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Diether Dehm
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Frage von Irmgard R. •

Frage an Diether Dehm von Irmgard R. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dehm- Desoi,

ich finde es unpassend, daß Sie Herrn W. medial verteidigen und
völlig ausblenden, daß er schon als Niedersachsens MP über die
Wichtigkeit von Netzwerken sprach. Das sah man in einem ARD-Beitrag z.B. in folgenden zwei ARD-Sendungen:

http://www.youtube.com/watch?v=EsdrrJBH1c8

http://www.youtube.com/watch?v=7UNxu3ebhlk

Warum kümmern Sie sich nicht lieber um die Verteidigung von Menschen, die
aus purer Not kriminell gehandelt haben?
Kleinkriminelle werden oft hart bestraft, selbst wenn sie aus purer Not gehandelt haben, z.B. um ihren Kindern etwas zu ermöglichen und selbst dann, wenn der Staat ihnen z.B. ledigliche Unterstützung verweigerte. Bei Hartz IV-Beziehern unter 25 Jahren geht das z.B. besonders schnell.
Oder zu Unrecht Inhaftierte, die oft lange auf die Wiedergutmachung des Staats warten mußten und wohl weiterhin warten müßen.
Dagegen ist doch Herr W. wirklich weich gefallen, oder nicht?
Ich kann Sätze über Herrn W. wie z.B. " Er hat alles verloren", nicht mehr hören. Materiell lebt er sehr, sehr priviligiert auf Kosten der kleinen Malocher!

Ich sehe vielmehr eine typische Klassenjustiz, wenn man Menschen die Geldstrafen nicht bezahlen können einsperrt, andere aber mit einem Ehrensold für ihr unehrenhaftes Verhalten belohnt.
Ist es nicht geradezu gnädig, wenn jemand mit einem so hohen "Ehren"sold gerade einmal 20.000 Euro hätte zahlen müßen, um dem Prozess zu entkommen?

Herr Wulff führte in Niedersachsen eine Regierung an, die m.W. einen Justizminister und einen Innenminister in ihren Reihen hatte, die für ihre harte Haltung bekannt waren, z.B. bei Wiedergutmachungen für Justizopfer.
Haben Sie das vergessen?

Mit freundlichen Grüßen

Irmgard Resch

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Sehr geehrte Frau Resch,

auch hier kann ich nur sagen: es geht mir nicht um entweder-oder, sondern um das sowohl-als-auch! In einem Rechtsstaat MUSS es egal sein, ob es sich um einen Kleinkriminellen, oder einen Bundespräsident handelt. Da wird das eine Unrecht nicht kleiner, nur weil es sich um eine herausgestellte Persönlichkeit handelt, wie es genauso wenig angehen kann, wenn (junge) Hartz IV-Bezieher (oder die noch die Schule besuchenden Kinder einer Familie, die wegen miserabler Jobs zusätzlich Aufstocken muss), gegängelt werden. Denken Sie denn wirklich, dass es den von Ihnen angesprochenen Beispielen auch nur einen Deut weiterhilft, bzw. diesen Gerechtigkeit wiederfährt, wenn nicht nur die "Kleinen", sondern jetzt auch mal ein "Großer" hingehängt wird? Nein - es muss doch für beide Seiten rechtsstaatlich zugehen - und das heißt, dass ein Gericht, nicht aber Bild und Spiegel hier das Urteil spricht. (Hätte Christian Wulff die Einstellung des Verfahrens für 20.000 € akzeptiert, wäre das in Zukunft immer als Quasi-Schuldeingeständnis gewertet worden - auch in diesem Fall hätte er nie im Leben mit einer fairen Berichterstattung rechnen können - seine einzige Chance liegt darin, dass das Gericht urteilt, dass die ihm unterstellten Vorwürfe haltlos sind.) Wie "glaubwürdig" das Motiv von Bild und Spiegel beim Wulff´schen Kesseltreiben war und ist, wird vielleicht deutlich, wenn man sich mal an folgende "herausragende" Politikerpersönlichkeiten und ihren weiteren Werdegang entsinnt:

Walter Riester, der durch die Lande tingelte und Werbung für die Versicherungsbranche (Riesterverträge) machte, nachdem er 2001 die paritätische Rentenfinanzierung zum Teil abgeschafft hat (Herrn Maschmeyer hat´s jedenfalls sehr gefreut) und mittlerweile Mitglied im Aufsichtsrat von Union Investment ist.

