Caren Lay
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DIE LINKE
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Frage von Erika M. •

Ist der Wohnungsmarkt in Deutschland feudalistisch?

Sehr geehrte Frau Lay,

im Feudalismus hing die Macht der Herrscher maßgeblich von ihrem Grundbesitz ab. Sie verpachteten Boden an Bauern und konnten deshalb weitgehend über sie bestimmen.

Entwickeln wir uns in Deutschland zumindest im Ansatz in eine ähnliche Richtung?
Eigentümer können an Miete verlangen, was sie wollen; ohne etwas zu leisten werden sie immer reicher.

1. Sollte der Staat deshalb aufhören, Grundstücke zu verkaufen, sondern nur noch Erbbaurechte vergeben?

2. Sollte Großgrundbesitz, der der Allgemeinheit schadet, nach Art. 15 GG in Einzelfällen vergesellschaftet werden und das ohne marktwertgemäße Entschädigung?

3. Sind Vermieter wie Vonovia oder Familien mit vielen Wohnungen wertvoller Bestandteil der Gesellschaft?

4. Verkommt Deutschland zur Grund-und-Boden-Aristokratie, in der Grundeigentümer "eine bessere Klasse" bilden als der Rest? Die bestimmen, wer wo wohnen darf? Denen man die Füße küssen muss, damit sie die Miete nicht zu stark anheben?

MfG
Erika M.

Caren Lay
Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrte Frau M.,

danke für Ihre Fragen, die ich gerne beantworte.

1. Klipp und klar: ja.

2. Vergesellschaftung kommt als äußerstes Mittel in Frage, allerdings nicht ohne Entschädigung. Wie hoch diese sein soll, ist umstritten. Die Umsetzung des erfolgreichen Berliner Volksentscheides wird hier ein Präzedenzfall.

3. Börsennotierte Aktiengesellschaften und Fonds gehören nicht auf den Wohnungsmarkt.

4. Das würde ich so nicht ausdrücken, aber in meinem Buch Wohnopoly beschreibe ich, wie die Immobilienspekaultion das Land spaltet. Die reichen 10 Prozent werden durch den Immobilienboom der letzten Jahre immer reicher, die Interessen der unteren und mittleren Schichten werden abgehängt und sie kommen nicht mehr hinterer. Der Immobilienmarkt ist zu einer gigantischen Umverteilung von unten nach oben geworden. Der Ökonom Piketty beschreibt, dass wir heute wieder eine Vermögensverteilung wie im Feudalismus haben. Immobilien spielen bei der wachsenden Ungleichheit die größte Rolle. Wohnen ist zur neuen Klassenfrage geworden. Ich schlage daher u.a. eine Bodenwertzuwachssteuer vor, um die leistungslosen Gewinne der Wenigen steuerlich abzuschöpfen.

Auch darüber hinaus haben wir als LINKE weitreichende wohnungspolitische Vorschläge und Forderungen. So wollen wir langfristige bezahlbare Wohnungen schaffen durch die Einführung einer Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit zur Flankierung eines Neustarts im Sozialen Wohnungsbau. Wir wollen Mieten und Bodenpreise deckeln, die Privatisierung von bundes-, oder landeseigenen sowie kommunalen Immobilien und Grundstücken beenden und rückabwickeln und dafür die Kommunen auch finanziell in die Lage versetzen. Große Wohnungskonzerne wollen wir enteignen und stattdessen gemeinnützige, genossenschaftliche und kommunale Wohnungsgesellschaften fördern. Unsere Forderungen richten sich dezidiert nicht gegen "kleine" private Vermieterinnen und Vermieter, die sich im Rahmen des Mietrechts bewegen.

Mit freundlichen Grüßen

Caren Lay

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