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Frage von Gerhard R. •

Frage an Brigitte Zypries von Gerhard R. bezüglich Familie

Sehr geehrte Frau Zypries,

der BGH hat in seinem Urteil BGH, Urteil XII ZR 161/08 vom 24.06.2009
die Neufassung des § 1612 b BGB zur Anrechnung des Kindergeldes zwar zunächst für Verbindlich, aber dennoch als nicht Verfassungskonform erklärt.
Er regelt, dass der Unterhaltspflichtige seine ihm zustehende Hälfte des Kindergeldes, nochmal mit der Unterhaltsberechtigten teilen muss, während sie ihre Hälfte komplett behalten kann.
Und das, obwohl der Pflichtige alleine für alle Kosten des Kindes und den Umgang aufzukommen hat.

Die Auffassung, dass das nicht Verfassungskonform sein kann, haben vorher schon die OLGs-Düsseldorf und Hamm sowie andere OLGs vertreten und sich geweigert diese Regelung anzuwenden.

Zitat des BGH nun:
"Die vom Berufungsgericht vertretene verfassungskonforme Auslegung ist nicht zulässig."

Nicht erst durch dieses Urteil ist endgültig klar, dass diese, von Ihnen ins Gesetz eingebrachte Bestimmung nicht nur völlig einseitig, unlogisch und ungerecht ist, sondern auch nach Meinung der höchsten Gerichte, Verfassungswidrig.

Es ist einfach nicht nachvollziehbar, warum z.B. meine Ex-Frau nicht nur ca. 3/4 des Kindergeldes unserer gemeinsamen Kinder erhält, sondern auch noch einen Anteil an dem Kindergeld, dass ich für meine voreheliche Tochter erhalte, mit der sie nichts zu tun hat.

Werden Sie diese verfasungswidrige Regelung nun korrigieren, oder muss erst das BVerfG bemüht werden?

mfG Gerhard Raden

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Raden,

Ihre Ansicht, nunmehr habe neben verschiedenen Oberlandesgerichten auch der BGH die Verfassungswidrigkeit des § 1612b BGB, der die bedarfsdeckende Wirkung des Kindergeldes regelt, bestätigt, teile ich nicht. Der BGH bekräftigt in der von Ihnen zitierten Entscheidung vielmehr seine bereits mit Urteil vom 27. Mai 2009, Aktenzeichen XII ZR 78/08, dargelegte Auffassung, die Vorschrift stehe mit der Verfassung im Einklang.

Lassen Sie mich im Übrigen noch kurz Folgendes anmerken: Seit der Unterhaltsrechtsreform wird das Kindergeld wie Einkommen des Kindes behandelt. Ähnlich wie zum Beispiel eine Ausbildungsvergütung muss sich das Kind daher das Kindergeld auf seinen - in der Regel nach der Düsseldorfer Tabelle ermittelten - Bedarf anrechnen lassen. Der einem minderjährigen Kind barunterhaltspflichtige Elternteil schuldet daher lediglich den um das hälftige Kindergeld bereinigten Tabellenbetrag. Nur in dieser Höhe vermindern sich seine Einkünfte. Mittelbar kommt ihm damit so das hälftige Kindergeld zu Gute.

Allenfalls in denjenigen Fällen, in denen der Unterhaltspflichtige neben dem Kind auch anderen Unterhaltsberechtigten, zum Beispiel der geschiedenen Ehefrau, zum Unterhalt verpflichtet ist, verbleibt ihm aufgrund der oben erläuterten Vorgehensweise faktisch ein verminderter Kindergeldanteil. Dadurch steht dem Unterhaltspflichtigen in der Tat weniger Spielraum für sonstige Ausgaben, zum Beispiel für Umgangskosten, zur Verfügung. Dies nimmt der BGH aber nicht unbesehen hin. Vielmehr verweist er in der vorliegenden Entscheidung ausdrücklich auf die Möglichkeit, als Ausgleich hierfür im Rahmen des Ehegattenunterhalts Umgangskosten jedenfalls teilweise einkommensmindernd zu berücksichtigen oder gegebenenfalls den Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Ehegatten zu erhöhen.

Mit freundlichen Grüßen

Brigitte Zypries