerpause haben sich die Regierungsfraktionen zu einer Linie durchgerungen. Die Sicherheitsverwahrung irgendwie in die psychiatrischen Einrichtungen abzuschieben wird aber nicht funktionieren. Es gibt eine klare Rechtssprechung zur dauerhaften Unterbringung in geschlossenen psychiatrischen Einrichtungen. Nur über eine Ausweitung des bisherigen Krankheitsbegriffes könnten formal gesunde Täter in die Einrichtungen überwiesen werden. Diese Ausweitung ist mit dem Grundgesetz aber nicht machbar. Somit verbreitet die Regierung nur Beruhigungspillen. Es ist überhaupt nichts gelöst worden.

Zum Kern Ihrer Frage: Ich lehne die diskutierte Veröffentlichung von Namen und Wohnorten von Sexualstraftätern ab. Dem nachvollziehbaren Wunsch der Nachbarschaft nach Information stehen entgegen:
- der unbedeutende Sicherheitszuwachs, wenn die Personen bekannt wären
- die Gefahr von Selbstjustiz und damit eine noch stärkere Belastung der Polizei, die neben der Überwachung der Person auch noch den Schutz der Person übernehmen müsste
- weiterhin belegen Studien, das erstaunlicherweise die Rückfallquote bei öffentlich bekannt gemachten Tätern höher ist

Fälle in den USA belegen, dass auch Personen mit minderschweren Sexualtaten Opfer von Selbstjustiz wurden, nachdem ihre Daten veröffentlicht wurden. Der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Konrad Freiberg hat es auf den Punkt gebracht: "Es ist unverantwortlich, die berechtigte Beunruhigung der Bevölkerung über Sexualstraftäter, die aus der Sicherungsverwahrung entlassen werden, für Effekthascherei und Populismus zu nutzen. Der Pranger war ein Instrument des Mittelalters und entspricht nicht unseren heutigen rechtsstaatlichen Grundsätzen."

Mit freundlichen Grüßen

Frank Tempel