Frage an Christian Posselt von thomas s. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
sehr geehrter herr posselt,
sicher haben auch sie die diskussion um die grundabsicherung verfolgt.
wie stehen sie zu diesem thema, da ja hartz IV schon soviel kostet.
Sehr geehrter Herr Schott,
erst einmal vielen Dank für Ihre Frage. Die PDS tritt schon seit Anfang der 90er Jahre für eine Grundsicherung ein. Und im Bundestagswahlkampf im vergangenen Jahr - denn eine Grundsicherung kann es nur bundesweit geben - haben wir unsere Vorstellungen deutlich gemacht:
Wer wegen Arbeitslosigkeit, zu geringem Einkommen, Ausbildung sowie aus anderen sozialen, gesundheitlichen oder altersbedingten Gründen arm oder von Armut bedroht ist, sollte Anspruch auf eine individuelle bedarfsorientierte soziale Grundsicherung haben. Dazu sollten die Regelleistungen in den steuerfinanzierten Sicherungssystemen auf ein Niveau angehoben werden, das sich am Bedarf der Betroffenen orientiert, also Armut vermeidet. In Zahlen bedeutet das: Jede und jeder sollte im Monat mindestens 60 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens zur Verfügung haben. Für Alleinstehende entspricht das ca. 750 Euro netto im Monat, für eine Familie mit zwei kleinen Kindern 1.900 Euro netto. Diese Grundsicherung verstehen wir als Individualrecht, Die so genannten "Bedarfsgemeinschaften" sollten also nicht in Haftung genommen werden. Auch sollte die Ablehnung unzumutbarer Arbeitsbedingungen nicht zum Verlust des Anspruchs führen. Das ist unsere Alternative zu Hartz IV!
Sie haben zu Recht auch die Kostenfrage angesprochen. Ich empfinde die Debatte um die vermeintlich exorbitant hohen Kosten von Hartz IV allerdings als überaus zynisch. Würde man in Deutschland eine Vermögenssteuer erheben, wie es sie in anderen Ländern gibt, ließen sich dadurch nicht nur die Kosten von Hartz IV auffangen, sondern noch vieles andere mehr finanzieren. Dass gerade bei Arbeitslosen immer weiter gespart wird, ist keine Folge unausweichlicher Sachzwänge, sondern eine bewusste politische Entscheidung von Rot-Grün bzw. der jetzt regierenden Großen Koalition. Meiner Ansicht nach sollten die Starken in einer Gesellschaft mehr Lasten tragen und die Schwachen entlasten - nicht umgekehrt, wie es jetzt praktiziert wird.
Zum Schluss noch ein Hinweis: Neben dem Konzept einer bedarfsorientierten sozialen Grundsicherung gibt es auch noch die (weiter gehende) Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens, die ich persönlich sehr sympathisch finde, über die ich mir aber noch kein abschließendes Urteil gebildet habe. Beide Modelle werden derzeit - auch in der Linkspartei.PDS - kontrovers diskutiert. Auf der Internetseite unseres Bezirksverbands Neukölln finden Sie dazu weitere Informationen:
http://www.linkspartei-neukoelln.de/bezirksverband/arbeitsgemeinschaften/arbeitskreis_erwin/
Ich hoffe, ich habe Ihre Frage damit ausreichend beantwortet. Falls Sie weitere Fragen haben, stehe ich Ihnen aber gern zur Verfügung. Ich würde mich auch freuen, Ihre Meinung einmal kennen zu lernen.
Mit freundlichen Grüßen, Christian Posselt