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Frage von Loredana M. •

Frage an Doris Barnett von Loredana M. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrte Frau Barnett,

wieviele Amokläufer müssen wir noch erfahren, bevor der Staat die Sicherheit an öffentlichen Schulen veranlasst?

Wir alle sind empört über das heutige Blutbad an der Realschule in Winnenden bei Stuttgart.

16 Menschen, darunter viele Jugentliche starben.

In den Schulen kann man (wie heute 11. März 09 und 2002 in Erfurt) einfach so hereinstürzen, vielleich aus Frust oder sonst welche persönliche Hintergründen, das Leben anderer auslöschen.

Warum werden keine Sicherheitsmaßnahmen getroffen??
Warum spart der Staat an falscher Stelle??

Man sollte nicht außer acht setzen, dass diese (schwachen Jugendlichen, die innerlich zum Amok gefährdet sind) durch solche Nachrichten zur Tat motiviert werden.

Allein durch elektronische Überwachung oder Sicherheitspersonal werden die Schulen nicht einfach zu Betreten sein, dies ist der Anfang von Sicherheit für unsere Jugend, nämlich die Zukunft!

Warum hat sich bis her keiner für so etwas durchgesetzt?

Statt dessen wird das Waffengesetzt verschärft.. Was hat man jetzt davon?

Mit freundlichen Grüßen.

Portrait von Doris Barnett
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Montalbano,

wie Sie zu Recht schreiben, gehen uns allen die schrecklichen Geschehnisse von Winnenden sehr nahe. Unser erster Gedanke gehört den Angehörigen der Opfer.

Fürchterliche Ereignisse wie die von Winnenden oder auch die von Erfurt erschüttern uns alle. Hier haben Jugendliche auf ganz tragische und fatale Weise dem Leben vieler anderer Menschen ein Ende gesetzt. Diese Taten haben die ganze Gesellschaft erschüttert, wir alle müssen damit fertig werden. Allerdings dürfen diese gesellschaftlichen Erschütterungen nicht dazu führen, dass wir andere Pfeiler unseres Gemeinwesens beschädigen. Eine ganz wesentliche tragende Säule unseres sozialen Zusammenhalts ist die Freiheit. Ich meine nicht nur die Freiheit des Marktes, sondern insbesondere die persönliche Freiheit eines jeden von uns. Zu dieser Freiheit gehört eben auch, dass der Staat sich so weit als möglich aus dem Leben der Bürgerinnen und Bürger heraushält. Würden nun, wie Sie vorschlagen, vor jeder Schule Kontrollen durchgeführt, würde dies einen ganz beträchtlichen Eingriff in das alltägliche Leben bedeuten. Schulen sind öffentliche Räume. In einer offenen Gesellschaft erscheint es mir daher schwer vorstellbar, dass ausgerechnet Orte, an denen die Jugend für ein Leben in einer freiheitlichen Gesellschaft ausgebildet werden.

Unabhängig davon stellt sich mir die Frage, warum der Vater des Täters die Waffe offen zugänglich im Schlafzimmer hatte und woher die viele Munition stammt. Hier wüsste ich nicht, wie der Staat kontrollierend eingreifen sollte über das hinaus, was wir bereits gesetzlich geregelt haben: sicherer und getrennter Verschluss von Waffen und Munition. Allerdings gilt auch das nur gegenüber denjenigen, die legal Waffen besitzen dürfen – und das ist in Deutschland ein begrenzter Kreis (Sportschützen, Jäger, bedrohte Personen).

Die Verschärfung des Waffengesetzes war, wie Sie zu Recht anmerken, eine Reaktion auf den Amoklauf in Erfurt 2002. Intention dieser Gesetzesveränderung war es, den Zugang Jugendlicher zu Waffen zu erschweren. Ich halte diese Gesetzesverschärfung auch heute, auch nach dieser schrecklichen Tat von Winnenden noch für richtig.

Eine hundertprozentige Sicherheit kann kein Staat garantieren. Dies ginge nur in einem Überwachungsstaat. Die Geschichte hat uns vor Augen geführt, dass wir uns alle davor hüten sollten, einer möglichst umfassenden, totalen Kontrolle der Bürgerinnen und Bürger Vorschub zu leisten. Wir dürfen unseren freiheitlichen sozialen Rechtsstaat nicht auf dem Altar der kompletten Überwachung opfern. Sie haben in Ihrer Frage bereits angesprochen, dass es sich um mutmaßlich in ihrer Persönlichkeit zweifelnde und unzufriedene Jugendliche handelt, die in Amokläufen eine Möglichkeit sehen, auf sich aufmerksam zu machen. Nun bin ich keine Psychologin und möchte mir nicht anmaßen, an dieser Stelle Therapievorschläge zu geben. Doch scheint mir bei der Betreuung der Jugendlichen, die ein frühzeitiges Erkennen von Warnsignalen mit einschließt, der entscheidende Ansatzpunkt zu liegen. Sehr geehrte Frau Montalbano, erlauben Sie, dass ich an dieser Stelle die Antwort auf Ihre Frage beende.

Bildung ist Ländersache, pädagogische Betreuungsangebote eingeschlossen. Mein Standpunkt auf die von Ihnen aufgeworfenen Fragen ist, wie oben bereits dargestellt, dass wir uns als Gesellschaft unserer tragenden Fundamente bewusst sein müssen. Freiheit ist meines Erachtens der zentrale Pfeiler unserer Gesellschaft. Wir sollten also vorsichtig sein, wenn wir die Freiheit zu Gunsten staatlicher Kontrolle beschneiden.

Mit freundlichen Grüßen

Doris Barnett