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Dagmar Wöhrl
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Frage von Christian E. •

Frage an Dagmar Wöhrl von Christian E. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Wöhrl,

mit Befremden habe ich auf Ihrer Website (Statement vom 27.03.2009) gelesen, dass auch sie die Novelle des Telemediengesetzes in der derzeit geplanten Form unterstützen.

Auch ich bin ein absoluter Befürworter der Bekämpfung der abscheulichen Straftaten wie Kindesmissbrauch und Kinderpornografie! Warum aber sollen die entsprechenden Websites nicht gänzlich vom Netz genommen werden, sondern nur ein leicht umgehbaren Vorhang ("Stoppschild") vor die Inhalte gehängt werden?
Warum werden nicht die Hersteller dieser widerwärtigen Bilder in Deutschland konsequent verfolgt und bestraft, dafür aber unschuldige Nutzer des Internets dem Verdacht der Mittäterschaft ausgesetzt?

Es ist ausreichend dokumentiert, dass eine derartige Sperre in den Ländern, die bereits vor Deutschland eine solche Sperre eingeführt haben, keinen Erfolg hatten. Darauf hat auch der wissenschaftliche Dienst ausdrücklich hingewiesen.

Warum unterstützen Sie eine Novelle, die die Gewaltenteilung in Deutschland aushebelt und dem BKA das Recht gibt, nach freiem Gutdünken Websites auf eine richterlich ungeprüfte Sperrliste zu setzen? Auch wenn jetzt der Schutz der Kinder im Mittelpunkt steht, so habe ich dennoch Angst, dass zukünftig auch andere Inhalte auf dieser Sperrliste landen können.

Es gibt zu der Novelle des Telemediengesetzes eine e-Petition, die bereits über 75.000 Petenten (innerhalb einer Woche!) gewinnen konnte - sind das Ihrer Meinung nach alles potentielle Kinderschänder? Ich persönlich verwahre mich gegen diesen ungeheuerlichen Verdacht, nur weil ich mir Gedanken über die Schaffung einer höchst bedenklichen gesetzlichen Grundlage mache!
Die Geschichte wiederholt sich offenbar, 1961 wurde der Satz geprägt "Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten" - ich bete dafür, dass die Novelle des Telemediengesetzes noch geändert oder aufgehalten werden kann, denn eine neue StaSi braucht die Demokratie Deutschland nun wirklich nicht!

Hochachtungsvoll,

Christian Eberle

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Eberle,

im Bereich der Telekommunikation wird sehr lebhaft über den Stellenwert von Freiheit auf der einen und Sicherheit bzw. Strafverfolgung auf der anderen debattiert. Ich empfinde diese Debatte als sehr wichtig und freue mich darüber, dass Sie sich an mich gewendet haben.

Auch die Novelle des Telemediengesetzes zur Bekämpfung von Kinderpornografie bewegt sich in diesem Spannungsfeld von Freiheit und Sicherheit. Besonders wichtig ist mir, klar zu stellen, dass es sich bei der kritisierten Sperrliste und bei der Verpflichtung der Internet Provider, die auf dieser Liste enthaltenen Internet-Seiten zu sperren, nicht um eine willkürliche Zensur des Internets handelt. Es geht hier um die Verhinderung von Straftaten gem. § 184b des Strafgesetzbuches – um Kinderpornografie. Werden derartige Inhalte auf deutschen Servern entdeckt, so wird schon heute umgehend deren Entfernung angeordnet. Für das Internet reichen aber diese Maßnahmen eindeutig nicht aus, weil sich ein großer Teil kinderpornographischen Materials auf ausländischen Servern befindet. Die Erschwerung des Zugriffs auf diese Inhalte ist deshalb gegenwärtig praktisch die einzige Möglichkeit, um in solchen Fällen die Verbreitung dieses abscheulichen Materials wenigstens teilweise einzudämmen. Indem wir den Zugriff auf solche Internetseiten in Zukunft unterbinden, können wir die „Nachfrage" nach solchen Bildern und Filmen deutlich verringern. Dann wird sich für viele Verbrecher ein entsprechendes „Angebot" nicht mehr rechnen - und wir retten damit viele zerschundene Kinderseelen und misshandelte Körper.

Was die Umgehungsmöglichkeiten der geplanten Zugriffserschwerungen angeht, so kann ich nur sagen: Die Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, die derartige oder ähnliche Mechanismen der Zugriffserschwerung auf kinderpornographisches Material im Internet nutzen, sprechen dafür, dass die Zugriffserschwerung in erheblichem Maße wirksam ist. Allein in Schweden werden täglich rund 50.000 Klicks auf kinderpornographische Seiten verhindert. Es ist völlig unbestritten, dass die geplante Zugriffserschwerung nicht zum Verschwinden von Kinderpornographie aus dem Internet führen wird. Aber jeder verhinderte Klick auf eine derartige Internetseite ist nach meiner Überzeugung ein Erfolg.

Mit freundlichem Gruß

Dagmar Wöhrl