Frage an Annette Widmann-Mauz von Claus Roderich M. bezüglich Wirtschaft
Warum wird nicht gleich über eine Geschlechterquote gesprochen? Was ist, wenn in einigen Jahren bei einer Firma Männer unterrepräsentiert sind? Das könnte schneller kommen, als man denkt!
Eine "Frauenquote" würde doch nur das bestehende System der Mehrberechtigung der Frauen ausbauen. Ich bin der Meinung, dass die Gleichberechtigung zuerst (!) hergestellt werden muss, bevor über Gleichstellung geredet wird. Und die Männer werden in vielen Bereichen des Rechts ungleich behandelt, z.B. bekommt das Kind unverheirateter Paare automatisch den Namen der Mutter. Wieso?
Wenn also jetzt schon Quoten Veränderungen künstlich erzeugen sollen, dann sollte man auf jeden (!) Fall gleich zu einer Geschlechterquote übergehen; eine Frauenquote wäre ein Rückschritt und ein Kniefall vor den Feministinnen.
Über die Menschen hängen Arbeitswelt und die Welt der Familie zusammen. Überlegen Sie einmal: Wozu sollte eine Managerin noch heiraten? Den Namen ihres Mannes annehmen? Bekommt sie dann Kinder, sind es beim bestehenden Recht ihre Kinder. Solche Verhältnisse heißen Matriarchat!
Ich finde daher, dass in der Gleichstellungsdebatte nicht nur einseitig die Welt der Arbeit behandelt werden darf - das muss ganzheitlich betrachtet werden. Und da ist es wichtig, auch die Belange der Männer zu berücksichtigen. Das ist die Zukunft!
PS: Ich habe diese Frage auch einigen Mitbewerbern gestellt.
Sehr geehrter Herr Mattmüller,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 29. August 2013 zum Thema Geschlechtergerechtigkeit. Hierzu möchte ich gerne wie folgt Stellung nehmen:
Unsere Verfassung steht in Art. 3 Absatz 2 GG dafür ein, dass Ungleichbehandlungen, die mit dem Geschlecht des Betroffenen begründet werden, grundsätzlich unzulässig sind. Dieser Absatz enthält in Satz 2 den Auftrag an den Staat, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu fördern und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinzuwirken. In Verbindung mit Art. 3 Absatz 3 S. 1 Alt. 1 GG begründet Art. 3 Absatz 2 GG ein Diskriminierungsverbot und subjektives Abwehrrecht für Frauen und Männer gleichermaßen.
Derzeit wird deshalb so intensiv eine Frauenquote diskutiert, weil Frauen in deutschen Unternehmen im oberen Management und in den Vorstands- und Aufsichtsräten wesentlich schlechter als Männer repräsentiert sind. Laut den aktuellen Zahlen des „Managerinnen Barometers“ des Deutschen Instituts für Wirtschaft ist der Frauenanteil in Aufsichtsräten und Vorständen großer deutscher Unternehmen 2012 etwas gestiegen, verharrt aber weiterhin auf niedrigem Niveau.
Die Vorstandspositionen der gemessen am Umsatz 200 größten deutschen Unternehmen waren Ende 2012 zu einem Anteil von lediglich vier Prozent mit Frauen besetzt und die Positionen in den Aufsichtsräten zu 12,9 Prozent. Hinzu kommt, dass seit Jahren kein einziges Dax-30-Unternehmen von einer Frau geführt wird, dies hat sich auch 2012 nicht geändert.
Diese Zahlen können und dürfen wir – gerade auch im Hinblick auf Art. 3 Absatz 2 GG iVm Art. 3 Absatz 3 S. 1 Alt. 1 GG so nicht mehr länger ignorieren. Denn an hervorragend qualifizierten Frauen besteht in diesem Land kein Mangel:
Laut Statistischem Landesamt Baden-Württemberg lag 2011 beispielsweise der Anteil der Frauen an den Absolventen in den baden-württembergischen Hochschulen bei 48,5 Prozent. Zum Vergleich: 1995 lag er bereits bei 37,5 Prozent. Sie werden mir sicherlich zustimmen, dass die Absolventinnen des Jahrgangs 1995 aufgrund langjähriger Berufserfahrung sicherlich zu der Personengruppe zählt, die die heutigen Führungspositionen in der Wirtschaft tatsächlich ausführen könnten. Dass dies momentan nicht so ist, liegt an den vielfach zitierten „gläsernen Decken“, die Frauen auch trotz ihrer guten Qualifikation oftmals nicht aufbrechen können. Hier müssen wir ansetzen. Denn für Frauen ist insbesondere die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Deutschland leider noch immer schwerer als für Männer. Deshalb sprechen wir momentan ausschließlich von einer Frauenquote und dies ist meiner Meinung nach auch richtig so. Eine Männerquote wäre meiner Meinung nach gegenwärtig das falsche Zeichen. Wir sollten nichts bürokratisieren, wo es eigentlich nichts zu regeln gibt – Männer sind derzeit in den Führungsetagen der deutschen Unternehmen in ausreichender Anzahl repräsentiert.
