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Björn Glienke
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Frage von Catharina M. •

Frage an Björn Glienke von Catharina M. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie

Guten Abend Herr Glienke;
Ich habe eine allgemein ihre Partei betreffende Frage, zu der ich im Wahlprogramm (wo findet man ihr Parteienprogramm?) auf der Seite der Piraten nichts gefunden habe, nämlich zur Beseitigung von Arbeitslosigkeit und Rente.
Wie stehen Sie dazu? Ich bin gerade 18 geworden und finde es nicht ermutigend zu hören, dass ich wahrscheinlich bis zum Ende meines Lebens arbeiten "darf".
Sollte man nicht die Rente etwas früher anzusetzen und die Schulzeit NICHT auf 12 Jahre zu verkürzen, denn auf diese Weise sind viel zu viele Menschen gleichzeitig auf Arbeitssuche, oder sehen Sie das anders?

2. Vorerst muss ich sagen, dass ich überhaupt nichts gegen (Im)Migranten habe, ich habe selbst viele Freunde, die nicht "deutscher Abstammung" sind. Doch die Sache mit dem Asylheim hat mich doch sehr beschäftigt. Warum wird es ausgerechnet in einem Schulgebäude eingerichtet, wo in Berlin ein großer Mangel herrscht? In einer Klasse meiner Schule sitzen mindestens 30 Schüler, die Stufen sind 5-zügig und das ist kein wünschenswerter Zustand, was wird deshalb unternommen werden?

Desweiteren interessiert es mich, wie sie die "Jugend" besser in die Politik und Gesellschaft einbinden wollen - es war schon ein Ausnahmeereignis, als letzte Woche an meiner (Lichtenberger) Schule eine Podiumsdiskusion und vor einigen Monaten ein eintägiges Projekt namens "Rettet die Wahlen" statt fand, und das auch nur nachdem sich einige engagierte Schüler meldeten, dies zu organisieren. Ist es nicht die Pflicht der Parteien, zur "politischen Willensbildung" beizutragen? Dazu gehören nicht nur irgendwelche Computerspezialisten! Ich finde dazu gehört es auch präsent zu sein - dabei habe ich noch nie Vertreter ihrer Partei auf der Straße gesehen, um sich vorzustellen oder Fragen zu beantworten. Ich finde es doch etwas störend, mir meine Informationen selbst sammeln zu müssen, vor Allem bei einer Partei, die sich doch scheinbar sehr für Transparenz einsetzen will.
Mfg

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Antwort von
PIRATEN

Sehr geehrte Frau Mat,

vielen Dank für die vielen Fragen. Ich versuche sie ein wenig auseinanderzuziehen und auf alle einzugehen.

Unser Wahlprogramm finden Sie an diversen Stellen, beispielsweise auf der Seite des Landesverbandes Berlin http://berlin.piratenpartei.de/category/wahlprogramm-2013/ (1.Menüpunkt Themen->Wahlprogramm) oder auf der Bundesseite http://www.piratenpartei.de/politik/wahl-und-grundsatzprogramme/wahlprogramm-btw13/ (Politik->Wahlprogramm). Darüber hinaus gibt es eine direkte Adresse, die wir auf Grund bestimmter Behauptungen schon vor einer ganzen Zeit eingerichtet haben. Das Programm findet sich auch auf http://www.kein-programm.de

Dabei liegt das Programm nicht nur als Webseite vor, es gibt ebenfalls eine Version in der so genannten Leichten Sprache, ePub-Varianten, als Audiofassungen und auch für die Nutzung mit den so genannten DAISY-Playern für einen barrierefreien Zugang. Daneben Youtube und diverse andere Möglichkeiten.

Unsere Aussagen zur Thematik "Arbeit und Soziales" finden Sie beispielsweise unter http://berlin.piratenpartei.de/2013/07/02/wahlprogramm-bundestagswahl-2013-arbeit-und-soziales/ Unseres Erachtens funktioniert das bisherige System der Sozialgesetzgebung und Altersversorgung nicht mehr. Dies stammt aus dem 1880er und 1890er Jahren und die dortigen Grundlagen sind nicht mehr vorhanden. Dies betrifft sowohl die so genannten Bevölkerungsstruktur bzw. -pyramide als auch beispielsweise die Rolle von Frauen im Arbeitsleben. Neben diversem Rumdoktorn haben sich inzwischen auch immer mehr Gruppen durch entsprechende intransparente Lobbyarbeit aus dem System der gemeinsamen Solidarität herausgenommen. Es kann also gar nicht mehr so funktionieren, wie es gedacht war und es bedarf endlich neuer Ansätze.

