Portrait von Clemens Binninger
Clemens Binninger
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Clemens Binninger zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Erich H. •

Frage an Clemens Binninger von Erich H. bezüglich Recht

Werter Herr Binninger,

vielen Dank für Ihre nicht sehr aussagekräftige Antwort. Wie kommt es dann, dass H.-J. Döscher in seinem Buch "DAS AUSWÄRTIGE AMT im DRITTEN REICH" folgendes 1987 schreibt:" Die Personalakten des AA aus den Jahren 1933 - 1945 werden in Bonn unter strengstem Verschluss gehalten." Warum konnte er sein Buch nur anhand von Akten in Moskau und New York schreiben?
2. Frage: Herr Steinbrück hat während seiner Amtszeit eine Studie über das Finanzministerium über diese Zeit in Auftrag gegeben. Werden Sie sich jetzt dafür einsetzen, dass dies auch im Innenministerium geschieht?
Dazu folgende Erklärung: Lit.: "POLITIK der VERNICHTUNG" von Peter Longerich, Seite 441/442
Hinter den deutschen Truppen im Osten wurden SS - Verbände und Polizeieinheiten eingesetzt, die jüdisches Vermögen und Heime für psych. Kranke aufspürten. Diese wurden dann auf so entsetzliche Weise umgebracht, ob Frau, Mann oder Kind, dass sich sogar Himmler beschwerte. Seine Polizeieinheiten litten psychisch darunter. Deutsche Beamte ersannen also neue unvorstellbar entsetzliche Vernichtungsstrategien. Sie ließen 24 Geisteskranke in einen Bunker sperren und in die Luft jagen. Es überlebten viele, wie möchte ich Ihnen nicht schildern. Auf jeden Fall stuften sie den Versuch als nicht gelungen ein und kamen auf eine neue typische Beamtenidee - sie vergrößerten die Sprengladung! Die Polizisten durften jetzt die Überbleibsel der armen Kranken sogar aus den Bäumen holen.
2.1. Wäre es jetzt nicht sinnvoll, auch im Innenministerium eine solche Studie in Auftrag zu geben?
Würde es nicht die damalige Schuld der Polizisten, KZ - Wärter und der Beamten grundsätzlich neu beleuchten? Damit meine ich die Auftraggeber und diejenigen, die die Arbeit unter Todesandrohungen ausführen mussten.

Mit freundlichen Grüßen

E. Humplik

Portrait von Clemens Binninger
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Humplik,

gestatten Sie mir eine Bemerkung vorweg: In Zusammenhang mit den schrecklichen Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes von einer „typischen Beamtenidee“ zu sprechen, empfinde ich mehr als zynisch und wird dem Thema in keiner Weise gerecht. Solche Formulierungen lassen mich daran zweifeln, ob Sie wirklich an einer ernsthaften Aufarbeitung eines der dunkelsten Kapitel unserer Geschichte interessiert sind.

Nun zu Ihren Fragen: Schon im Jahr 1988 hat der Deutsche Bundestag das Bundesarchivgesetz verabschiedet. Demnach können im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes grundsätzlich alle Akten eingesehen werden, die älter als 30 Jahre sind. Eine Ausnahmeregelung gilt für Schriftgut wie Personalakten, das sich auf natürliche Personen bezieht. Solche Archivalien stehen Historikern zwar auch zur Verfügung, aber erst 30 Jahre nach dem Tod der Betroffenen oder hilfsweise 110 Jahre nach deren Geburt.

Die aktuelle historische Forschung nutzt die Personalakten, die das Politische Archiv des Auswärtigen Amtes aufbewahrt, selbstverständlich als Quelle. Beispielhaft sei hier auf die 2006 erschienene Dissertation von Péter Durucz zur Ungarnpolitik des Dritten Reiches hingewiesen sowie auf die Dissertation von Stephan Schwarz über Ernst von Weizsäckers Beziehungen zur Schweiz, die 2007 erschienen ist.

Das Bundesministerium des Innern steht nicht in der Kontinuität oder Tradition des nationalsozialistischen Reichsministeriums des Innern. Trotzdem sieht es die weitere Erforschung der zentralen Rolle des Reichsinnenministeriums und der Polizei für die nationalsozialistische Gewaltherrschaft als eine wichtige Aufgabe an. Die entsprechenden Akten sind daher im Bundesarchiv für jeden interessierten Historiker zugänglich.

Über die einfache Bereitstellung von Akten hinaus bemüht sich das Innenministerium aktiv um die historische Aufarbeitung. Die Hochschule der Polizei untersucht und dokumentiert beispielsweise in einem großen Projekt die Rolle der Polizei im Dritten Reich. Zentraler Teil des Projektes ist eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum und eine Fernsehdokumentation, die in der ARD gezeigt wird. Außerdem hat das Bundeskriminalamt eine dreiteilige Kolloquiumsreihe zum Thema durchgeführt und deren Beiträge 2008 veröffentlicht. Daran schloss sich ein Forschungsprojekt an, dessen Ergebnisse unter dem Titel „Das Bundeskriminalamt stellt sich seiner Geschichte“ (ISBN: 978-3-472-07465-6) kürzlich publiziert worden sind.

Ich hoffe, diese Informationen helfen Ihnen weiter und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Clemens Binninger