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Frage von Philipp J. •

Frage an Christoph Bergner von Philipp J. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Dr. Bergner,

seit Jahren beschäftigt sich die Politik mit dem Problem der steigenden Kosten für das deutsche Sozialversicherungssystem, bzw. etwaigen Finanzierungslücken desselben.

Soweit mir bekannt, basieren die gesetzlichen deutschen Sozialversicherungen auf dem Solidar- und dem Leistungsfähigkeitsprinzip, also auf dem Umstand, dass sich alle Beitragszahler entsprechend ihres Einkommens unabhängig vom jeweiligen persönlichen Bedarf an der Finanzierung des Systems beteiligen. Dennoch enthält kein mir bekanntes von der derzeitigen Regierungskoalition verfolgtes Reformkonzept eine Aufhebung der dem Solidar- und dem Leistungsfähigkeitsprinzip widersprechenden Beitragsbemessungsgrenze, welche dafür sorgt, dass höhere Einkommen einen prozentual niedrigeren Beitrag zum Sozialsystem beitragen. Im Gegenzug dazu würde eine Abschaffung der Beitragsbemessungsgrenze die Finanzierung der Sozialversicherungen verbessern und im Falle einer Überversorgung Beitragssenkungen erlauben, womit besonders Geringverdiener entlastet würden.

Von Ihnen als meinem Wahlkreisabgeordneten im Deutschen Bundestag wüsste ich daher gerne, wie Sie, bzw. die Regierungskoalition, der Sie angehören, die Beibehaltung der Beitragsbemessungsgrenze rechtfertigen, und möchte Sie zudem bitten, sich für eine Aufhebung derselben im Rahmen künftiger Reformen einzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen

Philipp Jung

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Jung,

vielen Dank für Ihre Nachricht, ich möchte auf die verschiedenen Aspekte zum Thema gern eingehen.

Zunächst: Die Sozialversicherung ist eine Versicherung und keine Steuer, bei der das Finanzamt mit seinem Überblick über das Gesamtvermögen einer Person, den zu zahlenden Betrag einkommensabhängig (bei Berücksichtigung aller Einkunftsarten) festlegen kann und soll. Die Sozialversicherung in diesem Sinne zu einer steuerlichen Aufgabe zu entwickeln halte ich für den falschen und übrigens bürokratisch sehr aufwendigen Weg zu mehr Gerechtigkeit, wie Sie von Ihnen vermutlich gemeint ist.

Die Beitragsbemessungsgrenze wurde zu Beginn des Jahres 2016 angehoben, sie ist also nicht zwingend statisch. Sie liegt aktuell in Westdeutschland bei 74.400 Euro Bruttoeinkommen im Jahr oder 6.200 Euro im Monat. In Ostdeutschland liegt sie bei 64.800 Euro im Jahr und 5.400 Euro im Monat.

In Deutschland unterliegen die Sozialversicherungen nicht nur dem von Ihnen angesprochenen Solidar- und Leistungsprinzip, es gilt auch das Äquivalenzprinzip: Dieses beinhaltet, dass sich die Höhe einer Abgabe nach dem Empfang zu erwartender Leistungen durch den Bürger richtet. Leistung und Gegenleistung müssen also in ungefährem Verhältnis stehen. Würde die Beitragsbemessungsgrenze abgeschafft, wäre die Äquivalenz von Einzahlung und Leistungserhalt für Höherverdienende in den meisten Fällen nicht mehr gegeben. Sie müssten für die gleiche Versicherungsleistung sehr viel mehr zahlen als Geringverdiener.

Die Beitragsbemessungsgrenze ist darüber hinaus auch ein Steuerungselement, um Besserverdienende in den gesetzlichen Sicherungssystemen zu halten und die Abwanderung in private Versicherungen aufzuhalten, weil die gesetzliche Krankenversicherung für sie ein unverhältnismäßig teures Versicherungsverfahren wäre.
Wenn wir wollen, dass Menschen mit hohem Einkommen zur Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung mehr beitragen, so muss das über staatliche Zuschüsse aus den Steuereinnahmen geschehen. Da solche Zuschüsse bereits jetzt in erheblichem Umfang erfolgen, sehe ich keinen Handlungsbedarf.

Grundsätzlich sollte Erwähnung finden, dass Bürger mit hohen Einkommen sich über die Beiträge zur Rentenversicherung hinaus schon jetzt in umfangreichem Maße an der Finanzierung des Staates und der Sozialkassen beteiligen.
Es ist nicht zu leugnen: Wer den Spitzensteuersatz zahlt, trägt erheblich zum Allgemeinwohl bei.

Dass die Beitragsbemessungsgrenze in ihren bisherigen Regelungen auch Fälle schafft, die man als ungerecht empfinden kann, gebe ich zu. Dennoch möchte ich persönlich am bisherigen System festhalten, weil ich es insgesamt betrachtet für sinnvoll und in Verbindung mit steuerlichen Zuschüssen für die die gerechteste Lösung halte.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Christoph Bergner