Aus diesem Grund haben wir uns für das Konzept des Bedingungslosen Grundeinkommens ausgesprochen, was sich selbstverständlich auch auf die Bereiche Kinder, Bildung und Alter bezieht. Insbesondere die unsteten aber realen Erwerbsverläufe heutzutage sind unseres Erachtens nicht mehr mit dem bisherigen System abzubilden.

Eine Festlegung der Schulzeit auf "nur 12 Jahre" oder "nur 13 Jahre" ist für mich nicht plausibel. Ich spreche mich ganz klar für mehr Flexibilität im Schulalltag aus, denn es nicht vorherzusehen, wer wann wie schnell lernt. Auch die Taktung innerhalb der Schulen ist überdenkenswert, denn erst 45 Minuten sich direkt in die Mathematik hinzuversetzen, dann 45 Minuten Musik zu lernen, dann wieder 45 Minuten beispielsweise Gedichte in Deutsch und letztendlich 45 Minuten Physik, Chemie, Sport,... ernsthaft und dauerhaft volle Aufnahmefähigkeit zu gewährleisten, ist unrealistisch. Ein Wechsel auf zu erreichende Lernziele bietet hier mehr Möglichkeiten. Letztendlich bedeutet dies aber auch mehr notwendige Flexibilität im gesamten Schulleben. So lernt ein Mensch schneller bestimmte Dinge als andere, aber heute müssen alle einer einzigen zeitlichen Vorgabe folgen.

Allerdings bedarf es hier dringender Aufstockungen im Bildungsbereich und endlich auch der Verantwortungsübernahme durch den Bund, was zur Zeit durch das so genannte Kooperationsverbot verhindert wird, wogegen wir uns klar aussprechen.
Mehr Informationen gibt es unter http://berlin.piratenpartei.de/2013/07/02/wahlprogramm-bundestagswahl-2013-bildung-und-forschung/

Zum Punkt mit der Flüchtlingsunterkunft.
Erst einmal ein kleines Detail: Die Unterkunft wurde nicht in einer Schule eingerichtet, sondern in einem Gebäude, das seit vielen Jahren nicht mehr als Schulgebäude genutzt wird, seit dem ungenutzt leer steht und für das sich leider niemand die letzten Jahre engagiert hat. Bei der Suche nach Unterkünften für die Menschen, die vor Krieg und Verfolgung flüchteten, wurde es als leer stehend angegeben und wird nun wieder nach einer Umbauphase genutzt. Dies ist nur ein Detail, aber meines Erachtens ein wichtiger Unterschied, da hier keine Schüler durch Flüchtende "verdrängt" werden.

Die Frage nach überfüllten Klassen möchte ich unabhängig davon beantworten. Diese ist, ähnlich wie die Frage der Unterbringung thematisch auf Landesebene angesiedelt.
Leider wird hier meist nur so gehandelt, als ob es nur "heute" gibt und das "morgen" nicht vorhersehbar ist. Dabei ist gerade im Bildungs- und Schulbereich mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit viel planbar, beispielsweise der grundsätzliche Bedarf an Räumen, Lehrern oder Erziehern. Warum hier eine geringere Priorität (außerhalb von Wahlkampfzeiten) eingeräumt wird als anderen Projekten, kann ich leider nicht sagen oder nachvollziehen. Bei dem was ich aus Schulen kenne, wird die Problematik in den kommenden Jahren bei der aktuellen Entwicklung allerdings eher größer werden. Denn trotz steigender Schülerzahlen, vorhersehbarer Verrentungen bei Lehrkräften und teilweise jetzt schon massivem Lehrer*innenbedarf in einigen Fächern, gibt es zu wenig Lehramtsstudierende. Gleichzeitig bekommen andere nach ihrem Studium keine Referendariatsplätze und die Betreuung in diesem Bereich der Ausbildung wurde massiv zurückgefahren. Die Konsequenzen sind vorhersehbar, aber offensichtlich fehlt der poltische Wille bei den Zuständigen, hier etwas zu verändern. Hier werden vorhesehbare Probleme ganz klar wissentlich in die Zukunft verschoben und damit auf Kosten der Jugend und zukünftiger Generationen.
Kleinere Klassen, mehr Klassenräume und eine zeitgemäße Ausstattung sind nicht für lau zu haben, aber andere Projekte sind offenbar zur Zeit wichtiger. Das gerade auch hier in Marzahn-Hellersdorf viele Schulen abgerissen wurden, nimmt jetzt auch jegliche Möglichkeiten, die Lage wenigstens etwas zu entspannen.

