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Bettina Herlitzius
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Hans B. •

Frage an Bettina Herlitzius von Hans B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Guten Tag Frau Herlitzius,

was ist das für eine Politik, eine Kultur, die die Schwachen (Menschen, Organisationen, Länder wie Griechenland) ausschliessen will? Wir begeben uns auf ein dünnes Eis, wenn wir so mit unseren Nachbarn umgehen, wenn gleichzeitig betont wird, dass wir doch alle nur diese eine Welt haben und dort gemeinsam leben wollen? Wir müssen helfen, sie unterstützen, sie fördern, denn andere, die auch schon da standen, wo Griechenland heute steht, haben es auch geschafft - Spanien, Bayern, (Behinderte) ... ihnen allen geht es nach Unterstützung, Hilfestellung, respektvollem Umgang wieder gut oder besser. Es geht nur gemeinsam!

Mir scheinen diese (stehen sie nicht in der Charta?) Grundsätze verloren zu gehen. Ich fordere von allen in der Politik sich zu besinnen, weniger zu palavern, Wahlkampf zu machen, zu verunsichern, sondern zu handeln, zu helfen, Unterstützung zu organisieren!

Was tun Sie?

Gruss
Hans Bayartz

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Bayartz,

die Ereignisse in der Eurozone stellen uns alle vor enorme Herausforderungen. Die momentane Situation verdeutlicht, wie sehr die Volkswirtschaften Europas miteinander verflochten sind.
Deutschland hat von der Europäischen Union (EU) bislang stark profitiert und hat ein starkes politisches und wirtschaftliches Interesse daran, dass die Stabilität der Europäischen Währungsunion gewahrt wird. Griechenland ist ein Teil dieser Währungsunion. Wer Griechenland einfach aufgibt, handelt nicht nur verantwortungslos gegenüber der griechischen Bevölkerung, sondern riskiert auch die Stabilität der Eurozone insgesamt und eine Desintegration Europas. Ein Euro-Austritt Griechenlands würde verschärfend auf die Euro-Krise wirken, hätte für die Menschen in Griechenland verheerende politische, soziale und wirtschaftliche Folgen und würde enorme Kosten für Deutschland nach sich ziehen.

Europapolitisch wäre ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone fatal, denn die Europäische Union besteht nicht nur auf Grund von nationalen Kosten-Nutzen-Rechnungen, sie ist auch eine Werte- und Solidargemeinschaft. Darüberhinaus sehen wir in der Europäischen Union auch immer noch ein Friedensprojekt. Die historischen Errungenschaften der europäischen Integration sind für Europa und ganz besonders für Deutschland ein Glücksfall. Die Europäische Union steht nicht nur für Frieden, sondern auch für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit und Solidarität. Ihren Mitgliedstaaten hat die EU geholfen den aggressiven Nationalismus zu überwinden und Konflikte friedlich zu lösen. Autoritäre Regime und Diktaturen haben innerhalb der EU keinen Platz.

Ich habe den Finanzhilfen für Griechenland zugestimmt, da ich eine finanzielle Unterstützung Griechenlands grundsätzlich für richtig halte. Es ist richtig, dass Griechenland schmerzhafte Anpassungsprozesse durchlaufen muss um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Kritisiert haben wir Grünen jedoch die unrealistischen Annahmen des Anpassungsprogramms, seine soziale Schieflage und die zögerlichen Kürzungen beim Militärhaushalt. Die Verantwortung dafür tragen sowohl Griechenland, als auch die Troika (bestehend aus dem IWF, der EU-Kommission und der EZB), die die Anpassungsmaßnahmen gemeinsam vereinbart haben. Die zu einseitige Sparpolitik hat die griechische Wirtschaft abstürzen lassen und die Krise unnötig verschärft. Staat und Wirtschaft in Griechenland müssen tiefgreifend umgebaut werden. Strukturreformen, Haushaltskonsolidierung, Modernisierung der Steuerverwaltung und eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit sind hierfür unerlässlich. Griechenland muss die mit der Troika ausgehandelten notwendigen Strukturreformen auch wirklich umsetzen. Hier geht es bisher zu langsam voran.

Im September wird die Troika ihren nächsten Fortschrittsbericht vorlegen. Diesen gilt es abzuwarten und zu bewerten. Populistische Forderungen nach einem Austritt wie die von Herrn Seehofer, Herrn Dobrindt oder Herrn Rösler erhöhen nur die Unsicherheit in einer ohnehin angespannten Lage und erhöhen die Kosten der Krise auch für Deutschland.

Mit freundlichen Grüßen

Bettina Herlitzius