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Frage von Mustafa C. •

Frage an Frank Kuschel von Mustafa C. bezüglich Verbraucherschutz

Sehr geehrter Herr Frank Kuschel

In Thüringen sind die Asylbewerberunterkünfte oft in einem erbärmlichen Zustand und noch immer werden die Menschen, welche aus den unterschiedlichsten Gründen zu uns kommen und um Asyl und Schutz bitten, mit Residenzpflicht belegt oder mit Gutscheinen in ihren Selbstbestimmungsrechten eingeschränkt.
Gelten für Menschen mit Migrationhintergrund andere Grundrechte?
Würden Sie die Abschaffung der Residenzpflicht befürworten und die Schließung aller Gemeinschaftsunterkünfte unterstützen?

Vielen Dank für Ihre Antwort
M. Ceklik

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Sehr geehrter Herr Ceklik,

Menschenrechte sind unteilbar und universell. Das heißt nichts anderes, als dass sie auf der ganzen Welt und für alle Menschen ohne Einschränkung Geltung haben. Zu den Menschenrechten gehört auch die Bewegungsfreiheit, zu den Menschenrechten gehört auch das Recht auf eine eigene Wohnung, die die Gesundheit und das Wohl fördert, und nicht zuletzt hat jeder das Recht auf soziale Sicherheit. Durch die von Ihnen angesprochenen Spezialregelungen für Flüchtlinge sind für diese Menschen, die aus Angst ihre angestammte Heimat verlassen mussten, diese grundlegenden Menschenrechte zumindest teilweise außer Kraft gesetzt.

Die Residenzpflicht verbietet es Flüchtlingen, ohne Erlaubnis den ihnen zugewiesenen Landkreis zu verlassen. Sollten Sie es dennoch tun, werden sie zu Straftätern gemacht und verlieren dadurch möglicherweise noch die Möglichkeit eines Bleiberechtes, so wie im Fall des Kameruners Felix Otto, der durch das Amtsgericht Pößneck zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt wurde. Ein Skandal, wie ich finde. Ich werde mich dafür einsetzen, dass die so genannte Residenzpflicht aus dem Asylverfahrensgesetz gestrichen wird. Und solange das Bundesgesetz noch nicht verändert ist, werde ich mich auf Landesebene dafür stark machen, dass die bereits jetzt bestehende Möglichkeit zur Ausweitung der Bewegungsfreiheit auf den gesamten Freistaat Thüringen endlich genutzt wird. Dies kann die Landesregierung sofort durch Rechtsverordnung tun, aber die CDU Thüringen verweigert sich seit Jahren der Durchsetzung des Menschenrechts auf Bewegungsfreiheit für Flüchtlinge.

Weiterhin unterstütze ich die Forderung zahlreicher Flüchtlingsorganisationen nach ersatzloser Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes als unsoziales Sondergesetz für Flüchtlinge. Durch dieses Gesetz erhalten Flüchtlinge monatliche Leistungen, die 50 % unterhalb des gesetzlichen Existenzminimums liegen und sie bekommen durch die unsägliche Gutscheinpraxis auch noch vorgeschrieben, wo und für was sie ihre minimalsten Grundleistungen zur Existenssicherung ausgeben dürfen. Durch die Gutscheinpraxis entstehen für Flüchtlinge nochmals Mehrkosten, zum Beispiel für den ÖPNV, oder Kaufkraftverluste, durch die fehlende Möglichkeit auf preiswertere Lebensmittelmärkte auszuweichen. Nach Schätzungen haben Flüchtlinge dadurch insgesamt etwa 50 % weniger Grundleistungen, als das SGB II zur Existenzsicherung vorschreibt. Dies ist einfach diskriminierend und muss beendet werden. Flüchtlinge sollen wie alle anderen Menschen auch einen Zugang zu Arbeit und zur Existenzsicherung erhalten, das heißt Bargeld in Höhe des Hartz-IV-Regelsatzes. Nur somit wird Rassismus tatsächlich bekämpft, nicht dadurch, dass man Menschen per Gesetz zu Menschen zweiter und dritter Klasse macht.

Dies gilt auch für die von Ihnen angesprochene Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften, die beendet werden muss. Isolation und Ausgrenzung sowie oftmals katastrophale Unterbringungszustände sind nicht zu rechtfertigen. Es gibt keinerlei gesetzlich zwingende Verpflichtung, Gemeinschaftsunterkünfte vorzuhalten, so wie viele Landkreise immer wieder behaupten und die letztlich die Verantwortung für diese Unterbringungsform tragen, auch wenn sie zurecht immer wieder auf den politischen Druck der Landesregierung verweisen. Dass mit der zum Teil menschenunwürdigen Unterbringung auch noch Geld verdient wird, zum Teil durch die Landkreise selbst, zum Teil durch private Betreiberfirmen, ist skandalös. Wer die Menschenwürde und Menschenrechte ernst nimmt, muss Flüchtlingen wie allen anderen auch die Möglichkeit geben, eine eigene Wohnung zu nutzen. Und wer von sich aus einen besonderen Betreuungsbedarf wünscht, dafür können unter Einbeziehung von Sozialverbänden Wohnformen des betreuten Wohnens, vergleichbar mit anderen schon vorhandenen Betreuungsformen, geschaffen werden.

Weltoffen kann sich Thüringen erst dann wirklich nennen, wenn Menschenrechte uneingeschränkt in Thüringen auch für die gelten, die nicht hier geboren wurden. Und Flüchtlinge, die unfreiwillig ihr Herkunftsland verlassen mussten, ob aus Angst vor Verfolgung, Angst vor der Unterversorgung mit Nahrung, Medikamenten und wirklich sozialer Not, brauchen einen besonderen Schutz * und nicht die immer noch erfahrene Ausgrenzung.

Mit freundlichen Grüßen

Frank Kuschel