Joschka Fischer, der als "Senior Strategic Counsel" für die Albright Group der ehemaligen US-Außenministerin arbeitet. Insgesamt steht er nun in Diensten von drei Dax-Konzernen: bei Siemens, bei BMW und bei RWE.

Oder Wolfgang Clement, der "Superminister". Ein Auszug zu seinem Wirken aus "lobbypedia.de":

"Nachdem Wolfgang Clement als Minister tiefgreifende Arbeitsmarktreformen vorgenommen hatte und in dieser Zeit die Leiharbeitsbranche in vielerlei Hinsicht begünstigte,[7][8][9][10] wechselte er nicht einmal ein Jahr nach Ende der rot-grünen Koalition in den Aufsichtsrat der Zeitarbeitsfirma Deutsche Industrie Service AG (DIS AG). Als diese vom schweizerischen Konkurrenten Adecco übernommen worden war, wurde er zum Vorsitzenden der firmeneigenen Denkfabrik Adecco Institut zur Erforschung der Arbeit berufen[11] Von 2006 bis 2008 war er zudem Mitglied im Konvent für Deutschland (KfD), einer elitären wirtschaftsnahen Lobbygruppe, die eine „Reform der Reformfähigkeit“ propagiert, mit dem Ziel eines schlanken und wettbewerbsorientierten Staates mit reduzierten Sozialsystemen.[12]

2006 wurde Clement in den Aufsichtsrat der RWE-Kraftwerkstochter RWE Power AG gewählt.[13] Als Wirtschaftsminister konnte er maßgeblichen Einfluss auf Regierungsbeschlüsse und Gesetze nehmen, die die Energiebranche und somit auch RWE betrafen; auffällig dabei war sein besonderer Einsatz für Kohlesubventionen[14] „Ein Posten im Aufsichtsrat als Dank für besondere Verdienste?", spekuliert die taz.[15] Clement unterzeichnete im August 2010 den "Energiepolitischen Appell" der Atomlobby für eine AKW-Laufzeitverlängerung und fand die Kernkraft auch nach Fukushima gut.[16]

Zudem sorgte Clement nach seiner Amtszeit für Wirbel, als er innerparteilich quer schoss indem er sich im Vorfeld der Landtagswahl in Hessen 2008 gegen eine Wahl der SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti aussprach; Ypsilanti steht Kohle- und Atomkraft ablehnend gegenüber. Daraufhin forderten einige Parteigenossen Clements Parteiaustritt: "Wolfgang Clement missbraucht seine frühere Führungsrolle in der SPD, indem er sie nun als bezahlter Lobbyist in klingende Münze umsetzt", zitiert Spiegel-Online Hermann Scheer, damals SPD-Kandidat für das Amt des hessischen Wirtschafts- und Umweltministers.[17]

