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Dietmar Bartsch
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Frage von Max M. •

Frage an Dietmar Bartsch von Max M. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Herr Bartsch,

gestern zitierten Sie im Bundestag das Matthäusevangelium in Bezug auf millionenfach zu uns kommende illegale Einwanderer.
In Ihrer Antwort vom 12.11.15 an Herrn Mayer auf abgeordnetenwatch.de bestätigen Sie selbst den Umstand, dass die Bundeswehr in Afghanistan eingesetzt ist, während von dort "Flüchtlinge" nach Deutschland kommen.
Wenn diese "Flüchtlinge" nun vielfach die Grenzen von sicheren Drittstaaten durchqueren auf ihrem Weg nach Deutschland und wenn es sich -wie jeder in allen Medien sehen kann- überwiegend um junge Männer im wehrfähigen Alter handelt, möchte ich wissen, wie Sie es rechtfertigen, dass diese Männer, die auch in jedem der durchquerten sicheren Drittstaaten zu essen, zu trinken und Schutz erhalten haben, sich im (noch) sicheren Deutschland aufhalten, während deutsche Soldaten in Afghanistan ihr Leben riskieren.
Ich kann die polnische Sichtweise voll verstehen, im 2. Weltkrieg haben nach England geflohene Männer polnische Divisionen aufgestellt und haben zur Befreiung ihrer Heimat von der deutschen Herrschaft beigetragen, warum ist dies für Syrer und Afghanen unzumutbar? Hier könnte man schon fast eine entsprechende Diskriminierung sehen...

mfg

M. Muth

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Sehr geehrter Herr Muth,

leider versagt in der Flüchtlingsfrage Europa. Es fehlt an gemeinsamem entschlossenem solidarischem Handeln. Teil dieses Versagens sind Verhaltensweisen z.B. der ungarischen und auch der neugewählten polnischen Führung. Wer immer in Europa glaubt, das Flüchtlingsproblem sein ohne koordiniertes europäisches Handeln zu bewältigen, irrt. Dieser Irrtum geht zu Lasten der Menschen, die schlimme Gründe für ihre Flucht haben und zum Teil schreckliche Erlebnisse auf ihrer Flucht machen mussten. Dieser Irrtum geht aber auch zu Lasten der anderen europäischen Staaten, was der Zukunft der europäischen Idee schadet.

Was die Flüchtlinge aus Afghanistan betrifft, so ist es für mich ein Unding, ihnen vorzuwerfen, dass Deutschland noch immer im militärischen Einsatz gegen ihr Land steht. Es ist wahr, die militärische Invasion in Afghanistan als Reaktion auf die Terroranschläge auf das World-Trade-Center in New York war falsch. Das war unsere Sicht als Linke von Anbeginn an. Zehntausende Zivilisten, auch über 50 deutsche Soldaten haben den militärischen Einsatz gegen den Terror mit ihrem Leben bezahlt. Milliarden US-Dollar wurden in diesem Krieg versenkt. Heute sind in vielen Teilen Afghanistans die Taliban und die Al Qaida stärker denn je. Die Anzahl der Terroristen und der potentiellen Selbstmordattentäter ist größer geworden. Das Menschen, ob junge oder alte, Männer im wehrfähigen Alter, oder Mütter und Väter mit ihren Kindern aus diesem Land fliehen müssen, ist eine Katastrophe. Diesen Menschen kann man nur menschlich begegnen, ihnen muss man helfen und zwar mit den Mitteln, zu denen unser Land fähig ist.

Freundliche Grüße

Dr. Dietmar Bartsch

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