Dirk Wiese, Kandidat der SPD für den 20. Deutschen Bundestag
Dirk Wiese
SPD
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Frage von Thomas R. •

Frage an Dirk Wiese von Thomas R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Abgeordneter Wiese,

wie ich lese, berät das Parlament demnächst über die mögliche Privatisierung der Autobahnen. Ich bin gegen solche Pläne und verlange, daß eine Autobahnprivatisierung ausdrücklich im Gesetz ausgeschlossen wird.

Im Grundgesetz-Artikel zur Autobahn (Artikel 90) soll es nach Wunsch von Union und SPD heißen: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen für Streckennetze, die das gesamte Bundesautobahnnetz oder das gesamte Netz sonstiger Bundesfernstraßen in einem Land oder wesentliche Teile davon umfassen.“

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass “unwesentliche” Teile der Autobahn sehr wohl privatisiert werden dürfen. Im Begleitgesetz wird dies näher definiert mit “maximal 100 Kilometer” und “nicht räumlich miteinander verbunden”. Doch jede neue Regierungskoalition kann diese Definition mit einfacher Mehrheit wieder ändern. Der Privatisierung unserer Autobahnen wird damit Tür und Tor geöffnet.

Wenn Union und SPD eine Privatisierung wirklich ausschließen wollten, müsste der Satz wie folgt lauten: „Eine Beteiligung Privater im Rahmen von Öffentlich-Privaten Partnerschaften ist ausgeschlossen.“

Und es gibt noch einen weiteren Haken, der richtig teuer wird. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die neue „Autobahngesellschaft des Bundes“ auf dem Finanzmarkt zu höheren Zinsen verschulden könnte, als wenn der Bund für die Schulden die Haftung übernehmen würde. Offenbar soll hier Banken und Versicherungsindustrie ein Milliardengeschenk durch zu hohe Zinsen gemacht werden. Daher muss der Art. 90 GG unbedingt durch einen weiteren Satz ergänzt werden, der wie folgt lautet sollte: „Die Bundesrepublik Deutschland haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft.“ Damit würden überhöhte Zinsen ausgeschlossen, weil der Bund für mögliche Schulden bürgt.

Dirk Wiese, Kandidat der SPD für den 20. Deutschen Bundestag
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Röhrig,

vielen Dank für Ihre Anfrage. Deutschland braucht eine leistungsfähige und flächendeckende Verkehrsinfrastruktur, auf der Straße, auf der Schiene, zu Wasser und in der Luft. Eine moderne Verkehrsinfrastruktur sichert wirtschaftliches Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand in Deutschland. Dafür braucht es nicht nur Geld, sondern das Geld muss auch effizient eingesetzt werden. Weil das bei Planung, Bau und Erhalt der Bundesautobahnen und Bundesfernstraßen im aktuellen System der Auftragsverwaltung der Länder nicht optimal funktioniert, haben sich SPD, CDU und CSU im Koalitionsvertrag nicht nur darauf verständigt, dass mehr staatliches Geld investiert werden muss, sondern auch darauf, gemeinsam mit den Ländern Vorschläge für eine Reform der Auftragsverwaltung zu erarbeiten. Das Ergebnis dieser Gespräche ist nun Teil eines umfangreichen Pakets zur Änderung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, auf das sich alle 16 Landesregierungen und die Bundesregierung im Oktober und Dezember 2016 verständigt haben. Das Ergebnis dieser Verhandlungen lässt sich verkürzt so zusammenfassen: Der Bund übernimmt künftig eine deutlich stärkere Rolle beim Ausgleich der Finanzkraft zwischen den Bundesländern und entlastet dadurch die finanzstarken Länder. Um dieser gestiegenen Verantwortung besser gerecht werden zu können, erhält der Bund in einigen Feldern zusätzliche Steuerungsrechte. Dazu kommt eine Ausweitung des Unterhaltsvorschusses für Alleinerziehende und ein erster Schritt zur Lockerung des Kooperationsverbotes in der Bildungspolitik. Neben diesen Finanzfragen steht politisch aber vor allem das Vorhaben im Fokus, mit der Gründung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft des Bundes den Bau, Planung und die Verwaltung der Autobahnen und weitere Bundesstraßen neu zu organisieren.

Hier möchte ich unterstreichen, dass die SPD in den Verhandlungen von Anfang an eine Privatisierung der deutschen Autobahnen und Bundesstraßen ausgeschlossen hat. Schon innerhalb der Bundesregierung ist es der SPD gelungen, eine doppelte Privatisierungsschranke durchzusetzen. Im Grundgesetz selbst wird deswegen geregelt werden, dass nicht nur die Bundesfernstraßen selbst im unveräußerlichen, hundertprozentigen Eigentum des Bundes stehen, sondern auch die Infrastrukturgesellschaft selbst. Unser Koalitionspartner wäre übrigens bereit gewesen, 49 Prozent an private Investoren zu verkaufen, was wir erfolgreich verhindert haben. Kurzum: Wir haben Wort gehalten, eine Privatisierung wird es nicht geben. Das ist ein voller Verhandlungserfolg für die SPD!

Darüber hinaus hat die SPD Veränderungen durchgesetzt, die vor allem im Interesse der Tausenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter liegen, die heute in den Straßenbauverwaltungen der Länder arbeiten und die zum Bund wechseln sollen. Die neue Gesellschaft wird tarifgebunden sein und die Überleitung soll im Rahmen eines Überleitungstarifvertrags erfolgen. Wir haben für diese und andere Forderungen Seite an Seite mit den Gewerkschaften gestritten und gemeinsam viel erreicht.

Zusätzlich haben wir aber auch für ÖPP hohe Schranken eingebaut, es wird nur als alternative Beschaffungsvariante für Einzelprojekte möglich sein. Voraussetzung muss hier immer eine Wirtschaftlichkeit des Projekts sein. Dass die Wirtschaftlichkeit ein entscheidender Faktor ist, zeigt auch ein Blick nach Österreich. Dort ist ÖPP gesetzlich möglich, es wird jedoch fast gar nicht genutzt, da es regelmäßig eben nicht wirtschaftlich ist. Die SPD-Bundestagsfraktion geht davon aus, dass die Infrastrukturgesellschaft so gute Arbeit machen wird, dass ÖPP in dem erlaubten Rahmen regelmäßig nicht wirtschaftlich sein wird.

Beste Grüße

Dirk Wiese

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