Es gibt weitere Beigeschmäcke, denn bereits zu seiner Zeit als NRW-Ministerpräsident nährte sich der Verdacht, Clement würde in dieser Funktion bewusst im Interesse der Energiewirtschaft - speziell des RWE-Konzerns - handeln, als er sich Ende 1999 gegen die Ökosteuer stemmte, oder beispielsweise im Jahre 2000 die Genehmigung des umstrittenen Braunkohletagebaus Garzweiler II in seinen ministeriellen Verantwortungsbereich fiel. Davon profitierte die RWE-Tochtergesellschaft "Rheinbraun", bei der Clement bereits bis 1992 im Aufsichtsrat saß.[18][19]
Clement leugnet seine Verbundenheit mit der Energiebranche nicht und sieht darin auch rückblickend keinen Interessenskonflikt mit seinen politischen Mandaten bzw. Ämtern: „Ich habe vorher wie nachher schon seit 1990 - soll ich deshalb einem Berufsverbot unterliegen -, schon in den 90er Jahren für Gartzweiler die Braunkohle gefochten. Das habe ich aber früher auch schon als Journalist getan und werde ich auch in Zukunft tun. Es zeigt sich, dass es richtig war.“[20]

Von Juni 2006 bis Januar 2009 war Clement Mitglied des Aufsichtsrats des viertgrößten deutschen Verlags M. DuMont Schauberg (Kölner Stadt-Anzeiger, Frankfurter Rundschau, Berliner Zeitung, Mitteldeutsche Zeitung)[21] Clement hatte sich im Jahr 2003 mit aller Macht für eine Aufweichung der Pressefusionskontrolle eingesetzt, die es den Großverlagen erheblich erleichtert hätte, kleinere Verlage zu erwerben. Das Bundeskartellamt[22], der Wissenschaftliche Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium[23] und die Monopolkommission[24] lehnten die Pläne ab, weil sie konzentrationsfördernd wirkten und die Pressevielfalt gefährdeten. Auch die CDU und die FDP-Landeswirtschaftsminister sahen in Clements Vorhaben eine Bedrohung der Pressevielfalt.[25] Die öffentliche Kritik des Bundeskartellamtes als einer dem Wirtschaftsministerium nachgeordneten Behörde empörte Clement so sehr, dass er als einziger Wirtschaftsminister dem Amt keinen Antrittsbesuch abstattete. Dieses sah sich dem Schutz des Wettbewerbs verpflichtet und nicht seinem die Interessen der Großverlage bedienenden obersten Dienstherrn. Nachdem der Bundestag die Neufassung des Pressefusionsrechts im März 2005 beschlossen, der Bundesrat aber im April mit Unionsmehrheit dagegen votiert hatte, scheiterte das mehrfach modifizierte Vorhaben endgültig im Vermittlungsausschuss."

Dann gab es zu diesen schillernden Kabinettskollegen ja noch den Bundeskanzler Schröder, besser bekannt als Gas-Gerd…

Oder Roland Koch, ehem. Ministerpräsident des Landes Hessen und seit 2011 im Aufsichtsrat von UBS und Vorstandsvorsitzender bei Bilfinger Berger.

Oder Stefan Mappus, ehem. Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg und seit 2011 bei der Pharmafirma Merck.

Und Hildegard Müller, bis 2008 Staatsministerin unter Bundeskanzlerin Angela Merkel und seit 2008 Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

Ganz aktuell: Eckart von Klaeden, vormals Staatsminister bei Bundeskanzlerin Angela Merkel und seit Ende 2013 Leiter des Bereichs "Global External Affairs und Public Policy" bei der Daimler AG und damit Cheflobbyist des Daimler-Konzerns. (Frau Merkel hat irgendwie kein Händchen für ihre Staatsminister scheints…)

Das, sehr geehrte Frau Resch, war nur ein kleiner Auszug von Seitenwechslern (die gesamte Auflistung können sie auch bei "lobbypedia.de" einsehen), aber wo blieb denn da der wütende Aufschrei und vor allem die fortwährende (!) Berichterstattung der im Fall Wulff ach so empörten Medien… Nein, meiner Ansicht nach steckt dahinter ein ganz anderes Interesse - Christian Wulff sollte weg und da wurde gesucht und skandalisiert, gehetzt und verunglimpft, bis das Ziel erreicht war. Zu aller erst auf Kosten des Rechtsstaats und der Unschuldsvermutung - und das kann und will ich nicht hinnehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Diether Dehm