Zur Einbindung von Kindern/Jugendlichen in die Politik:
Ich hätte zuerst gern eine Absenkung des Wahlalters, um mehr Menschen ihr Grundrecht auf Mitbestimmung endlich zu gewährleisten. Ich habe auch noch keine nachvollziehbare Begründung gehört, nach welcher klaren Begründung hier dieses Grundrecht entzogen wird. Was die Reife von Menschen angeht, gibt es genug (z.B.) 20-jährige, die weniger reif oder politisch interessiert sind, als einige 15-jährige. Außerdem ist es ein Widerspruch, wenn 16-jährige in der Kommune/im Bezirk oder im Land mitbestimmen dürfen, aber nicht auf Bundesebene. Daneben war vor nicht all zu langer Zeit das aktive Wahlrecht mal bei 21 Jahren, mal bei In Hessen darf man beispielsweise erst mit 21 Jahren gewählt werden, während im restlichen Bundesgebiet 18 Jahre der Schnitt ist. Daneben kann man zwar ab 18 Jahren Bundeskanzler*in werden, aber in einigen Gemeinden erst ab 25 bis 65 Bürgermeister. Wie man sieht, wir das Wahlalter hier recht willkürlich festgelegt, was die entsprechende Mitbestimmung für Jugendliche einschränkt.
Daneben gibt es auf Bezirksebene punktuell Möglichkeiten, auch politisch gestaltend mitzuwirken, zum Beispiel über so genannte Jugend-BVVs. Leider wollen das nicht alle Bezirke. So etwas ließe sich durchaus auch auf Bundesebene übertragen.

Was Gespräche/Diskussionen/Vorstellungen an Schulen angeht, sind die Möglichkeiten der Parteien hier eingeschränkt. So ist eigene aktive politische Werbung an Schulen nicht möglich und dies durchaus auch aus guten Gründen. So müssen beispielsweise Lehrer*innen, die politisch aktiv sind, sich im Rahmen ihrer Tätigkeit weitesgehend zurückhalten. Der Weg, dass engagierte Schüler*innen oder entsprechende Kurse (PW, Geschichte, Sozialkunde, o.ä.) eine Diskussion mit mehreren Teilnehmern planen und einladen, ist dabei der neutralste für alle Seiten. Neben der Veranstaltung selber lernt man ganz nebenbei auch einiges in Bezug auf die Organisation von Veranstaltungen. Ich habe sehr großen Respekt vor Schülern und Schülerinnen, die solch Veranstaltung organisieren und dabei entsprechend vielfältig und demokratisch einladen.

Und nun zur letzten Frage bzgl. unserer Sichtbarkeit auf der Straße: Es gibt aktuell einen Wahlkampfkalender in Berlin, in dem ein Teil der Termine in der Piratenpartei Berlin aufgeführt werden. Insbesondere Podiumsdiskussionen, Workshops, Straßenfeste oder Demonstrationen tauchen da auf. Man findet diesen unter http://berlin.piratenpartei.de/kontakt/termine/
Daneben versuchen wir in den Bezirken auch mit entsprechenden Infoständen vertreten zu sein, so weit dies im Rahmen der Mitglieder möglich ist. Hier würden wir sehr gern noch viel mehr machen. Allerdings sind wir durchaus auf einer Vielzahl großer Veranstaltungen anwesend gewesen, wie zuletzt beim Erntefest in Alt-Marzahn. Die prägnantesten Termine finden Sie auf der Seite der Piratenpartei im Bezirk, unter http://www.piraten-mahe.de

Ich hoffe, ich konnte die Vielzahl an Fragen einigermaßen beantworten. Ansonsten freue ich mich sehr auf Nachfragen.

Mit freundlichen Grüßen
Björn Glienke