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Frage von Lothar Andreas W. •

Frage an Frank Kuschel von Lothar Andreas W.

Sehr geehrter Herr Kuschel,

die Abwasserentsorgung wird ebenfalls wieder in der kommenden Legislaturperiode im Focus der Kommunalpolitik stehen.Dazu wird viel Geld im Spiel sein.
Ist es daher sinnvoll, auch die kleineren Landgemeinden prinzipiell an eine Zentral-oder Großkläranlage mit Überlandleitungen anzuschließen?

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Sehr geehrter Herr Weidenbach,

in der Abwasserpolitik ist ein Umsteuern notwendig. Die bisherige einseitige Orientierung auf zentrale Kläranlagen muss ein Ende haben. Zentrale Kläranlagen verursachen gigantische Kosten und ihre ökologische Sinnhaftigkeit ist umstritten.

Bereits jetzt gibt es erhebliche Bewirtschaftungs- und Unterhaltungsprobleme in den Leitungsnetzen dieser zentralen Anlagen.

Die Ursache hierfür ist, dass zu wenig Abwasser anfällt. In den nächsten Jahren wird der Abwasseranfall auf Grund der demografischen Entwicklung weiter sinken (bis 2020 verliert Thüringen weitere 10 % an Einwohnern). Deshalb müssen die technischen Abwassersysteme auf diese Entwicklungen ausgerichtet werden. Die Alternativen zu den zentralen Anlagen sind dezentrale Abwassereinrichtungen. Diese sind kostengünstiger und mindestens ökologisch gleichwertig.

Selbst die CDU hat dies erkannt und zum 1. April 2009 das Thüringer Wassergesetz geändert. Danach soll verstärkt auf dezentrale Abwasseranlagen orientiert werden. Die Entscheidung hierzu sollen die kommunalen Zweckverbände treffen. Dies halte ich für verantwortungslos und wenig zielführend. Die meisten Zweckverbände haben ihre Abwasserbeseitigungskonzepte auf zentrale Anlagen ausgerichtet. Diese Konzepte wurden seitens des Landes gefördert. Deshalb darf sich das Land jetzt nicht so einfach aus der Verantwortung stehlen. Die bestehenden Abwasserbeseitigungskonzepte müssen vielmehr gemeinsam durch das Land und die Zweckverbände mit dem Ziel der Orientierung auf dezentrale Anlagen überarbeitet werden. Gerade in Gemeinden unter 2.000 Einwohnern gibt es noch die Chance umzusteuern. Dazu muss ein öffentlicher Dialog mit den Bürgern über die Zukunft der Abwasserentsorgung geführt werden.

Dezentrale Anlagen müssen die gleiche Landesförderung erhalten wie in der Vergangenheit die zentralen Kläranlagen. Nur dann werden die Zweckverbände die alternativen Lösungen realisieren. Selbst der Rückbau zentraler Anlagen kann dabei - langfristig betrachtet - durchaus kostengünstiger als die Weiterbetreibung sein.

Wichtig ist, Investitionen bei den Leitungsnetzen zu sparen. Hier wollen die Aufgabenträger in den nächsten Jahren noch 3,5 Milliarden Euro investieren. Dies muss verhindert werden. Notwendig sind kostengünstigere Lösungen.

Zurzeit sind in Thüringen noch rund 280.000 Grundstücke nicht an eine zentrale Anlage angeschlossen. Würde es gelingen, hier dezentrale Anlagen zum Einsatz zu bringen, würde dies „nur“ rund 1,5 Milliarden Euro kosten, also die Hälfte dessen, was das Festhalten an dem zentralen Entsorgungskonzept kosten soll. Profitieren würden davon die Kommunen und das Land. Es gebe jedoch auch "Verlierer", und zwar die Planer und Anlagenbauer. Jedoch müssen die Interessen der Bürger Vorrang haben. Die Forderung der LINKEN, die Abwasserbeiträge abzuschaffen, würden die Zweckverbände zu einer weiteren Kostenoptimierung zwingen. Dezentrale Entsorgungskonzepte hätten dann gute Chancen.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Kuschel