Zu Ihrer Bemerkung, Männer – und insbesondere unverheiratete Väter - würden beim bestehenden Recht gegenüber Frauen – vor allem im Hinblick auf gemeinsame Kinder - grundsätzlich benachteiligt, verweise ich gerne auf folgendes:
Mit den in dieser Legislaturperiode vorgenommenen Neuregelungen zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern wird der seit vielen Jahren steigenden Anzahl von Kindern nicht verheirateter Eltern Rechnung getragen. In den letzten 20 Jahren hat sich ihre Anzahl schließlich mehr als verdoppelt. Ziel war es, unverheirateten Vätern den Zugang zum Sorgerecht für ihre Kinder zu erleichtern. Denn bis dato hatten unverheiratete Väter keine Möglichkeit, gegen den Willen der Mutter ein gemeinsames Sorgerecht durchzusetzen. Die Idee, die hinter der Neuregelung steckt: Grundsätzlich sollen beide Eltern die Sorge gemeinsam tragen, wenn das Kindeswohl dem nicht entgegensteht. Dadurch kann der Vater nun die Mitsorge in einem beschleunigten (und ggf. vereinfachten Verfahren) bekommen, wenn die Mutter sich zu dem Antrag nicht äußert oder nur solche Gründe vorträgt, die erkennbar nichts mit dem Kindeswohl zu tun haben, und dem Gericht auch sonst keine kindeswohlrelevanten Gründe bekannt sind.
Gemäß §1617 Absatz 1 BGB gilt dann bei gemeinsamer Sorge folgendes: Führen die Eltern keinen Ehenamen und steht ihnen die Sorge gemeinsam zu, so bestimmen sie durch Erklärung gegenüber dem Standesamt den Namen, den der Vater oder die Mutter zur Zeit der Erklärung führt, zum Geburtsnamen des Kindes.
Es ist also unzutreffend, dass ein unverheiratete Vater keinerlei Einflussmöglichkeiten auf den Namen des Kindes hat. Denn durch die Verbesserung des Sorgerechts hat der Vater nun eine direkte Einflussmöglichkeit über den Namen des Kindes zu bestimmen.
Doch auch über das Sorgerecht hinaus hat die Bundesregierung in der zurückliegenden Legislaturperiode Maßnahmen ergriffen, welche Männer unterstützen möchten:
Dazu zählt eine spezielle Männergesundheitsbroschüre des Bundesgesundheitsministeriums mit dem Titel „Männer in Bewegung! Auswirkungen von körperlicher Aktivität auf die psychische Gesundheit bei Männern“, die sich ausschließlich der Prävention von Männern widmet. In Kooperation mit der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung bzw. der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) wurden zwei Kongresse zum Thema Männergesundheit durchgeführt. Die BZgA hat zudem ein Gesundheitsportal http://www.maennergesundheitsportal.de/ im Internet initiiert.
Von Seiten des Familienministeriums wurde darüber hinaus das Modellprogramm „Mehr Männer in Kitas“ ins Leben gerufen. Dabei geht es darum, praxistaugliche Strategien zu finden, um mehr männliche Fachkräfte für Kitas zu gewinnen. Außerdem wurde von Bundesministerin Dr. Kristina Schröder MdB ein Beirat Jungenpolitik ins Leben gerufen. Aufgabe dessen war, die Lebensentwürfe von Jungen zu erforschen. Bemerkenswert finde ich in diesem Zusammenhang auch, dass immer mehr junge Väter Elternzeit in Anspruch nehmen. Der Anteil der Väter, die für ihre Kinder eine Auszeit nehmen, steigt weiter an. Für Kinder, die im Jahr 2011 geboren wurden, liegt die Väterquote bei 27,3 Prozent – ein Erfolg, denn die Erziehungspause nach der Geburt wird auch für immer mehr Väter zur Selbstverständlichkeit.
Sie sehen also: Die Bundesregierung und die Union stehen für einen umfassenden Dialog, in dem Männer und Frauen gleichermaßen gehört werden. Es ist keinesfalls so, dass die Politik derzeit eine einseitige Strategie mit Blick auf Frauen fährt. Gerade bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf – auch Männer wünschen sich hier eine Verbesserung - und bei der Änderung der Stärkung der Rechte unverheirateter Väter haben wir gezeigt, dass wir Geschlechtergerechtigkeit in beiderlei Richtung thematisieren.
Ich hoffe, Sie können meine Haltung zu diesem Thema nachvollziehen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Annette Widmann-Mauz MdB